Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
Vom Netzwerk:
Fracht verladen war. Widriger Winde wegen waren wir drei, vielleicht auch vier Tage unterwegs. Ich wurde nicht weiter behelligt, aber schon am nächsten Morgen weckte mich der Capitano, sein Gesicht war wütend, die Stimme laut.
    ‚Unter den Frauen ist so ein verrücktes Luder, das keine Ruhe geben will. Wenn sie nicht gerade kotzt, hetzt sie die anderen zum Widerstand auf, so laut, dass ihr Gekeif bis herauf zu hören ist. Einmal sollen die Mädchen allesamt über Bord springen und an Land schwimmen, dann wieder sollen sie sich bewaffnen – ich frage mich, womit? – und den Kapitän samt Mannschaft totschlagen. Ich habe sie in Fesseln legen und knebeln lassen, doch sie musste wieder kotzen und weil wir sie nicht ersticken lassen konnten |203| … Na ja, was soll ich Euch weiter erzählen – ich will die Frau los werden. Sie heißt Helena, stammt aus Ostrom und wurde vom Vater schuldenhalber verkauft. Wenn Ihr sie übernehmt und mit ihr von Bord geht, ist Euch das Reisegeld erlassen.‘
    Ich überlegte nicht lange und sagte zu, denn zu zweien ist manches doch leichter, dachte ich. So legten sie Helena neben mich: leichenblass, dürr wie eine Bohnenstange, doch mit recht munteren grauen Augen, die mich neugierig musterten.
    ‚Bin ich jetzt an Euch verkauft?‘
    Da musste ich lachen und sagte: ‚Nein, nur verschenkt. Die Wahrheit ist, Ihr seid frei, müsst aber mit mir in Ravenna von Bord gehen.‘
    ‚Und dann?‘
    ‚Dann sehen wir weiter.‘
    Als Erstes gingen wir dort zu einem jüdischen Händler, der sich auf gebrauchte Kleider spezialisiert hatte. Ich warf meine zerlumpten Männerkleider weg und Helena trennte sich gern von ihrem zerrissenen und nach Erbrochenem stinkenden Gewand. Wir hatten Frauenkleider gewählt, wie sie vom einfachen Volk getragen werden, dazu Hauben, die unsere Haare verhüllten. Ich fragte mich zu den entfernten Verwandten durch, doch niemand glaubte mir dort ein Wort.
    ‚Du bist in Wahrheit eine entlaufene Magd und willst dein Wissen um die Herrschaft auf diese üble Weise verkaufen! Verschwinde oder wir rufen die Stadtmiliz!‘
    Nun kam mir zugute, dass ich fast nichts von meinem Geld ausgegeben hatte, und so mietete ich in einem Albergo ein größeres Zimmer und ging allein zum
mercato
vor der Kirche San Francesco – allein, weil Helena zu plötzlichen Ausbrüchen neigte und wir Gefahr liefen, Verdacht zu erregen. Dort gab es so eine Art Vermittlung für Tagelöhner und Dienstboten aller Art, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass meine venezianisch gefärbte Sprache sofort auf Ablehnung stoßen würde.
    ‚Hast wohl in der hochberühmten Serenissima nichts gefunden? Schon seltsam, wo dort doch ständig Arbeit angeboten wird …‘
    Nach zwei Tagen gab ich es auf und als ich am Abend in die Herberge ging, fand ich Helena in seltsamer Erregung. In gebrochenem Italienisch erzählte sie mir, der Herbergswirt habe ihr gedroht, unsere Anwesenheit der Miliz zu melden, die gehalten sei, |204| alle Fremden genau zu überprüfen, besonders entlaufene Sklavinnen. Er wolle aber beide Augen zudrücken, wenn sie mit ihm – na, ich könne es mir ja denken. Dann fügte sie hinzu, es mache ihr nichts aus, denn es sei nicht das erste Mal, dass Männer ihre Notlage ausnützten. Mir fiel ein, wie oft ich während meiner Arbeitssuche angesprochen worden war, mit dem deutlichen Hinweis, dass eine Stunde im Bett höher bezahlt werde als zehn Stunden Gemüseputzen. So kam es dann, dass ich dieses Haus hier mietete, dafür meinen letzten Dukaten opferte und aus den Hafenkneipen einige hübsche Huren in Dienst nahm. Die Mädchen erkannten schnell, dass sie es bei mir viel besser hatten, und nicht ein großer Teil ihrer Einnahmen an Zuhälter und Herbergswirte floss. Einen der
ruffiani
machte es wütend, dass „seine“
puttana
es gewagt hatte, ihn sitzen zu lassen. Er holte sie mit Gewalt zurück, wobei ein Teil unserer Möbel zu Bruch ging. So kamen wir zu der Einsicht, ein Mann müsse her, und noch ehe wir uns auf die Suche machten, kam Bruno ins Haus – er arbeitet zurzeit als Gärtner. Und das kam so:
    Lisbetta hatte eine seltsame Vorliebe für Hinrichtungen und nutzte ihre freie Zeit häufig dazu, sich draußen beim Galgenhügel als Zuschauerin einzufinden. Es war der sechste Oktober, das habe ich mir gemerkt. Ein rückfälliger Dieb sollte gehängt werden, doch seine Schergen hatten übersehen, dass es sein Namenstag war, und bald ging es raunend durch die Menge, wenn Bruno eine Gemahlin

Weitere Kostenlose Bücher