Bianca Exklusiv Band 11
großherzig. Finden Sie es wirklich in Ordnung, dass Selina in der Weltgeschichte herumzigeunert, Geld ausgibt und Dummheiten macht, während Sie brav zu Hause bleiben und sich abrackern?"
„Ich sagte Ihnen doch schon, so bin ich nun mal."
„Vielleicht hat Ihnen bisher einfach niemand die Möglichkeit gegeben, Sie selbst zu sein", gab Max zu bedenken.
Lucy wurde das Gespräch zu persönlich. „Entschuldigen Sie mich", sagte sie hastig. „Ich muss jetzt endlich anfangen, meine Texte zu lernen. Danke für den Tee."
„Gern geschehen, Lucy. Ich finde, wir sollten die Unterhaltung bald fortsetzen. Heute Nachmittag habe ich eine Menge über Sie in Erfahrung gebracht. Wie wär's, wenn wir am Abend zusammen essen gehen? Vielleicht in Stresa?"
Nichts hätte Lucy lieber getan, aber ein Rendezvous erschien ihr zu gefährlich. Außerdem musste sie an ihren Job im Restaurant denken. „Nein, danke", erwiderte sie höflich, ohne Max anzusehen. „Ich bin schon verabredet."
Er gab jedoch nicht auf. „Und morgen Abend?"
Wenn er doch nur nicht eine so sinnliche Stimme gehabt hätte! Lucy hatte Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, wie groß die Versuchung war. „Ich bin voll ausgebucht", log sie tapfer.
„Hoffentlich wirkt sich das nicht auf Ihre Arbeit aus", bemerkte Max kühl. Lucy spürte, dass er verletzt war. Sicher passierte es ihm nicht oft, dass eine Frau seine Einladung ablehnte.
Am Ende des Tages war Lucy müde, und ihr schwirrte der Kopf vom stundenlangen Auswendiglernen. Max hatte ihr gesagt, dass das Abendessen zeitig stattfand, worüber sie erleichtert war. Sie hatte schon befürchtet, auf die Mahlzeit verzichten zu müssen, weil sie um halb acht in der Trattoria anfing. Die meisten Angestellten schienen außerhalb zu wohnen, so dass nur eine Hand voll Leute zum Essen erschienen.
Auch diesmal hatte Lucy wieder Probleme bei der Kleiderwahl, und einen Augenblick war sie versucht, ihren Rock und die Bluse anzuziehen. Doch die waren einfach zu schmutzig. Also ging sie Selinas Sachen durch und entschied sich für ein dunkelblaues Kleid, das nicht allzu tief ausgeschnitten war. In dem winzigen Spiegel konnte sie seine Wirkung nicht genau feststellen, aber es saß sehr eng, und Lucy verwünschte erneut Selinas freizügigen Geschmack.
Als sie ein Paar hochhackige Schuhe anprobierte, klopfte es an der Tür. „Lucy, sind Sie fertig? Ich soll Sie abholen", meldete sich eine männliche Stimme.
Sie ging rasch öffnen. „Hallo."
„Ich bin Jed White", stellte sich der sommersprossige, gutmütig aussehende junge Mann vor, der vor der Tür stand. „Max hat mich abkommandiert, der Neuen den Weg zu zeigen. Ich muss schon sagen", er betrachtete Lucy bewundernd, „er hat mir nicht verraten, dass so eine Augenweide auf mich wartet."
Lucy lächelte schwach.
„Wir essen alle zusammen", fuhr Jed fort. „Max hält nichts von unnötiger Förmlichkeit. Er ist da ganz anders als sein Vater und sagt, wir sind alle ein Team und arbeiten für dieselbe Sache."
Erst als sie den Speisesaal betraten, verstand Lucy, was er meinte. Der große Tisch war mit Kristallgläsern, Silberbestecken und dampfenden Schüsseln gedeckt und von plaudernden jungen Leuten besetzt, die alle wie Jed Jeans und T-Shirts anhatten.
Lucy wurde freundlich begrüßt, und Jed sicherte ihr einen Platz neben sich. Max trug ein offenes schwarzes Hemd und eine lässige schwarze Hose. Er blickte nur kurz auf und unterhielt sich dann wieder mit seinem Diener Paolo. Lucy sah verstohlen zu ihnen hinüber. Sie hatte den Eindruck, dass die beiden sich scherzhaft über etwas stritten.
„Ein sympathischer Mann, nicht wahr?" bemerkte Jed und reichte Lucy eine Schüssel mit Lasagne. „Kein Wunder, dass er ein Weinbaron ist. Max hat bestimmt mit allem Erfolg, was er anpackt. Aber hier hat er sich wirklich etwas aufgeladen. Es ist ihm bestimmt nicht leicht gefallen, sein Lebenswerk hintenan zu stellen, um das Familienerbe zu retten."
„Sicher nicht", sagte Lucy nachdenklich.
„Wir glauben nicht, dass er hier bleiben wird. Die alte Contessa kritisiert ihn ständig. Das finde ich gar nicht gut. Wenn sein Bruder aus dem Urlaub zurück ist, wird Max die Regie hier wieder abgeben. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darauf freue. Mir wäre lieber, Max würde weitermachen. Er hat uns richtig aufgebaut, als er hier ankam. Ein ausgezeichneter Manager."
„Das ist er sicher." Lucy beschloss, Jed ein wenig auszufragen. „Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen,
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