Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
Vom Netzwerk:
Don Tommaso zu sich. Zum Glück konnte sie nicht nur auf vage Verdachtsmomente bauen, sondern auf die Aussage des Dompfarrers, der es für seine Pflicht gehalten hatte, Bianca über die verräterische Empfangsrede zu informieren, die Don Tommaso vor der Kirche gehalten hatte und wo von „den Klauen böser Mächte“ die Rede gewesen war, aus denen man den Kaiser befreien müsse. Außerdem war es ihm nicht entgangen, dass von Zeit zu Zeit ein reisender Prälat den Hofkaplan besuchte, der, danach gefragt, etwas von einem Verwandten murmelte. Sie wollte ihm keinen Augenblick Besinnung gönnen, ihn gleich mit den ersten |358| Worten angreifen. Sie hatte sich absichtlich auf die Fensterbank gesetzt, weil sie dort im Gegenlicht undeutlich blieb.
    „Gott zum Gruße, Donna Bianca.“
    Sie ließ ihn dort stehen, grüßte nicht und bot keinen Platz an.
    „Ihr seid ein Verräter, Don Tommaso“, sagte sie ruhig und bestimmt und setzte schnell hinzu: „Ein Verräter, der den Kaiser hintergeht.“
    Sie sah, wie ihm der Schweiß ausbrach und die kleinen, in Fettwülste gebetteten Augen zu flackern begannen.
    „Aber Donna Bianca, das ist doch …“
    „… die Wahrheit – ja, leider. Ihr seid ein
spione
des Papstes und liefert regelmäßig Berichte an einen angeblichen Verwandten. Nun möchte ich gerne wissen, was Ihr mit der Königin zu reden hattet.“
    Der Schweiß tropfte von seinem Doppelkinn, das zu zittern begann, als sei es lebendig geworden.
    „Nun, Donna Bianca, also die Königin wollte – Ihre Majestät bat mich – bat mich …“
    „Nein, Don Tommaso, sie bat nicht, sie wurde gebeten, und zwar von Euch. Also hattet Ihr der Königin etwas zu sagen oder vorzuschlagen und ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich der Gegenstand dieses Gesprächs war.“
    „Ja, schon, aber es ging nur um allgemeine Dinge, eigentlich Belanglosigkeiten.“
    „Und wegen solcher
bagatelle
wagt Ihr es, die Königin zu belästigen?“
    Die unförmige Gestalt des Priesters begann zu schwanken, seine gehetzten Augen suchten eine Sitzgelegenheit. Bianca bemerkte es, doch sie reagierte nicht.
    „Ich möchte die Wahrheit wissen, Don Tommaso! Vielleicht braucht Ihr Zeit, um in Ruhe darüber nachzudenken.“
    Sie rührte die Tischglocke und, als hätte er draußen schon gewartet, trat der Capitano Don Gentile ein.
    „Bis der Kaiser entschieden hat, wird Don Tommaso wegen Verdachts des Verrats festgesetzt.“
    „Aber Donna Bianca, Ihr könnt doch nicht …“, weinerlich und schrill klang seine Stimme.
    „Ich kann sehr wohl“, sagte Bianca und wandte sich ab.
    Am selben Tag schrieb sie eigenhändig an Friedrich einen Bericht über die Vorkommnisse, verschwieg auch nicht den streiterfüllten Besuch der Königin.
    |359| Als Don Tommaso in seinem fast lichtlosen Kerker auf einem stinkenden Haufen von Stroh saß, wurde ihm so deutlich wie nie, dass Meister Scotus in allem Recht hatte. Ja, Donna Bianca war seit Jahren eine Teufelsdienerin und übte satanische Künste aus. Mit Manfred hatte sie den künftigen Antichristen geboren, der die ganze Christenheit täuschen würde, bis ihm die Weltherrschaft sicher wäre. Freilich, auch seine Zeit war begrenzt, doch für die Menschen würde sie lange dauern, über viele Generationen hinweg. Und wieder erschien ihm das furchtbare Bild vor Augen, das Scotus heraufbeschworen hatte: Unter den sieben Leibdienern Satans zeichnete Incubus sich in seiner menschlichen Gestalt als Mann von Anmut und Kraft aus. Er erinnerte sich an jedes Wort, das Scotus darüber gesagt hatte: „Incubus trägt den teuflischen Samen in sich und wird in der Gestalt des Kaisers Donna Bianca beigelegen haben.“ Und somit zeugte er den Antichristen, der in Manfreds auffallend anmutiger Erscheinung heranwuchs. Scotus hatte ihm sterbend aufgetragen, den Kaiser über diese Zusammenhänge aufzuklären. Er hatte es versucht, war gescheitert und sollte es wohl ein zweites Mal versuchen. Hatte ihm der päpstliche Prälat nicht ein Bistum im sicheren Kirchenstaat in Aussicht gestellt? Damit war es nun vorbei, denn der Kaiser würde auf Donna Bianca hören und am Vorwurf des Hochverrats festhalten. Ein unmäßiger Hunger überfiel ihn, doch das steinalte Stück Brot war längst verzehrt und mehr würde es hier nicht geben. Da begann Don Tommaso zu beten, aber es kam nur ein Gemisch aus Pater Noster, Ave Maria sowie den Gebeten gegen Verfolger und dem Gebet „In jeglicher Bedrängnis“ heraus; er verhaspelte sich und brach schließlich in

Weitere Kostenlose Bücher