Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
unbedingt schreiben wollt, dann muss der Brief klingen, als mache ein verliebter junger Mann seiner Freundin Vorwürfe. Etwa so:
‚Geliebte, man hat mich an diesen einsamen Ort versetzt, während dein anderer Verehrer dir so nahe ist. Ich empfinde das als ungerecht, denn es müsste doch eher umgekehrt sein. Habe ich in deinem Herzen keinen Platz mehr? Aus der Ferne grüßt dich dein unsagbar trauriger‘ – dann folgt der Name.
Ich lasse es von einem Sprachkundigen ins Italienische übersetzen und sage, einer unserer Pagen hat sich in eine Italienerin verliebt, die ihm offenbar einen anderen vorzieht. Ihr müsst den Brief dann nur abändern und dazu reichen auch unsere Sprachkenntnisse. Das würde dann ungefähr so lauten:
‚Geliebter Gemahl, Ihr habt mich an diesen einsamen Ort versetzt, während Eure Konkubine Euch so nahe ist.‘ Das Folgende kann man lassen und am Ende heißt es: ‚Aus der Ferne grüßt Euch Eure unsagbar traurige Gemahlin Isabella‘.“
„Du bist ein Teufelsweib, Mary, und nie um einen Rat verlegen. Ja, so werden wir es machen.“
Isabella sorgte dafür, dass der Brief zusammen mit dem Bericht ihres Haushofmeisters auf den Weg ging. Aber wohin? Während des ganzen Jahres 1238 war der Kaiser ständig in Oberitalien unterwegs. So irrte Isabellas Brief von Stadt zu Stadt, bis der Bote den Kaiser auf dem Weg nach Parma einholte.
Eine andere Nachricht hatte ihn schon zuvor erreicht: Königin Isabella war Mutter eines gesunden Knaben geworden. Ihr Beschwerdebrief brachte ihn zum Schmunzeln. Nun, so dachte er, wird ihre Sorge eher dem Kind als Bianca gelten. Mit seinen Glückwünschen verband er den Namenswunsch Heinrich, als wolle er seinen in Kerkerhaft lebenden gleichnamigen Sohn damit vollends auslöschen und ihm einen kindlichen Nachfolger geben. Ganz bewusst hatte er die deutsche Namensform gewählt, wie sie der gestürzte König gebraucht hatte.
|277| Isabella nahm es zur Kenntnis, doch sie hatte andere Pläne gehabt. Die Freude über den Sohn hatte bei ihr schon wenige Tage nach seiner Geburt krankhafte Züge angenommen. Sie fantasierte sich für den Kleinen eine glänzende Zukunft zusammen, wobei sie jedes Maß verlor. So hatte sie die deutsche Namensform Karl gewählt, denn ihre hochfliegenden Gedanken sahen in ihrem Kind den Herrscher über ganz Europa, der in Aachen festen Schritts den Marmorthron des großen Karl einnahm und von dort über ein geeintes, friedliches christliches Europa herrschte. Nun aber kam Friedrichs Namenswunsch und sie musste gehorchen, doch sie fügte „ihren“ Namen als zweiten an, also Heinrich Karl. Der Kaiser hatte nichts dagegen und beließ es bei der ironischen Anmerkung: „Ein zweiter Karl der Große wird wohl nicht aus ihm werden und so nennen wir ihn lieber Carlotto.“ Dabei blieb es dann und auch als erwachsener Mann firmierte er unter Heinrich Carlotto.
Wegen der örtlichen Nähe hatte Bianca als Erste von Isabellas Niederkunft erfahren und den Plan gefasst, ihre Glückwünsche persönlich zu überbringen. Es hatte nicht an Warnungen gefehlt. Giordano in seiner jähen Art schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
„Bei allen Heiligen! Sie ist Friedrichs legitime Gemahlin und wird dich sofort hinauswerfen. Ich wenigstens würde es tun, wenn ich sie wäre.“
„Das glaube ich dir aufs Wort. Aber du bist nicht sie und ich kann mir denken, dass Isabella neugierig genug ist, die Konkubine ihres Gemahls kennenzulernen. Wir sind seine Familie“, fügte sie leise, doch mit Nachdruck hinzu.
Auch Anna, sonst mit ihrer Herrin fast immer einer Meinung, meldete Bedenken an.
„Das ist fast, wie mein Vater immer sagte, als begäbet Ihr Euch in die Höhle des Bären. Er kann satt sein und vor sich hindösen, dann dreht er sich um und brummt nur unwillig. Er kann aber auch zornig oder hungrig sein und dann schlägt er zu und zeigt seine Zähne.“
Bianca hob die Achseln. „Ein etwas schiefer Vergleich. Was kann sie mir schon antun? Wenn sie klug ist, begegnet sie mir mit Achtung, denn letztlich wird es auf sie zurückfallen, wenn sie mir die Zähne zeigt.“
|278| „Seid Ihr Euch dessen so sicher? Sie hat jetzt einen Sohn und das verleiht ihr Stärke.“
„So, meinst du? Was ich dir jetzt sage, wirst du vielleicht nicht ganz verstehen. Königin Isabella hat mit ihrem Kind Friedrichs politische Lage gestärkt. Es brächte den Kaiser in eine fatale Lage, wenn Konrad vorzeitig stürbe. Alle seine anderen Söhne sind illegitim und scheiden als
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