Bianca Exklusiv Band 232 (German Edition)
Schafen zurück. Dreiundsiebzig … vierundsiebzig …
Was sollte das denn? fragte sich Sara und schlüpfte unter den Schlafsack, der als Decke diente. Obwohl sie wusste, dass Kincaid so weit wie es möglich zur Zeltwand gerutscht war, berührte sie fast seinen Rücken und spürte die Wärme, die von seinem Körper ausging. In der Stille der Nacht konnte sie seinen regelmäßigen Atem hören. War er tatsächlich so schnell eingeschlafen? Konnten Männer immer und überall so abschalten? Das war wirklich eine erstaunliche Eigenschaft.
Wenn ich das auch nur könnte, dachte Sara. Wenn sie nur aufhören könnte, an Mike und Lenny zu denken. In den letzten Tagen war ihr einiges erschreckend klar geworden. Obwohl Mike sauber, ordentlich gekleidet, unauffällig in seinem Benehmen war und gute Noten hatte, war jetzt klar, dass sein Zuhause nicht länger akzeptabel für ihn war. Lenny und auch ihre Schwester waren unfähig, für den Jungen zu sorgen und ihm ein richtiges Heim zu bieten. Was waren das für Eltern, die ihr Kind einsetzten, um Geld zu erpressen?
Sara starrte in die Dunkelheit und musste sich eingestehen, dass sie Angst hatte. Wenn dies alles vorbei war, und der Himmel möge ihnen helfen, dass es gut endete, würde sie Mike zu sich nehmen. Selbst wenn dadurch die Wahrheit ans Licht kam. Dann hörte sie in der Ferne Donnergrollen und seufzte innerlich. Na großartig. Noch ein Gewitter. Hatte Kincaid nicht behauptet, das Zelt wäre wasserdicht? Sie würden es bald herausfinden.
Kincaid fragte sich, ob es Sara bewusst war, dass er ihren Ellbogen in seinem Rücken spürte. Es war nicht so, dass der Ellbogen ihn tatsächlich störte, aber er machte ihm bewusst, dass sie neben ihm lag, obwohl er sich doch so viel Mühe gab, nur an seine Schafe zu denken.
Vierundneunzig … fünfundneunzig …
Der Regen setzte plötzlich und unerwartet ein. Es war kein milder Sommerregen, sondern ein Wolkenbruch, der das kleine Zelt fast niederdrückte. Selbst durch das feste Nylonmaterial konnte Sara die Blitze sehen, und der Donner war so laut, dass sogar die Erde unter ihnen zu beben schien.
Aber das Zelt hielt stand, und sie blieben trocken. Nur am Eingang kam etwas Regen herein. Wahrscheinlich, weil der Reißverschluss nicht ganz zugezogen war. Sara setzte sich auf und wollte den Eingang gerade verschließen, als sie plötzlich eine Hand zurückhielt. Sie erschrak sich so, dass sie fast laut geschrien hätte.
„Lass mich das machen“, sagte Kincaid. „Der Verschluss ist defekt, aber ich weiß, wie ich ihn schließen kann.“
Sara wäre gern in den hinteren Teil des Zeltes gerutscht, aber sie saß zwischen seinem Körper und seinen ausgestreckten Armen fest. Sie spannte sich unwillkürlich an, als sie seine muskulöse Brust in ihrem Rücken spürte, während er an dem Reißverschluss zerrte. Sie erschauerte, als sie seinen warmen Atem in ihrem Nacken spürte. Würde er denn dieses verflixte Ding niemals zu bekommen?
Schließlich gelang es Kincaid, den Reißverschluss höher zu ziehen, und er setzte sich zurück. Er war dankbar, dass es so dunkel im Zelt war. So konnte sie nicht sehen, wie seine Hände bebten. Nicht, weil die Arbeit so anstrengend gewesen war, sondern weil er eine unglaubliche Willenskraft aufbringen musste, Sara nicht in seine Arme zu ziehen. Er rutschte, soweit es in dem kleinen Zelt ging, von ihr weg und streckte sich aus. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, und er sah, dass sie immer noch saß und argwöhnisch die Zeltwände begutachtete.
„Es wird halten. Keine Bange“, beruhigte er sie. „Wir werden schon nicht nass werden.“
Sie zuckte zusammen, als ein besonders lauter Donnerschlag die Erde erbeben ließ. „Mike mag Gewitter ebenso wenig wie ich.“
„Du scheinst viele Dinge mit Mike gemeinsam zu haben. Aber sag mal, gibt es in deinem Leben außer dem Jungen denn keinen anderen? Ich meine einen Mann, der dir etwas bedeutet. Gehst du nie aus?“
Sara war froh, dass er ihre Augen nicht sehen konnte. Sie wusste nur zu gut, wie schwer es für sie war, ihre Emotionen zu verbergen. „Ich habe ein paar Freunde, und wir gehen öfters miteinander aus. Aber ich arbeite viel und lange, damit mein Geschäft läuft, und jetzt, da ich auch noch eine Filiale eröffnen will, natürlich noch mehr. Es gibt immer so viel zu tun, und der Tag scheint nie genug Stunden zu haben.“
Er drehte sich auf die Seite, stützte sich mit dem Ellbogen ab und legte seinen Kopf in die
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