Bianca Exklusiv Band 232 (German Edition)
weiter vorgehen?
Grübelnd lief sie ins Wohnzimmer, blieb vor dem Beistelltisch an der Couch stehen und nahm Mikes Bild in die Hände. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie das geliebte Gesicht betrachtete.
„Mike, Mike, wo bist du, Schatz?“ Sie stellte das Bild wieder ab und unterdrückte einen Schluchzer. „Oh, Gott, ich muss dich einfach finden, mein Liebling“, flüsterte sie und fingerte nervös an dem Armband mit dem Goldherz, auf dem „Ich liebe Dich“ eingraviert war. Es war ein Geschenk ihres Neffen.
Sie zuckte zusammen, als es an der Tür klingelte. Rasch wischte sie sich mit einem Papiertaschentuch die Augen trocken. Wer wollte so früh am Morgen etwas von ihr? Vielleicht war es Nick, der noch einmal zurückgekommen war, um sie zu überreden, doch mit ihm und den anderen zu klettern.
Es läutete erneut. Sie zog den Bindegürtel ihres Morgenmantels fester zusammen, ging zur Tür und öffnete sie.
„Guten Morgen. Für einen Moment dachte ich schon, dass Sie das Haus bereits verlassen hätten.“ Graham Kincaid, der eine Tüte in der Hand hielt, lief an ihr vorbei geradewegs auf die Küche zu, so als ob er sich in diesem Haus auskennen würde.
Sara schloss etwas benommen die Tür und folgte ihm. Sie war erstaunt, wie stark sie auf ihn reagierte. Lag es an seinen breiten Schultern, an den schmalen Hüften, dem gut geschnittene Gesicht, dem würzigen Duft von Seife und … Aftershave? „Sie haben sich rasiert?“, fragte sie und hätte sich für diese idiotische Frage am liebsten geohrfeigt. Was um alles in der Welt war bloß mit ihr los?
„Ja, so was tue ich von Zeit zu Zeit.“ Graham schien belustigt.
„Woher wussten Sie, wo ich wohne?“
„Haben Sie vergessen, dass ich Polizist bin?“ Er griff in die Tüte und holte zwei Becher Kaffee und zwei Donuts heraus. Er war überrascht, wie hübsch Sara frisch geduscht und ohne eine Spur von Make-up aussah. Nur die Schatten um ihre Augen gefielen ihm nicht. Man sah ihr an, dass Sorgen sie quälten. „Was für einen Donut möchten Sie?“, fragte er.
Sara brauchte einen Moment, um sich von der Überraschung zu erholen. Doch dann besserte sich ihre Laune schlagartig. Kincaid musste seine Meinung geändert haben. Warum wäre er sonst hier? „Schokolade, natürlich“, antwortete sie lächelnd und nahm den Donut mit zu dem kleinen Glastisch am Fenster hinüber und setzte sich.
Kincaid folgte ihr mit den Kaffeebechern. „Das ist kein normaler Kaffee, sondern Latte macchiato.“ Er lächelte, als er die Deckel abnahm.
Das Lächeln verändert sein ganzes Gesicht, dachte Sara. Es machte ihn sympathischer. Und vor allem ausgesprochen sexy. „Es wäre eine Untertreibung, wenn ich sagen würde, dass ich überrascht bin, Sie zu sehen, Graham“, erklärte Sara. „Ich darf Sie doch Graham nennen, nicht wahr?“
„Nur wenn Sie wollen, dass ich nicht reagiere. Ich mag meinen Vornamen nicht sonderlich, auch wenn ich nach meinem Großvater benannt wurde, den ich sehr liebte. Alle nennen mich Kincaid.“ Er biss in das süße Gebäckstück und schloss zufrieden die Augen. „Ich kaufe mir diese Dinger nur alle paar Wochen, weil ich gleich ein Dutzend von ihnen essen könnte. Natürlich hätte ich dann bald einen Taillenumfang von einem Meter siebzig.“
Sie schaute auf seinen schlanken, durchtrainierten Körper, der in dem schwarzen Polohemd und den Jeans gut zur Geltung kam. Schwer vorzustellen, dass dieser Mann auch nur ein Gramm Fett zu viel auf den Hüften hatte.
„Es stimmt“, erwiderte er, als ob er ihre Gedanken gelesen hätte. „Mein Bruder Ken ist einige Zentimeter kleiner als ich und wiegt fast dreihundert Pfund. Er lebt, um zu essen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Frau hingegen ist so dünn wie ein Strich.“
Sara sog tief den köstlichen Duft des italienischen Kaffees ein. „Sie wollen mich auf den Arm nehmen, nicht wahr?“
Er nickte und schenkte ihr ein Lächeln, bei dem das Herz jeder Frau schneller schlagen würde. „Sie haben das Foto mit Absicht bei mir liegen lassen, nicht wahr? Sie hofften, dass das Bild des Jungen mein Herz erweicht, war es nicht so?“
Obwohl Kincaids Gesicht jetzt keine Gefühlsregung verriet, hatte die Sache ihn doch bei Weitem mehr beschäftigt, als er zugeben wollte. Er hatte eine unruhige Nacht verbracht. Der Junge war immer wieder in seinen Träumen erschienen und hatte ihn mit seinen blauen Augen flehend angesehen. Genau wie der Junge, dessen Foto er in seiner Brieftasche bei
Weitere Kostenlose Bücher