Bianca Exklusiv Band 229
einen großen Mann, dessen Silhouette vertraut war, und eine Frau, beinahe so groß wie er. Gemeinsam spazierten sie am Wasser entlang. Er hatte den Arm um ihre Taille gelegt und den Kopf zu ihr gedreht.
Dottie wandte sich ab mit dem unbehaglichen Gefühl, dass sie etwas ausspioniert hatte, was sie nichts anging. Nach all den neuen Eindrücken, die ihre Sinne an diesem Tag bestürmt hatten, war es eine Enthüllung zu viel.
Sie ließ das Fenster offen und ging ins Badezimmer. Es war wundervoll eingerichtet mit einem flauschigen, hellen Teppich, eleganten Kacheln und einer kreisrunden, in den Fußboden eingelassenen Badewanne.
„Wie Kleopatra“, murmelte sie und dachte an das Badezimmer in Wenford, das sie sich mit fünf anderen Personen unter ständigen Streitereien teilte. Kurz entschlossen ließ sie Wasser ein und aalte sich eine halbe Stunde lang darin, bevor sie sich abtrocknete und nach einem Bademantel umblickte.
Sie fand keinen, aber sie erhaschte einen Blick von sich selbst in den großen verspiegelten Türen des Schrankes. Es war beinahe das erste Mal, dass sie sich von Kopf bis Fuß sehen konnte. Sowohl ihr Elternhaus wie auch ihr derzeitiges Zimmer waren zu beengt für solch grandiose Spiegel.
Langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse und blickte dabei über die Schulter. „Schade, dass ich nicht größer bin, aber was soll’s.“
Sie öffnete eine der Türen. Selbst der Schrank war luxuriös, mit weichem Teppich ausgelegt, beleuchtet und groß genug, um darin spazieren zu gehen. Sie trat ein und ging bis zum Ende, fand ihn jedoch völlig leer vor. Seufzend beschloss sie, ins Bett zu gehen.
Dann stellte sie jedoch fest, dass sie ein Problem hatte.
Randolph wurde am nächsten Morgen durch heftiges Klopfen an der Tür seiner Gemächer geweckt. Im nächsten Augenblick stürzte sein Kammerdiener mit angespannter Miene herein. „Die Prinzessin ist verschwunden!“, verkündete er entsetzt.
„Unmöglich“, entgegnete Randolph gereizt. „Wo waren denn die Lakaien?“
„Sir, vier Lakaien standen die ganze Nacht vor ihren Türen. Sie schwören, dass sie nicht auf diesem Weg verschwunden sein kann. Sie kann auch nicht die verborgene Tür benutzt haben, denn die ist von der anderen Seite verschlossen.“
Randolph selbst hatte sie verschlossen, ebenso wie die verborgene Tür zu Mikes Räumen. Er hatte kein Risiko eingehen wollen.
Hastig kleidete er sich an und rannte – ziemlich würdelos – zu den königlichen Gemächern. Dort begann er, sich ernsthaft zu sorgen. Der einzig mögliche Fluchtweg war das Fenster, das weit offen stand. Es lag im zweiten Stock, und obwohl er sich sagte, dass nicht mal Dottie so verrückt war, um auf diesem Wege zu fliehen, warnte eine innere Stimme ihn, dass er noch viel über sie zu lernen hatte.
„Was ist denn jetzt?“, wollte er wissen, als er die Zofen aufgeregt tuscheln hörte.
„Sir, aus dem Badezimmer kommt ein komisches Geräusch.“
Randolph stürmte ins Badezimmer und lauschte. Hinter einer der großen Spiegeltüren ertönte unverkennbar leises Schnarchen. Er öffnete die Tür, und alle starrten hinab auf die Kronprinzessin, die nackt wie am Tage ihrer Geburt auf dem Boden lag und schlief.
Dottie schlug die Augen auf und schenkte allen ein sonniges Lächeln. Hastig zog er sich das Jackett aus und bedeckte sie damit, während er die neugierigen Zuschauer über die Schulter schroff entließ.
„Warum schlafen Sie hier auf dem Fußboden?“, fragte er mühsam beherrscht. „Das entspricht nicht der Etikette.“
„Aua“, stöhnte sie, während sie langsam ihre steifen Glieder bewegte. „Helfen Sie mir auf.“
Er nahm ihre Hände und zog sie behutsam auf die Füße. Trotz aller Vorsicht rutschte das Jackett von ihren Schultern, und er konnte es nur festhalten, indem er sie an sich zog. Zu seiner Erleichterung waren alle anderen inzwischen gegangen.
„Gehen Sie sich etwas anziehen“, befahl er ungehalten. „Ich komme gleich nach.“
Er brauchte Zeit, um den Anblick ihrer bezaubernden Nacktheit zu verarbeiten. Sie war zierlich und perfekt gebaut, schlank aber wohlgerundet, mit frech aufgerichteten Brüsten, die er sich kaum aus dem Kopf schlagen konnte. Noch schwerer war es, die Empfindung zu ignorieren, die ihr bezaubernder Körper in seinen Armen ausgelöst hatte.
Erst als er sich seiner Selbstbeherrschung wieder sicher war, gesellte er sich zu ihr. Sie trug ihre eigene Kleidung, Hose und Sweater, die in seinen Augen durchsichtig geworden
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