Bianca Exklusiv Band 243
Mutter gedreht“, erklärte Amelia. „Hast du schon überlegt, was du jetzt machen wirst?“
Nicole seufzte. „Eigentlich nicht.“
„Wieso nicht? Simone hätte bestimmt nicht gewollt, dass du nur herumsitzt und trauerst.“
Nicole strich geistesabwesend über das kalte blaue Glas in ihrer Hand. „Das weiß ich. Und das mache ich auch nicht.“
Amelia nickte zufrieden. „Gut. Du hast hart gearbeitet, um dein Diplom in Buchhaltung zu bekommen. Jetzt kannst du es endlich nutzen.“
Es stimmte, dass Nicole hart gearbeitet hatte, um das College zu schaffen. Als ihr Traum, Buchhalterin zu werden, zum Greifen nahe war, hatte ihre Mutter den Schlaganfall erlitten. Aus Liebe hatte Nicole sich dafür entschieden, daheimzubleiben und ihre Mutter zu versorgen.
„Vielleicht mache ich das irgendwann“, erklärte sie ihrer Freundin. „Im Moment hängt alles in der Luft.“
„In der Luft?“, fragte Amelia. „Hast du denn keine Leute, die sich um die Plantage kümmern? Was hält dich noch dort?“
Nicole schüttelte seufzend den Kopf. Vielleicht sollte sie Amelia die Lage genauer erklärten.
„Alle Arbeiter sind geblieben. Das ist nicht das Problem. Es hat allerdings seit deinem letzten Besuch einige wesentliche Veränderungen auf Belle Rouge gegeben.“
Amelia lachte laut auf, und Nicole dachte, wie wunderbar es doch war, so heiter und zuversichtlich zu sein. Trotz einer gescheiterten Ehe und der schlechten Behandlung durch einen Mann war Amelia dem anderen Geschlecht gegenüber bei Weitem nicht so misstrauisch wie sie selbst.
„Veränderungen?“, fragte Amelia amüsiert. „Die Plantage wurde Ende des achtzehnten Jahrhundert erbaut, und seither hat sich nur verändert, dass es Badezimmer und Telefon gibt.“
„Nun ja, ich meinte keine äußerlichen Veränderungen“, räumte Nicole ein. „Aber …“ Sie trank Tee und ließ Amelia warten. „Erinnerst du dich daran, dass ich einen Stiefbruder habe?“
„Vage“, entgegnete ihre Freundin. „Du hast einmal erwähnt, dass er in Shreveport wohnt und nie nach Belle Rouge kommt.“
„Das stimmt. Als Mom und ich einzogen, zog Logan aus. Er hat uns abgelehnt. Aber jetzt … jetzt muss ich mit diesem Mann leben!“
Amelia setzte sich überrascht auf. „Mit ihm leben? Du meinst, dein Stiefbruder ist zurück?“
Nicole nickte. „Und er will bleiben. Für immer.“
Amelia warf nur einen Blick in ihr Gesicht und stellte fest: „Du magst ihn offenbar nicht.“
Mögen? Das Wort beschrieb bei Weitem nicht, was sie für diesen Mann empfand. Mit jedem Tag wurde deutlicher, dass sie sich nicht entscheiden konnte, ob sie ihn liebte, hasste oder umbringen wollte – oder alles zusammen.
„Amelia, er hat meiner Mutter stets die Schuld für das Scheitern der Ehe seiner Eltern gegeben. Er glaubt, seine Mutter wäre gestorben, weil sie wegen meiner Mutter Alkoholikerin wurde.“
„Klingt, als wäre dein Stiefbruder ja ein ganz reizender Kerl. Wie alt ist er?“
„Vierunddreißig.“
„Hat er Frau und Kinder?“
„Nein.“ Vielleicht wäre dann alles anders gewesen. Wenigstens hätte er ihr keinen Heiratsantrag machen können. Und er hätte sie mit Küssen auch nicht um den Verstand gebracht. „Logan hat nie geheiratet. Dafür ist er wahrscheinlich gar nicht der Typ.“
„Wie ist er eigentlich?“, fragte Amelia.
„Groß, schlank, dunkler Typ. Er ist ein attraktiver Mann. Aber das gute Aussehen wird durch sein Wesen aufgehoben, wenn du weißt, was ich meine.“
Amelia lachte wissend. „Oh ja, meine Liebe, ich war mit so einem Typ verheiratet. Mittlerweile ziehe ich einen hässlichen Mann mit einem großen Herzen vor.“
Nicole seufzte erneut. „Zu meiner Überraschung gehört mir jetzt ein Teil von Belle Rouge . Und ich weiß nicht, wie sich das auf meine Pläne auswirkt, als Buchhalterin zu arbeiten.“
„Du liebst Belle Rouge “, erwiderte Amelia. „Ich finde die Plantage auch schön und bedeutungsvoll für die Geschichte unseres Staates. Aber du solltest deinen Anteil an deinen Stiefbruder verkaufen und dir etwas Eigenes suchen, mit jungen Männern ausgehen und das Leben genießen. Bisher hast du nichts weiter getan, als Schulen zu besuchen und deine Mutter zu versorgen.“
„Mehr wollte ich nicht“, wehrte Nicole ab.
„Ich weiß, aber du hättest dir trotz allem mehr Freude gönnen sollen.“
Nicole führte das Teeglas an die Lippen. „Damit ich wie meine Mutter ende? Schwanger und allein gelassen?“
„Das kannst du einfach
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