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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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Bart tragen durften, auch nicht an die Ruderbänke gefesselt waren. Der Kaiser hatte befohlen, auf seiner eigenen Galeere ausschließlich Freiwillige zu beschäftigen, die gut bezahlt wurden und im Notfall auch als Krieger zu verwenden waren.
    Eine besondere und nachteilige Eigenart der Galeere war es, dass die Ruderer den meisten Platz einnahmen und die Passagiere sich mit drangvoller Enge abfinden mussten. Doch die Fahrt nach Venedig sollte höchstens drei Tage dauern und so war das Deck durch Zeltplanen in verschiedene Bereiche aufgeteilt: für den Kaiser, sein |215| kleines Gefolge, für Kapitän und Steuermann und – damit hatten weder Caterina noch Anna gerechnet – für die weiblichen Passagiere. Bianca hatte freilich ein Kämmerchen für sich, doch Anna und Caterina mussten sich mit drei anderen Frauen ein kleines Geviert teilen, das kaum Platz für die fünf Schlafmatten bot. Dass Anna die Leibdienerin der kaiserlichen
concubina
war, wussten die anderen. Anna hingegen wusste nicht, welcher der vier Frauen Giordano als Begleiter diente. Eine kam von vornherein nicht in Frage, eine ältere, matronenhafte Dame, die mit einem verdrossenen Gesicht beharrlich schwieg. Jede der drei anderen hatte ein ansprechendes Äußeres, die Jüngste von ihnen, ein Mädchen um die vierzehn, war von etwas herber Schönheit und besaß die Anmut einer eben erblühten Wildblume.
    Sie wird es sein, dachte Anna, und weil sie deren Redeweise für venezianisch hielt, war sie sich fast sicher. Caterina hatte im Kloster mit allen erdenklichen Mitteln für ein unauffälliges Aussehen gesorgt. Sie trug keinerlei Schmuck, hatte die Haare unter einer grauen Kappe hochgesteckt und die einfache Kleidung einer Dienerin gewählt. Dazu spielte sie die Schwerhörige, antwortete nicht oder falsch auf neugierige Fragen. Diese Frau hätte sich Anna zuletzt als Giordanos Begleiterin – oder Braut? – denken können.
    Am dritten Reisetag wurde sie eines Besseren belehrt. In der Ferne war schon das Prunkschiff des Dogen Jacopo Tiepolo zu erkennen, der – von Boten unterrichtet – dem Kaiser entgegenfuhr, begleitet von zahlreichen kleineren Schiffen. Da hörte sie von draußen Giordanos ungeduldige Stimme:
    „Donna Caterina! Macht Euch fertig, wir werden in Kürze auf ein anderes Schiff umsteigen müssen!“
    Anna blickte gebannt auf die vier Frauen. Wer aber raffte eilig sein Gepäck zuammen? Es war die Unscheinbarste, die graue Maus, schwerhörig und zerstreut. Von da an glaubte Anna, Giordano habe sein Interesse nur vorgetäuscht, um sie zu ärgern. Dieses farblose Wesen in die Heimat zu begleiten, war gewiss ein Freundschaftsdienst für einen seiner Kameraden. Ja, so musste es sein! Jetzt wurde ihr Herz leicht und froh, sie hätte lachen und singen mögen. Aber warum? Sie selber hatte doch die Verbindung zu Giordano abgebrochen, weil nichts Gescheites daraus werden konnte.
    So stiegen Giordano und seine Begleiterin auf ein kleineres Schiff um, das sie gegen Bezahlung zum Canal Grande brachte. |216| Dort nahmen sie eine Gondel, denn größere Schiffe durften hier nicht weiterfahren. Giordano blickte, stumm vor Erstaunen, auf die Pracht der den Kanal säumenden Paläste. Sein Kopf war in ständiger Bewegung, während Caterina abwesend vor sich hin starrte. Was mochte in ihr vorgehen?
    „Donna Caterina, seid Ihr eingeschlafen?“
    „Nein, aber ich grüble darüber nach, ob ich das Richtige tue.“
    „Auf lange Sicht gesehen – ja!“
    „Ein Jahr hätte ich vielleicht meine Freiheit noch genießen können …“
    „Freiheit? Ich weiß nicht recht …“
    Sie war ihm jetzt so ferngerückt wie eine flüchtige Bekannte, so fern, dass er nicht mehr sicher war, ob es jene gemeinsame Nacht auch wirklich gegeben hatte. Damals hatte sie wie eine vornehme Kurtisane ausgesehen, jetzt ähnelte sie einer verschüchterten, frisch entlassenen Klosterschülerin.
    Der Canal Grande verlief in Schlangenlinien, sodass sie zuerst nach Westen, dann ein kurzes Stück nach Süden und zuletzt nach Nordosten fuhren. Dort erhob sich am rechten Ufer der Palazzo Loredan und schon von weitem sahen sie, wie sich eine Gruppe Menschen an der Anlegestelle drängte. Einige Frauen winkten mit weißen Tüchern, die Herren standen mit verlegenen Gesichtern da und starrten der Gondel entgegen. Giordano half Caterina an Land, wo ihre Mutter sie sogleich stürmisch umarmte, während der Vater und die beiden Brüder sie steif auf die Wangen küssten. Freunde und Verwandte drängten

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