Bianca Exklusiv Band 87
bist nach London gekommen, um mich zu sehen?” fragte sie ungläubig.
„Warum zum Teufel hätte ich sonst einen Segeltörn um die Bahamas abgesagt, auf den ich mich seit Monaten gefreut habe? Bitte lass uns zusammen Tee trinken.”
„Nein … nein, das möchte ich nicht.” Sie trat einen Schritt zurück und schüttelte seinen Arm ab.
„Doch. Und ein für alle Mal, Danielle Trent, du tust jetzt, was ich dir sage.” Auf ein Zeichen von ihm hielt ein Taxi am Randstein. Nick öffnete die Tür und schob sie sanft auf den Rücksitz.
„Wohin soll es gehen, Sir?”
„Zum Savoy.”
Nick lehnte sich zurück und sah aus dem Fenster. Dany verschränkte die Arme vor der Brust und bemühte sich, ihn nicht anzusehen. Doch schließlich hielt sie es nicht länger aus und warf ihm von der Seite einen Blick zu.
Als sie diesen Mann zum letzten Mal gesehen hatte - ausgenommen im Krankenhaus -, war er schmutzig und unfrisiert gewesen, und seine Jeans hatte halbzerfetzt an seinen Beinen gehangen. Jetzt trug er einen hellgrauen Anzug, der eindeutig von einem bekannten Modeschöpfer stammte, ein weißes Seidenhemd, eine blaue Krawatte und einen beigen Trenchcoat. Als das Taxi um eine scharfe Kurve bog, fiel sie gegen seinen Arm und setzte sich schnell zurecht.
Doch seine eigentliche Natur schien sich in keiner Weise verändert zu haben. Nach einigen Augenblicken, in denen er sich - wohl aus Schuldgefühlen - etwas unsicher verhalten hatte, erschien er ihr jetzt wieder genauso lebendig und ungezähmt wie damals, als sie ihn kennen gelernt hatte. Als der Wagen an einer Ampel anhalten musste, bemerkte sie, dass er mit den Händen gegen sein Knie klopfte. Der Anblick dieser sehnigen, gebräunten Finger erinnerte sie an die Zärtlichkeiten in der vom Feuerschein erleuchteten Höhle, die sie in eine andere Welt versetzt hatten …
„Hier können wir uns nicht unterhalten.” In der belebten Eingangshalle wurde laut gesprochen und mit Geschirr geklappert. Nick wandte sich zum Aufzug. „Wir trinken den Tee in meiner Suite.”
Während sie hinauffuhren, senkte er schweigend den Kopf, und Dany riskierte einen weiteren Blick. Offensichtlich war er immer noch so übel gelaunt. Nichts hatte sich geändert.
Er musste doch bemerkt haben, was sie für ihn empfand. Warum war er also wieder in ihr Leben eingedrungen? Wollte er ihr noch mehr Schmerz zufügen? Eigentlich sollte sie wütend auf ihn sein, aber am liebsten hätte sie ihn in die Arme genommen und mit den Fingerspitzen sanft sein Gesicht berührt, um den Ausdruck der Anspannung zu vertreiben …
Dany stand am Fenster und betrachtete, wie die ersten Lichter London in der Dämmerung erleuchteten, als der Zimmerkellner den Teewagen hereinschob.
„Milch? Zucker?”
Langsam drehte sie sich um. „Bitte Milch, keinen Zucker.”
Nick schenkte Tee ein und bot ihr einen Platz neben sich auf dem Sofa an, doch sie setzte sich in den Sessel gegenüber. „Möchtest du ein Sandwich?” Er hob das Brot an einer Ecke an. „Gurke. Was sollte es in England sonst geben?”
„Natürlich.” Sie lächelte, doch in ihrem Inneren spürte sie wieder diese allumfassende Traurigkeit.
Nick nahm eine Teetasse in die Hand und betrachtete sie gedankenvoll. „Ein großer Unterschied zu …”
„Warum bist du weggegangen, ohne dich zu verabschieden?”
Zum ersten Mal, seit sie die Ausstellung verlassen hatten, sahen sie sich direkt in die Augen.
„Ich habe mich verabschiedet”, sagte er dann langsam. „Aber zu einem Zeitpunkt, als ich sicher sein konnte, du würdest es nicht bemerken, dass ich neben deinem Bett stand. Und dann …” Er schwieg.
„Und dann?”
„Dann bin ich einfach abgehauen”, erwiderte er düster. „So weit weg und so schnell ich nur konnte.”
„Ich verstehe.” Dany lächelte traurig.
„Nein, das verstehst du überhaupt nicht.” Heftig stellte Nick die Tasse auf den Tisch. „Du kannst es nicht verstehen. Und ich konnte es viele Wochen lang auch nicht. Eine Zeit lang glaubte ich sogar, es wäre richtig gewesen, zu gehen. Ich redete mir ein, ich empfände dabei kein Bedauern. Einmal in meinem Leben wollte ich ein Opfer bringen und so Marcus die Möglichkeit geben, in dein Leben zurückzukehren. Du solltest ihn haben, und nicht einen zynischen Kerl, der jeder Frau erzählte, was für ein wunderbarer und eigenständiger Liebhaber er wäre …”
Nach einer kurzen Pause legte er die Hand neben sich aufs Sofa. „Bitte setz dich neben mich - bitte, Miss Trent.”
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