Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
war die Rede von den alten Römern, aber wir sind jetzt Christen und leben zum Teil nach anderen Vorstellungen.“ Er stand auf, verbeugte sich knapp und nach Kriegerart. „Donna Caterina, ich möchte um Eure Hand bitten!“
Manchmal dachte sie, in diesem Leben könne sie nichts mehr überraschen, aber nun war sie doch verblüfft.
„Wenn dies Euer Ernst ist, so müsst Ihr diese Frage meinen Eltern stellen.“
„Das versteht sich von selbst, doch zunächst stelle ich sie Euch.“
Sie zögerte etwas, schluckte ein paarmal und zum ersten Mal wandte sie beim Gespräch ihre Augen ab.
„Ihr habt mich derart überrascht, dass – dass ich Zeit zur Überlegung brauche. Ihr aber solltet bedenken, dass eine alles andere als jungfräuliche Braut für einen Mann Eures Standes …“
|211| „Ja, ja, ich verstehe schon.“
Sie spürte, wie er mit seinen anerzogenen Vorbehalten kämpfte, und dachte, die Venezianer seien da doch nicht so streng. Aber die Lombarden …
„Ihr könnt dann bei meinen Eltern vorstellig werden, aber jetzt sollten wir uns um das Nächstliegende kümmern. Ihr habt ja Euren Burschen mit der Nachricht weggeschickt, dass Ihr erst am Morgen wieder zum Dienst erscheinen werdet. So schlage ich vor, Ihr betrachtet mich bis zur Abreise noch als Messalina, die Hure, denn in Venedig werde ich wieder Donna Caterina, die Adelstochter sein.“
Sie klatschte in die Hände, ließ Wein und kalte Speisen bringen.
Giordano, als Truppenführer an feste Regeln gewöhnt, atmete auf. Nun hatte alles seine Ordnung und so aß und trank er kräftig, scherzte und alberte herum, erzählte ihr Geschichten aus dem Heiligen Land, verschwieg auch nicht sein Liebesabenteuer in Akkon.
Caterinas Augen begannen zu glänzen.
„Das war ja ganz schön mutig, sich mit einem Priester anzulegen.“
„Ein Mullah ist zwar kein Priester in unserem Sinn, genießt aber doch einiges Ansehen. Immerhin hat der Kaiser mein Verhalten gerügt.“
Sie lachte. „Und sich heimlich darüber gefreut, denke ich.“
Dann nahm sie die Laute und sang eine
canzona d’amore
im venezianischen Dialekt, während Giordano durch seinen Bericht so lebhaft an die Liebesstunden mit der Witwe Amina erinnert wurde, dass ihm das Blut in die Lenden schoss. Der scharf gewürzte Wein tat ein Übriges und ohne große Umstände lagen sie wenig später nackt in Caterinas Schlafkammer. Der Abscheu vor behaarten Männern hatte ihr schon manchmal zu schaffen gemacht, doch Giordano erwies sich als muskulös und glatthäutig, auch vermied er jede Hast. Sein geduldiges Küssen und Kosen erweckte in ihr – ein wenig staunte sie dann doch – das Verlangen nach Vereinigung. Giordano vollzog sie freudig und ungestüm, doch Caterinas Lust war eher von sanfter und behutsamer Art, blieb an der Haut haften, drang nicht tiefer. Helena hingegen hatte in ihr solche Stürme entfacht, dass ihr ganzer Körper zu zittern begonnen und sie für kurze Zeit zu schweben geglaubt hatte. Doch sie ließ Giordano den Unterschied nicht spüren, bäumte sich unter ihm lustvoll auf und ächzte und stöhnte, weil sie wusste, dass die Männer solche Äußerungen ihren eigenen Liebeskünsten zuschrieben.
|212| Da Caterina nun einmal diesen Weg beschritten hatte, wollte sie ihn auch zu Ende gehen. Helena war entsetzt, als sie von ihren Plänen hörte, auch weil sie niemals so richtig an Messalinas vornehme Herkunft geglaubt hatte. Die beiden Frauen sprachen kaum über ihre Vergangenheit, doch Helena vermutete, dass ihre Freundin in einem vornehmen Haus gedient und dann aus irgendwelchen Gründen die Flucht ergriffen hatte.
„Behandle Bruno gut“, gab sie ihr zuletzt als Ratschlag, „und verweigere ihm nicht einen gelegentlichen Platz in deinem Bett. Er ist der starke Arm in diesem Haus und du bist von nun an der Kopf.“
Nach einem tränenreichen Abschied, besonders auf Helenas Seite, bestieg die einstige Messalina, zurückverwandelt in die Adelstocher Caterina Loredan, eine geschlossene Sänfte, die sie zum Kloster Santa Maria brachte.
16
Im Kloster Santa Maria fabelte Giordano eine Geschichte zusammen von einer entfernten Verwandten aus Venedig, die er nach einem längeren Besuch in Forli in ihre Heimatstadt zurückgeleiten müsse. Er sah es der dicken Äbtissin mit ihren kleinen gierigen Augen sofort an, dass sie ihm kein einziges Wort glaubte. Ihr ging es nur um den Preis für das Gastzimmer und der war so hoch, dass man dafür in einer guten Herberge dreimal so lange hätte
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