Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bianca Exklusiv Band 11

Bianca Exklusiv Band 11

Titel: Bianca Exklusiv Band 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca King , Patti Beckman , Sara Wood
Vom Netzwerk:
zu verirren.
    Linda schauderte. Sie erinnerte sich an die Albträume ihrer Kindheit, in denen tote, mit Moos bewachsene Äste zu Armen von ertrinkenden Riesen wurden, die sich verzweifelt gen Himmel streckten, wenn sie von dem nebelüberhangenen Sumpf in die Tiefe gezogen wurden, während Geier aus der Unterwelt der Indianer umherflogen.
    In den Everglades war die Zeit stehen geblieben, hier war Zivilisation lediglich eine Illusion. Sie konnte sich die frühen Einwohner, die wahren Eigentümer dieses Landes, vorstellen. Hier lebte einst der Stamm der Calusa-Indianer, ihnen folgten die Seminolen. Sie sah diese Menschen mit ihren braunen Körpern, die als Schutz gegen die Schwärme von Moskitos und Sandfliegen mit Fischöl eingerieben waren, sie sah Hütten, in denen sie in Eintracht mit dem Sumpf lebten. Sie stellte sich die Stammesfeiern vor, sie sah, wie sie die Früchte des tropischen Waldes sammelten, sie sah, wie Fische, Austern und Wild für die Mahlzeiten vorbereitet wurden.
    In ihrer Vorstellung hörte sie das Brüllen des Panters, das Flügelschlagen der Reiher und Störche, das Geräusch, wenn sich ein Alligator ins Wasser gleiten lässt. Es war eine prähistorische Vision, nur der Säbelzahntiger und das Mammut fehlten ...
    Linda atmete tief durch und kehrte in die Gegenwart zurück: Die Sonne strahlte und sie fuhren mit einem Lieferwagen auf der Autobahn, dem „Tamiami Trau". Über ihnen standen einige silberne Wolken am tiefblauen Himmel. Während Touristen mit Wohnwagen die Wildnis bestaunten, die sie umgab, hatten ungeduldige Geschäftsleute keine Augen für die Schönheiten der Landschaft. Die ewige Stille der Everglades breitete sich wie ein Vorhang aus, der die Zivilisation ausschloss.
    Linda erinnerte sich an die lebhaften Geschichten, die ihr Großvater über den Bau dieser Straße erzählt hatte. Er war ein junger Mann gewesen, als man 1916 begonnen hatte, zwischen Morast und Schlamm eine Trasse zu legen. Die Arbeit sollte zwölf Jahre dauern, bevor sie abgeschlossen war. Er hatte ihr von dem erbarmungslosen Kampf zwischen Mensch und Natur erzählt, von den Schwierigkeiten, weil keiner eigentlich so recht wusste, wie man eine Straße auf Wasser und Gras bauen sollte.
    Ihr Großvater hatte nur einen Sommer beim Straßenbau gearbeitet. Von der Sonne verbrannt, von Moskitos zerstochen und mit dem ständigen Risiko, auf giftige Wasserschlangen zu stoßen, hatte er meist hüfttief im Wasser gestanden und sich den Weg durch das hohe Gras mit der Machete gebahnt. Manche Männer ertranken, einige starben durch einen Schlangenbiss, andere kamen bei Sprengungen um oder wurden von sinkenden Baumaschinen mitgerissen, doch die Straße wurde gebaut - ein verbissener Triumph des Menschen über die Natur. Und nun reiste man mit Selbstverständlichkeit über diese Straße.
    „Roy und ich haben die Sommer immer1 in Palmetto mit unserem Großvater verbracht", sagte sie plötzlich laut. „Er hat uns auf Exkursionen in die Everglades mitgenommen und uns die Pflanzen und Tiere gezeigt. Woran ich mich am Besten erinnere, sind die wunderschönen Löffelreiher und eine Art langbeiniger Störche."
    „Wahrscheinlich der schwarz-weiße Riesenstorch." Messanos Augen glitten für einen Moment von der Straße über die Sumpflandschaft. Linda meinte ein seltsames, heftiges Glühen in ihnen zu bemerken. Das imaginäre Bild der Stammesfeiern blitzte in ihr auf und sie dachte, dass er eher in dieses Bild passte als in irgendeine andere Kategorie.
    „Wissen sie viel über die Everglades?" fragte sie.
    „Etwas", antwortete er in seiner unverbindlichen Art und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Verkehr zu.
    „Meine Vorfahren kamen als Siedler, als Florida noch ziemlich unberührt war", fuhr sie fort, um die Stille zu überbrücken. „Mein Urgroßvater ist aus Schottland an die Küste Floridas emigriert. Sein Sohn, mein Großvater, Eli MacTavish, hat dann die Zeitung gegründet, die mein Bruder jetzt in Palmetto leitet. Mein Großvater hat sofort erkannt, dass sich dieses Land schnell entwickeln würde. Mein Großvater war ein großartiger Mann. Er ist fünfundneunzig geworden und hat jeden Tag seines Lebens genossen." Sie lächelte bei der Erinnerung an den großen, rauen Mann, der so liebevoll zu ihr gewesen war. „Ich habe ihn immer mit einer Figur aus den Romanen von Sir Walter Scott verglichen - das Oberhaupt eines Hochlandclans mit Kilt und Dudelsack."
    Für einen Moment glaubte sie ein Lächeln auf Messanos Lippen

Weitere Kostenlose Bücher