Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
ihrem Haus ausrichtete. Lange hatte sie überlegt, wen sie aus ihrer Familie dazu einladen könnte, und war schließlich auf Federico verfallen, Galvanos ältesten Sohn, einen ruhigen, stillen Sechzehnjährigen. Es solle ein Fest der Jugend sein, ließ Bianca verlauten, und alle waren es zufrieden.
Annas Befürchtung, jemand könne sie während der kleinen Feier nach Eltern und Verwandten fragen, erwies sich als grundlos. Im Grunde ihres Herzens hätte sie es sich gewünscht, auch wenn sie dann zu einer Ausrede gezwungen gewesen wäre. Auch Bianca dachte daran, denn schließlich hatte sie Annas Eltern flüchtig gekannt, aber sie schob es einfach beiseite. Mit mir, dachte Anna stolz, beginnt ein neues Geschlecht und wenn mich meine Kinder nach den Großeltern fragen, dann werde ich sagen, sie seien schon lange tot.
Dass Giulia gegen die Feier etwas vorzubringen hatte, verstand sich von selber. Jeden erwachsenen Lancia, so drohte sie, der dieser Einladung folge, werde sie mit tiefer Verachtung strafen. War Federico mit sechzehn kein Erwachsener? Wie jede Mutter betrachtete Giulia ihren Erstgeborenen als Kind und würde es auch noch in zehn Jahren tun.
Federico schien ganz aus der Art geschlagen oder besser gesagt, er hatte zwei Generationen übersprungen und glich eher Don Bartolomeo, dem Urgroßvater. Er war belesen, an allem Geistigen interessiert und lehnte Wettkämpfe oder Waffenspiele ab. Freilich hatte er Zugeständnisse machen und eine kriegerische Grundausbildung durchstehen müssen. Seltsam genug: Er hatte sich dabei |271| nicht ungeschickt gezeigt, sodass seinem Onkel Giordano fast hörbar ein Stein vom Herzen fiel. „Es hätte mich schon gewundert“, ließ er verlauten, wenn ein Lancia in puncto Waffendienst mit zehn Daumen an den Händen geschlagen wäre.“
Bei der letzten Besprechung unmittelbar vor der Abreise versuchte Bianca ihren Bruder zu trösten. Giordano war es gelungen, seine wahren Empfindungen zu verbergen und den pflichtgetreuen Krieger zu spielen, der mit tapfer zusammengebissenen Zähnen seine holde junge Ehefrau zuhause lassen muss, sodass nicht einmal Bianca seine tatsächlichen Gefühle erkannte.
„Vielleicht dauert es nicht so lange und der Kaiser schickt dich von Padua gleich wieder nach Hause. Inzwischen trägt deine Frau ein Kind aus und bis zu seiner Geburt bist du längst zurück.“
Es verlockte ihn zu sagen, oh nein, das habe Zeit und der Dienst beim Kaiser sei ihm wichtiger, doch er fand eine andere Lösung.
„Verzeih, Bianca, aber diesmal geht die Stimme des Blutes vor. Du bist meine Schwester und ich würde es mir niemals vergeben, wenn dir unterwegs etwas zustieße, das ich hätte verhindern können.“
Bianca war gerührt und glaubte ihm.
Als wolle das Schicksal ihn verspotten und ihm zu verstehen geben, es wäre auch ohne ihn gut gegangen, verlief die eineinhalbwöchige Reise ohne die geringste Störung. Für den fast fünfjährigen Manfred war sie ein willkommenes Abenteuer, während die siebenjährige Costanza, anstatt mit einer Puppe zu spielen, mit Argusaugen über ihre eineinhalb Jahre alte Schwester Violante wachte. Dauernd redete sie dem Kindermädchen drein, das zu verschüchtert war, um einer kaiserlichen Prinzessin über den Mund zu fahren. Doch das waren Kleinigkeiten, und die lange Reise machte allen Beteiligten mehr Spaß als Kummer.
3
Aus Sicherheitsgründen nahmen sie einen kleinen Umweg über das ghibellinische Modena in Kauf, denn Bologna gehörte der Lombardischen Liga an. Das war auch bei Ferrara der Fall, doch der
podestà
und fast alle Stadtväter erwogen ganz nüchtern, dass der Kaiser aller Voraussicht nach diesen Krieg gewinnen werde, und |272| dann sehe es für eine Stadt sicher schlecht aus, die Donna Bianca mit ihren drei Kindern gefangen hielt.
So gelangten sie unbehelligt nach Padua, wo ihnen der
podestà
Ezzelino da Romano einen festlichen Empfang bereitete. Er galt als grausamer Gewaltherr, doch er war mit der Kaisertochter Selvaggia – ihre Mutter kannte niemand – verlobt und genoss Friedrichs uneingeschränktes Vertrauen. Der über dreißig Jahre alte Mann war eine stattliche Erscheinung von einiger Anmut, doch wer ihm ins Gesicht sah, musste erschrecken. Die schrägen, kalten, gelblichen Augen eines Reptils machten Bianca schaudern. Sein frostiges Lächeln drang niemals über die Lippen hinaus, die gelben Echsenaugen blieben davon unberührt.
Später fragte sie Anna: „Hast du seine Augen gesehen?“
„Arme
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