Bianca Exklusiv Band 243
schwarzen Halbschleier des Hutes wirkten ihre Züge zart wie handbemaltes Porzellan. Das rötlich blonde Haar war nicht mehr wild und wirr, sondern schimmerte wie Satin und endete in einer Nackenrolle. Der Stil war dezent und dem traurigen Anlass angepasst. In den zierlichen, perfekt manikürten Händen hielt sie eine weiße Magnolie. An den Fingern trug sie keinen Schmuck.
Hätte Logan nicht gewusst, dass sie eine Carrington war, hätte er sie für eine echte Lady der Südstaaten gehalten. Doch das Äußere konnte die Herkunft nicht ganz verdecken. Die Tochter wie die Mutter, dachte er verdrossen. Irgendein armer Narr würde irgendwann auf ihre Schönheit hereinfallen, aber nicht er. Er wusste genau, wer und was sie war.
Nicole wandte sich schließlich vom Fenster ab und merkte betroffen, wie schwach sie sich plötzlich fühlte. Während des Begräbnisses und auch hinterher war sie stark und gefasst gewesen. Jetzt durfte sie nicht zusammenbrechen, während Logan sie wie ein Kater, der einen Vogel in die Enge getrieben hatte, betrachtete.
Vorsichtig ging sie auf einen Sessel zu, der drei Meter von ihm entfernt stand, doch auf halbem Weg legte jemand den Arm um ihre Taille.
„Alles in Ordnung?“
Beim Klang der tiefen Männerstimme zuckte sie zusammen und blickte in Logans hartes Gesicht hoch. Seit zwei Tagen war er wieder auf Belle Rouge und hatte bisher kein Wort des Mitgefühls über die Lippen gebracht. Es erschien ihr heuchlerisch, dass er jetzt den besorgten Angehörigen spielte.
„Ich muss mich nur setzen“, erwiderte sie knapp. „Mach dir bitte keine Mühe.“
Er richtete die grauen Augen forschend auf ihr blasses Gesicht. „Es könnten noch Besucher kommen, die ihr Beileid aussprechen möchten. Dann würde es ziemlich unpassend wirken, wenn sie dich auf dem Boden liegend vorfänden.“
Nicole betrachtete ihn geringschätzig. Mit dem dunkelbraunen Haar und der dunklen Haut wirkte Logan McNally äußerst attraktiv. Die hellgrauen Augen wurden von dichten Wimpern umgeben, sein Blick war scharf und durchdringend. Das kräftige Kinn mit der Kerbe betonte den perfekt geformten Mund. Als würde dieses sagenhafte Gesicht nicht ausreichen, um die Herzen aller Frauen höher schlagen zu lassen, war er auch noch hoch gewachsen, schlank und breitschultrig.
Doch Nicole war gegen Logans körperliche Attraktivität immun. Sie hatte festgestellt, dass sich unter dieser anziehenden maskulinen Schale ein arroganter Kerl verbarg, der nur an sich selbst dachte.
„Wie ich sehe, legst du unverändert größten Wert auf den äußeren Eindruck“, sagte sie eisig. „Nun, ich versichere dir, dass ich diesen Tag überstehen werde, ohne dich in Verlegenheit zu bringen.“
Er führte sie zum Sessel und drückte sie in die Kissen. „Ich habe mir nicht deshalb Sorgen gemacht.“
„Aber natürlich“, entgegnete sie spöttisch. „Meine Mutter und ich haben dich vom ersten Tag an in Verlegenheit gebracht. Vermutlich ist heute für dich ein Festtag. Wenigstens eine von uns bist du jetzt los. Und wer weiß, vielleicht hast du demnächst noch mehr Glück, und ich laufe vor ein Auto, oder ein Blitz erschlägt mich.“
Seine Miene war verschlossen, als er zurückwich. „Du scheinst im Moment ziemlich hysterisch zu sein.“
Sie zog zwei Hutnadeln aus dem dichten Haarknoten. „Oh ja, das würde dir bestimmt gefallen“, sagte sie kühl. „Du möchtest mich gern in eine Nervenheilanstalt einweisen. Dann trennt dich nichts mehr von Belle Rouge .“
Sie nahm den breitkrempigen Hut ab. In dem teuren schwarzen Kostüm und mit den hohen Absätzen wirkte sie elegant. Sie war eine naive Achtzehnjährige gewesen, als Logan sie das letzte Mal sah. Wodurch hatte sie sich dermaßen verändert? Seit dem Tod seines Vaters vor vier Jahren hatte er keinen Kontakt zu Nicole und ihrer Mutter gehabt, obwohl die beiden Frauen weiterhin auf dem Sitz seiner Familie gewohnt hatten.
Seufzend trat er an einen kleinen Tisch, auf dem eine Karaffe mit Kentucky Bourbon stand. Er schenkte sich ein, nahm einen Schluck und drehte sich wieder um. „Äußerlich bist du erwachsen geworden, Nicole. Dein Denken hat allerdings eindeutig nicht mit deinem Körper Schritt gehalten.“
Sie wurde zornig, zeigte es jedoch nicht. Er sollte nicht merken, dass er sie wie früher ärgern konnte. Sie war jetzt eine erwachsene Frau und keine Jugendliche, die er je nach Laune umgarnen oder beleidigen konnte. Das musste er begreifen. „Vermutlich wirst du mir gleich
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