Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
erstorben und es herrschte eine stickige Schwüle. Vom Flussufer kamen die Schnaken in dichten Schwärmen, um von den im Freien versammelten Menschen den Blutzoll zu fordern, doch die Diener hatten ein enges Gatter brennender Fackeln um die im Garten gedeckten Tische aufgestellt.
Giordano führte seine Schwester zum Tisch, an dessen Stirnseite ein erhöhter Sessel wie eine Art Thron die anderen Stühle überragte. Die Königin blickte ihren Gästen entgegen und selbst das unruhige Flackerlicht der zahlreichen Fackeln konnte ihrer Schönheit nichts anhaben. Wie eine blonde Fee thronte sie auf dem vergoldeten Sessel, ja, es machte eher den Eindruck eines elfenhaften Schwebens, denn an ein profanes Sitzen mochte man bei dieser nahezu überirdischen Erscheinung nicht denken. Sie trug ein goldfarbenes Unterkleid, von dem nur die Ärmel zu sehen waren, doch das leuchtende Blau des Überkleides verlor in der vom Feuerschein erhellten Nacht seine Wirkung. Das blonde Haar floss wie ein goldener Strom über die zarten Schultern; die schmale, von Edelsteinen funkelnde Lilienkrone |291| war kaum zu übersehen, doch die jugendfrische, strahlende Schönheit der Königin lenkte die Blicke von ihr ab, ebenso wie von der prächtigen Kette aus taubeneigroßen Saphiren, die um ihren schlanken Hals lag.
Bianca versank in einen nicht allzu tiefen Hofknicks, Giordano küsste kniend die vorgestreckte Hand. Die Stimme der Königin schmälerte etwas ihre königliche Schönheit, denn sie klang schrill, ein wenig zu laut und das fehlerhafte, stockende Italienisch machte es auch nicht besser.
„Willkommen an meinem kleinen Hof, Graf Lancia, und ebenso Ihr, Donna Bianca. Schon länger wollte ich Euch kennenlernen, doch fehlte es an Gelegenheit.“
Bianca hob bedauernd beide Hände.
„Mir erging es ebenso, Majestät, doch nun hat die Geburt des Prinzen unseren Besuch zur Pflicht gemacht. Mit von Herzen kommenden Glückwünschen für Prinz Heinrich Carlotto möchte ich Euch ein kleines Geschenk überreichen.“
Sie streckte das Päckchen mit dem Korallenkreuz hin, doch die Königin winkte einer Hofdame, die es entgegennahm. Nun durften sie sich setzen und ein neutraler Beobachter der beiden Frauen hätte beim ersten Blick den Eindruck gewinnen müssen, eine graue Maus sitze zu Füßen einer elfenhaften Lichtgestalt. Ein zweiter, vielleicht längerer und näherer Blick ließ erkennen, dass die Maus so grau nicht war, sondern nur bescheiden gekleidet. Ihre warme dunkle Stimme ließ aufhorchen, während es einen wunderte, dass aus Isabellas schönem Mund so schrille Töne kamen. Ob bewusst oder unbewusst, jedenfalls hielt Bianca ihre rechte Hand so, dass der Smaragd im Flackerschein der Fackeln aufleuchtete und nicht zu übersehen war. Isabella hatte das kostbare Schmuckstück sofort bemerkt und es brauchte nicht viel Fantasie, um sich den Geber vorzustellen. Krampfhaft überlegte die Königin, ob und wie sie den Ring erwähnen sollte. Bianca an ihrer Stelle hätte ihn einfach unbeachtet gelassen, doch Isabella dachte anders und sie war gesonnen, den Wert des Ringes irgendwie zu schmälern oder herabzuwürdigen. Doch dazu fehlte ihr der bewegliche Geist, auch gebrach es an Fantasie und Sprachkenntnissen.
Das Gespräch plätscherte inzwischen so dahin, am Nebentisch saß Anna mit zwei Hofdamen, dem ersten Sekretär und dem Zeremonienmeister. Die Speisen, zum Glück von italienischen Köchen |292| zubereitet, waren köstlich: verschiedene Fische aus der Brenta, gebraten, gekocht und gedünstet, danach mit Kräutern gefüllte Schnepfen und Wachteln am Spieß. Dazu wurde dreierlei Brot gereicht und in großen Schüsseln häuften sich frische Salate, die im feuchten und milden Klima des Friuli prächtig gediehen. Übrigens waren auch zwei Eunuchen zugegen, doch sie saßen außerhalb des Lichtkreises und waren quasi unsichtbar.
In Isabellas Kopf rumorte es, sie wirkte zerstreut und wenig aufmerksam, doch dann glaubte sie, den Weg gefunden zu haben, wenn sich auch später erwies, dass es der falsche war. Die Königin tupfte sich den Mund ab und nahm einen kräftigen Schluck des hier gedeihenden leichten spritzigen Weißweines.
„Euer Ring ist ein prächtiges Juwel, Donna Bianca – wohl ein Erbstück?“
„Kein Erbstück, Majestät, ein Geschenk.“
„So, so, ein Geschenk.“ Am englischen Hof gab es einige größere
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und jeder verkörperte den Wert eines Landgutes. „Darf ich ihn näher betrachten?“
Bianca zog den Ring ab und
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