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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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sich um Caterina, während man von ihrem Vater respektvollen Abstand hielt, wie es sich geziemte gegenüber Don Marco Loredan, Ratsherr, Kaufmann und venezianischer Patrizier mit langem Stammbaum.
    Wie auch im übrigen Europa war die Herrenmode, den Bart betreffend, zweigeteilt. Handwerker, Kaufleute, Schreiber, Ladenbesitzer gingen in der Regel mit nackten Gesichtern, während Geistliche, Professoren, Notare und Mitglieder der verschiedenen Räte mehr oder weniger lange Bärte trugen. Der von Don Marco war kurz geschnitten und bereits grau gesprenkelt. Er flüsterte seiner Frau etwas ins Ohr und wandte sich dann an Giordano.
    „Auf ein Wort unter vier Augen, wenn es Euch genehm ist, Graf Lancia.“
    Dass es ihm „genehm“ sein musste, war aus dem Ton zu hören. Ein Widerspruch kam nicht in Frage, denn wenn sie auch etwa |217| ranggleich waren, so musste sich Giordano als der Jüngere dem Älteren fügen.
    Sie nahmen in Don Marcos Arbeitszimmer Platz, wo schon ein Krug Wein bereitstand. Der Hausherr hatte sich jede Störung verbeten und bediente den Gast selbst.
    „Trinkt man in Pisa um die Mittagszeit pur?“
    Kein Lächeln begleitete die Frage und Giordano wehrte sofort ab: „Aber ich bitte Euch, Don Marco! Wer in Italien wird so barbarisch handeln? Um diese Zeit nur ein Drittel Wein.“
    Don Marco nickte anerkennend. „So habe ich es mir auch gedacht.“
    Sie verneigten sich im Sitzen, tranken und dann legte Don Marco einen Brief auf den Tisch.
    „Darin hat meine Tochter mich über alles oder, sagen wir, über fast alles in Kenntnis gesetzt. Vielleicht könnt Ihr meine Wissenslücken schließen?“
    „Wenn ich es kann, dann tue ich es gern.“
    „Ihr wisst, dass Caterina vor einer in ihren Augen nicht tragbaren Ehe geflohen ist?“
    „Ja, das weiß ich und dass sie dann im Nonnenkloster Santa Maria in Ravenna Aufnahme gefunden hat, ist mir auch bekannt.“
    Don Marco nickte.
    „Die
professio religiosa
wird in den verschiedenen Orden unterschiedlich gehandhabt. Caterina schrieb mir, dass zwei Jahre die äußerste Grenze seien, und so hat sie sich gerade noch rechtzeitig gegen das Klosterleben entschieden. Auch das wisst Ihr? Gut, nun aber zu den Lücken. Wie kam es, dass sie gerade Euch, Don Giordano, einen Fremden aus Pisa, zu ihrem Begleiter erkor? Sie hätte sich ja auch an den Gesandten unserer Republik wenden können – ich nehme an, dass jedes Kind in Ravenna seine Residenz kennt.“
    Giordano hatte die Frage erwartet und sich schon eine Anwort zurechtgelegt, eine, die keine dreiste Lüge war, sondern eher im Ungewissen blieb.
    „Eine ähnliche Frage habe auch ich ihr gestellt und sie sagte, dass sie jedes Aufsehen habe vermeiden wollen. Sie muss sich wohl direkt an den Kaiser gewandt haben, jedenfalls hat Seine Majestät das mir gegenüber angedeutet. Dass ich mich sofort als Begleiter anbot, ist leicht zu verstehen: Damit ergab sich die beste |218| und wohl einzige Möglichkeit, Eure weithin berühmte Seerepublik zu besuchen.“
    „Aber solltet Ihr nicht den Kaiser …“
    „Nein, Don Marco. Zwar hat Seine Majestät nicht inkognito, doch unter strenger Geheimhaltung und mit sehr kleinem Gefolge diese Reise angetreten.“
    „Das ist mir inzwischen bekannt.“
    Don Marco schwieg und schaute versonnen zum Fenster, wo die schon tief im Westen stehende Sonne in einem von glitzerndem Staub durchwirbelten Lichtstrahl ein überladenes Bücherbord mit einem goldenen Streifen zierte. Da Don Marco weiter schwieg, gab sich Giordano einen Ruck.
    „Wenn Ihr, aus welchen Gründen auch immer, diese Frage nicht beantworten wollt, so habe ich dafür volles Verständnis. Nun, wie soll ich sagen, ist der Grund für Donna Caterinas Flucht inzwischen beseitigt?“
    Don Marco gestattete sich ein karges Lächeln.
    „Warum sollt Ihr das nicht fragen dürfen? Schließlich sind wir Euch doch irgendwie verpflichtet. Kurz gesagt: Der damals vorgesehene Bräutigam hat sich anderweitig vermählt. Unter uns Männern: Ich kann meine Tochter schon verstehen und sehe inzwischen ein, dass Familienpolitik nicht in jedem Fall oder zumindest nicht nur der Grund zu einer Ehe sein sollte. Man wird sich also weiter umsehen und ihr vielleicht die Wahl aus verschiedenen Möglichkeiten bieten. Jedenfalls ist aus dem Kloster ganz offensichtlich eine
virgo
zu uns zurückgekehrt und darauf kommt es wohl an.“
    Giordano errötete heftig, doch das war in dem schon schummrig gewordenen Raum nicht zu bemerken. Dann musste er irgendetwas

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