Bianca Extra Band 2
hasste sie sich selbst. Oder jedenfalls was sie getan hatte. Sich noch einmal zu entschuldigen hatte keinen Zweck. Aber sie wollte – nein, sie musste mit Seth reden.
Sie hob den Kopf und betrachtete die Geburtsankündigungen und den Stapel adressierter Umschläge. Sollten Seths Familie und seine Freunde nicht auch von der Geburt informiert werden? Ja, natürlich. Aber würde er daran denken?
Wahrscheinlich nicht. Sie … sie könnte ihm ja anbieten, die Karten für ihn zu schicken. Das wäre dann ein Beweis, dass sie ihn keineswegs ausschließen wollte. Vielleicht nur eine kleine Geste, aber ein Zeichen, das sie unbedingt setzen wollte. Und wenn sie ihn jetzt anrief, konnte er ihr morgen früh eine Liste mit Namen und Adressen mitbringen. Jetzt hatte sie endlich einen guten Grund, ihn anzurufen.
Das Telefon klingelte nur zweimal, bevor er sich meldete. „Becca? Ist alles okay?“
„Hallo, Seth. Ich hoffe, ich störe nicht.“
„Niemals“, antwortete er, ohne zu zögern. „Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst.“
Jetzt war er schon wieder so süß und charmant, obwohl er jedes Recht hatte, gemein und nachtragend zu sein. „Danke. Das ist sehr nett von dir.“
„Du hörst dich irgendwie komisch an“, sagte Seth. „Ist wirklich alles okay?“
„Ich … mir geht’s gut. Das hätte ich gleich sagen sollen.“ Er war ehrlich besorgt um sie. Das verwirrte sie völlig. „Es tut mir leid, dich zu stören, aber …“
„Das tust du nicht. Was kann ich für dich tun?“
„Ich wollte dich wegen der Geburtsanzeigen fragen“, platzte sie heraus.
„Geburtsanzeigen?“
„Äh, ja. Du weißt schon … diese Karten, die Eltern verschicken, wenn ein Baby da ist?“
Seth lachte leise. „Die kenne ich, Becca. Ich will nur wissen, warum du mich danach fragst. Soll ich welche mitbringen? Wie viele brauchst du?“
„Nein, nein. Ich habe genug.“
„Worum geht es dann?“
„Also, heute Abend, da ist etwas passiert …“
„Ja?“
„Also, verstehst du … das ist wichtig, und ich wollte dir sagen, dass …“ Hör auf, schalt sie sich. „Egal. Die Geburtsanzeigen. Ich sitze gerade an meinen und da habe ich gedacht, ich sollte mich auch um deine kümmern. Du möchtest doch bestimmt auch Leuten Bescheid geben, dass … wegen der Geburt unserer Tochter. Und wenn es dich nicht stört, übernehme ich das gerne für dich.“
Am anderen Ende herrschte so lange Schweigen, dass Rebecca sich schon fragte, ob die Verbindung unterbrochen worden war. Doch dann hörte sie, wie er mühsam Atem holte.
„Jetzt schon?“, fragte er, seine Stimme klang unsicher und rau. „Heute?“
„Ja. Heute Abend. Deswegen rufe ich an.“
„Okay. Klar.“ Er murmelte etwas Unverständliches. „Also, dir und dem Baby, euch geht es gut? Es gibt keine Probleme?“
„Nein, Seth. Keine Probleme.“ Das sagte sie ganz langsam und deutlich. Es verwirrte sie zwar, wie besorgt er um sie war, aber das tat ihr auch gut. „Ich meine, natürlich bin ich ein bisschen müde. Aber uns geht’s gut.“
„Müde. Klar. Macht Sinn. Brauchst du irgendwas?“
„Schokoladen-Marshmallow-Eis wäre toll“, scherzte sie. „Und die Namen und Adressen von den Leuten, denen du gerne eine Karte schicken würdest.“
„Eis. Namen und Adressen. Geht klar.“ Sie hörte, wie er mit Schlüsseln klapperte. „Wahnsinn“, sagte er leise. „Das ist so fantastisch. Wo bist du?“
„Zu Hause.“ Was war so fantastisch? Ihr Angebot, für ihn ein paar Karten zu schreiben? „Gesund und munter“, fügte sie fröhlich hinzu.
„Zu Hause“, wiederholte er, wie aus weiter Ferne. „Warum das denn? Ich habe gedacht, du hast einen richtigen Arzt, nicht nur eine Hebamme.“
„Das habe ich auch. Wobei, ich habe auch darüber nachgedacht, mit einer Hebamme zu sprechen.“ Wie kam er jetzt von den Babykarten auf den morgigen Arzttermin? „Warum?“
„Egal. Vergiss es. Ich bin in dreißig – nein, in zwanzig Minuten da.“ Dann legte er auf, und Rebecca saß völlig verwirrt da.
Dreißig Minuten später war Seth immer noch nicht da. Rebecca fing an, im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. Hin und wieder warf sie einen Blick aus dem Fenster. Immer wieder dachte sie über ihr Gespräch nach und versuchte, darauf zu kommen, warum er sie Hals über Kopf besuchen wollte. Sie konnte nur vermuten, dass er ihren Witz mit der Eiskrem ernst genommen hatte.
Lichtstrahlen glitten durch den Raum und warfen Schatten an die Wände. Sie zog den Vorhang
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