Bianca Exklusiv Band 229
Einen Moment lang verschränkte er die Finger mit ihren, bevor er sie wieder losließ.
Es war eine so schlichte Geste der Verbundenheit, dass es Rebecca beinahe zum Weinen brachte. Er konnte manchmal so unglaublich zärtlich sein, das schien gar nicht zu seinem Wesen zu passen.
„Sprich mit mir, Lucas.“
„Du funktionierst ganz anders als ich. Ich habe dich beobachtet, viel über dich gelernt. Du lässt dich von einem Strom an Gefühlen vorantreiben, und das ist gefährlich, weil es dich irgendwohin spült, bevor du überhaupt weißt, ob du dort sein willst.“
„Und du?“
„Ich bin anders.“
„Und wie? Erfolgeicher?“
„Ja, ich glaube schon. Nein, nicht erfolgreicher, aber ich riskiere weniger.“
„Du willst also herausfinden, was wir füreinander empfinden, bevor wir es empfinden?“
Er lachte. „Nun zieh es doch nicht gleich ins Lächerliche.“
„Aber das ist unmöglich!“
„Es ist nötig. Für Maggie. Sie soll keine Eltern haben, die kopflos bei jeder Gelegenheit miteinander in die Kiste steigen, obwohl Welten zwischen ihnen liegen. Sie soll nicht in einem Durcheinander ständig wechselnder Gefühle und Entscheidungen über ihre Zukunft aufwachsen. Darauf lasse ich mich nicht ein!“ Lucas klang ein wenig verärgert oder zumindest frustriert und ungehalten.
„Worauf lässt du dich nicht ein? Mit mir zu schlafen?“
„Das auch. Und ich will Maggie eine solide Grundlage im Leben bieten.“
„Letztes Jahr hast du mich noch gebeten, dich zu heiraten.“
„Das war falsch. Mein Anwalt hat mir dazu geraten, weil ich gewisse … Dinge sichern wollte.“
„Was wolltest du dir denn sichern? Rechte? Einfluss? Dreht sich für dich alles nur darum? Um Rechte und Prinzipien, Einfluss und Sicherheiten? Wenn ich mir in irgendeinem Punkt Sicherheit verschaffen könnte, würde ich bestimmt nicht unsere Gefühle wählen. In dieser Hinsicht würde ich etwas riskieren, ich würde mich auf eine Achterbahnfahrt einlassen. Nein, wenn ich irgendwo Gewissheit haben könnte, würde ich mir die für Maggie wünschen. Nur für Maggie.“
„Es geht mir doch gerade um Maggie.“
„Das glaube ich nicht, Lucas. Ich glaube, es geht um dich. Etwas in dir, das ich nicht ganz verstehe, das mir aber nicht gefällt.“
„Das unterstreicht nur meinen Standpunkt, oder etwa nicht?“
Rebecca seufzte. „Tut es das?“
„Ja. Wir verstehen uns nicht gut genug, um zu wissen, was wir voneinander wollen und auch bekommen können.“
„Okay, wie du meinst. Ich gehe jetzt ins Bett.“ Er versuchte nicht, sie aufzuhalten.
Sie überließ Lucas das große Schlafzimmer und nahm die kleine Kammer auf der Rückseite, weil sie die als Kind immer benutzt hatte.
Als sie sich ein paar Minuten später ins Bett kuschelte, hörte sie Geräusche von unten. Das Kratzen von Stuhlbeinen auf dem Boden, Schritte, das Plätschern von Wasser in der Spüle, weitere Schritte.
All diese Geräusche hätten ihr bewusst machen sollen, dass Lucas dort unten und sie hier oben war und dass sie soeben eine ihrer berühmt-berüchtigten, hitzigen Diskussionen geführt hatten. Also hätte sie sich jetzt eigentlich elendig und wütend und einsam fühlen sollen, doch seltsamerweise verspürte sie ein Gefühl des Friedens.
Sie hatten sich gestritten, aber die Welt war nicht untergegangen.
Sie hatten in den letzten zwei Wochen auf engstem Raum gelebt, unter höchst stressreichen Umständen. Trotzdem sprachen sie immer noch miteinander, gingen in entscheidenden Situationen immer noch zärtlich miteinander um und versuchten immer noch, wirklich miteinander zu kommunizieren.
Und dieses Bett war so weich und vertraut, und die Bettwäsche mit dem Wildblumendruck duftete so herrlich nach Lavendel, und die Zweige der Nadelbäume vor dem Fenster wisperten so sanft im Abendwind.
Am nächsten Morgen schien die Sonne strahlend durch die hellen Gardinen in Lucas’ Zimmer. Er hatte neun Stunden lang geschlafen wie ein Murmeltier.
Als er auf dem Weg nach unten an Rebeccas Zimmer vorbeiging, sah er durch den schmalen Türspalt, dass sie noch schlief.
Es war kühl in der Hütte, denn das Feuer im Ofen war niedergebrannt. Mit Zeitungspapier und Holzspänen erweckte er die spärliche Restglut wieder zum Leben und hatte bald ein loderndes Feuer entfacht.
In der Küche wusch er das Geschirr vom vergangenen Abend ab, setzte Kaffee auf und erforschte die Speisekammer. Er fand ein Paket Pfannkuchenteigmischung und ein Glas Ahornsirup. Sein Magen begann zu
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