Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
nicht, doch wir müssen annehmen, dass Bianca nach wie vor in seiner Gunst steht. Sie zu verletzen hieße ihn zu verletzen …“
„Mag sein, aber die Rangunterschiede zählen schon auch. Vielleicht solltet ihr beide euch wie Gäste des Kaisers benehmen?“
Isabella lachte unfroh.
„Ja, schon, aber wird sie es auch tun?“
Wer etwas Unbekanntes in seine Überlegungen mit einbezieht, sollte auf alles gefasst sein. Bianca stellte solche Betrachtungen nicht an. Sie hatte beschlossen, alles zu tun, um den Gast – für sie war es einer – zufriedenzustellen, im Übrigen aber den Dingen ihren Lauf zu lassen. Dass Isabellas Gefolge, ohne lange zu fragen, im „Garten Eden“ die Zelte errichtet und dabei etliche Sträucher zerstört und den Rasen zertrampelt hatte, nahm sie schweigend hin. Ihr mutiger Gärtner hatte dagegen protestiert und war von einem englischen Captain mit dem Schwertknauf niedergeschlagen worden, was ihn drei seiner sieben noch vorhandenen Zähne gekostet hatte. Bianca ließ ihm fünf
grossi
überreichen mit dem Befehl, vorerst stillzuhalten.
|352| Zwischen den Zelten wurden Tische und Bänke aufgestellt, wobei Bianca darauf achtete, dass ein „königlicher“ Sessel an der Stirnseite des kleinen Tisches stand. Sie machte sich keinerlei Gedanken darüber, wer nun wen zu Tisch geladen hatte, sondern überließ es der Königin, an ihre Tafel zu bitten, wen immer sie wollte.
Schon aus Klugheit wollte Isabella es vermeiden, Bianca vor aller Augen bloßzustellen, und bat sie mit Costanza an ihren Tisch, wo auch ihre Zofe Mary, zwei vertraute englische
courtiers
und Don Tommaso Platz genommen hatten. Nun konnte sich aber Bianca nicht erinnern, den Hofkaplan geladen zu haben. Sie blickte den dicken Priester erstaunt an.
„Don Tommaso? Ich glaube, da handelt es sich um einen Irrtum, denn ich wüsste nicht, dass …“
Isabella unterbrach sie mit einer herrischen Geste.
„Ich habe Don Tommaso als Hofkaplan zu Tisch gebeten. Das gehört sich so!“
„Ja, gewiss, auch bei Tisch ist ein geistlicher Beistand nicht zu verachten.“
Isabella runzelte ihre sonst so glatte Stirn und blickte Bianca unschlüssig an.
„Wie ist das zu verstehen?“
„Wie ich es gesagt habe, Majestät.“
Don Tommaso verneigte sich in Richtung der Königin.
„Darf ich dazu etwas …?“
„Ja?“
„Vielleicht nimmt Donna Bianca Bezug auf unsere Gespräche, die sich ja möglicherweise in eine religiöse Richtung bewegen könnten. Wenn dann ein Priester mit am Tisch sitzt, ein Fachmann sozusagen …“
Bianca nickte mehrmals.
„Ja, ja, ich verstehe“, erwiderte Isabella. Es klang etwas ungeduldig.
Inzwischen ließ der Koch den ersten Gang auftragen, eine süßsauere Kürbissuppe mit Rahmflöckchen, bestreut mit Pfeffer und Zimt.
Die Königin nickte anerkennend.
„Ein etwas seltsamer Geschmack, trotzdem köstlich. Jetzt freue ich mich auf den Fisch!“
Bianca lächelte frostig.
|353| „Es gibt keinen Fisch, Majestät, nicht um diese Jahreszeit. In Foggia wäre das kein Problem, hier aber sind die Flüsse ausgetrocknet und für Seefische ist der Weg zu weit. Einen
baccalà
wollten wir Euch nicht zumuten.“
„Was soll das sein?“
„Die werden im Meer gefangen, dann an Land gesalzen und getrocknet. Zur Zubereitung muss man sie stundenlang wässern, aber wie gesagt, der Geschmack ist etwas befremdlich.“
Isabellas Augen sprühten Spott.
„Ihr scheint ihn immerhin zu kennen – na ja. Trotzdem, zu einer festlichen Mahlzeit gehört Fisch! In England wäre es unmöglich, dass …“
„Wir sind hier nicht in England.“ Es klang ruhig und bestimmt.
„Ihr wagt es, mir in die Rede zu fallen – mir, der Königin?“
„Verzeiht, aber ich wollte nur einiges richtigstellen.“
„Ah, so nennt Ihr das! Dann lasst auch mich einiges zurechtrücken. Zwar dürft Ihr dem Kaiser vorläufig und gleichsam auf Widerruf das Bett wärmen, doch mit mir ist er an den Altar getreten – ich bin die Frau an seiner Seite und mein Sohn steht in der Thronfolge an zweiter Stelle.“
Sie sprach jetzt im Bewusstsein einer neuen Schwangerschaft, die sie aber vorerst verschwieg. Erst wenn das Kind gesund zur Welt gekommen war, sollte Bianca davon erfahren. So sprach sie in spöttisch-hochnäsigem Ton weiter.
„Ihr braucht Euch also um weitere Bälger nicht zu bemühen, denn aus Bastarden kann nicht viel werden, sie müssen sich mit den unteren Rängen begnügen. Auch sollte Euch bewusst sein, dass Ihr hier nur geduldeter
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