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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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Kaiser war das sehr recht, denn der neue Papst zählte zur „Friedenspartei“, einer um Ausgleich bemühten Gruppierung.
    Das waren nun die Ereignisse in der großen Welt, doch auch in der kleinen auf dem Gebiet des Tavoliere gab es einige Veränderungen.

10
    Friedrich hatte während der langen, fast zwei Jahre dauernden Sedisvakanz – Coelestins kurzes Pontifikat nicht gerechnet – mehrmals den Plan gefasst, nach Apulien zu reisen; doch die Nachrichten aus dem Konklave hielten ihn immer wieder zurück und er wollte in der Nähe des künftigen Papstes sein, wie immer die Wahl auch ausging.
     
    |362| Dass die heißen Liebesnächte Frucht tragen würden, hatte Isabella gespürt und so war es dann auch. Beim Besuch in Melfi hatte sie wohlweislich verschwiegen, was jetzt im achten Monat so offenbar wurde, dass sogar die Eunuchen ihren Wachdienst lockerten. Eine Königin, die das Kind ihres Gemahls austrug, war aus naheliegenden Gründen zu einer folgenreichen Untreue nicht mehr imstande. Nach den Erfahrungen ihrer ersten Schwangerschaft hätte das Kind im fünften Monat die ersten Lebenszeichen geben müssen, doch nichts regte sich. Die beruhigenden Worte ihrer Zofe Mary konnten nicht verhindern, dass sie sich Sorgen machte, die mit jeder Woche drängender wurden. Die zugezogenen Ärzte zeigten sich ratlos und führten gelehrte lateinische Gespräche, die unterschiedliche Ergebnisse brachten. Nur eine erfahrene Hebamme erkannte die bittere Wahrheit und sprach sie aus.
    „Euer Kind ist tot, Signora, kommt es nicht bald ans Licht, so wird es in Eurem Leib verfaulen und Euch schlimmstenfalls das Leben kosten.“
    Ja, die alte kundige
levatrice
redete nicht viel darum herum, denn ihrer Erfahrung nach war es schlimmer, immer wieder vergebliche Hoffnungen zu nähren. Lieber gleich die Wahrheit sagen und die Frauen ermuntern, nach vorne zu blicken. Isabella verschloss sich diesem Rat nicht, denn schließlich war sie erst Mitte zwanzig und konnte durchaus noch weitere Kinder gebären. Die Hebamme riet:
    „Ihr müsst jetzt Euren Sinn auf die eigene Gesundheit richten. Das tote Stück Fleisch muss raus!“
    Da waren sich zwar alle einig, sogar die Herren Medici. Aber wie den Körper dazu bewegen, das tote Kind abzustoßen? Natürlich kannten die Ärzte das geeignete Mittel, um vorzeitige Wehen zu bewirken, nämlich
secale cornutum
, hierzulande auch
sprone
genannt. Der Hebamme war dieses Mittel durchaus vertraut, doch sie winkte ab.
    „Das Zeugs ist zu gefährlich! Der König würde uns lebendig braten, wenn die Signora dadurch zu Tode käme.“
    Obwohl man es ihr beigebracht hatte, Isabella mit Majestät anzureden, blieb sie bei dem gewohnten „Signora“, das im Süden auch für hochgeborene Frauen verwendet wurde.
    Was sollten sie jetzt tun? Hätten sie Friedrich besser gekannt, so wären sie weniger besorgt gewesen, denn er besaß ein hohes Vertrauen |363| zu richtig angewandten Arzneien, während er Heilzauber und dergleichen für abergläubischen Unfug hielt.
    Nun äußerte Isabella plötzlich den Wunsch, Donna Bianca zu sehen.
    „Wozu soll das gut sein?“, fragte die Zofe. „Die
mistress
hat gewiss ihre eigenen Sorgen und will nicht …“
    „Ich möchte sie sehen!“
    Isabella nannte keine Gründe, vielleicht weil sie sich schämte, die
mistress
um Rat zu fragen. Genau das wollte sie aber, bewegt von dem Gedanken, die überaus kluge – ja, das hatte sie schon erkannt – Bianca würde ihr in der Not beistehen können.
     
    Im November wurde es auf dem hoch gelegenen Kastell zu Melfi recht ungemütlich. Fast jeden Tag fauchten böige, eiskalte Winde um die Burg, als seien sie entschlossen, sie vom Berg zu fegen. In dieser Zeit eignete sich ein eher kleiner, im Untergeschoss des Palas nach Süden gelegener Raum für längere Aufenthalte. Ein mächtiger, Tag und Nacht brennender Kamin verströmte eine behagliche Wärme, die auch der anschließenden Kammer zugutekam, die den Kindern zum Spielen diente – oder dienen sollte.
    Costanza, das Weihnachtskind, sollte im nächsten Monat ihren zwölften Geburtstag feiern, während Manfred vor kurzem das achte Lebensjahr erreicht hatte. Violante, gerade sechs, nutzte das Zimmerchen für ihre ruhigen, fast lautlosen Spiele, während Costanza lieber bei der Mutter saß und sie mit neugierigen Fragen in Atem hielt. Bianca erwartete täglich mit einigem Bangen die Nachricht von Costanzas Frauwerdung, denn ihr selbst würde der Abschied von deren Kindheit vielleicht noch

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