Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
Tränen aus.
Die Antwort des Kaisers auf Biancas Brief enthielt auch die Nachricht vom Tod des Papstes.
„
Cara amica
,
mia unica
, ja, endlich ist es Wahrheit geworden und Gott hat seinen unwürdigen Stellvertreter – so hoffe ich wenigstens – zu sich gerufen. Auch ich bin hier in den Sabiner Bergen dem Himmel etwas näher gerückt, doch nur in der schnöden Absicht, der römischen Hitze zu entgehen. Ich werde einige Wochen abwarten, denn es könnte ja sein, dass der Heilige Geist sich schnell für einen Nachfolger entscheidet. Die Spitzeldienste des Hofkaplans waren mir übrigens längst bekannt und was er nach Rom |360| hatte melden können, waren Belanglosigkeiten. Ich entlasse ihn aus meinen Diensten und verurteile ihn zu einer schlimmen Strafe: Er soll nach Rom gehen und das Konklave beobachten.
Dort herrschen zurzeit die schlimmsten Zustände, denn der verstorbene Papst hatte vor einigen Monaten dem Senator Orsini – er hasst mich aus ganzer Seele – weitgehende Machtbefugnisse eingeräumt. Wie ich erst gestern erfuhr, hat dieser machtbesessene Mann kurzerhand die zehn in Rom weilenden Kardinäle in einem baufälligen Palast einperren lassen mit dem Hinweis, schleunigst einen kaiserfeindlichen Papst zu wählen. Auf meiner Seite steht nun Giovanni Colonna, dazu einige um Ausgleich bemühte Kardinäle. Die Mehrheit ist wohl gegen mich und so werde ich meinen Kampf mit dem Lateran leider auch künftig fortsetzen müssen. Ich warte noch einige Wochen ab, dann werde ich diesem Schreiben nachreisen.
Was nun Isabellas Besuch betrifft, so bist Du ein Opfer der Umstände geworden, die den Boten einige Tage festhielten. Sie wird wohl künftig in Foggia bleiben müssen, während meine wirkliche Familie in Melfi auf mich wartet. So umarme ich Dich und die Kinder recht herzlich und freue mich auf ein Wiedersehen.“
Als dieses Schreiben in Melfi eintraf, kam Don Tommaso gleich am nächsten Tag frei. Don Gentile teilte ihm seine Entlassung aus dem Hofdienst mit und fügte mit spöttischer Miene hinzu:
„Was Eure Abreise nach Rom betrifft, so werde ich ihren Vollzug persönlich überwachen, und ich gebe Euch den guten Rat: Es sollte schnell gehen!“
Schon im Gefängnis hatte der einstige Hofkaplan einiges an Gewicht verloren, doch als er in Rom ankam, hingen die Kleider an ihm wie leere Säcke. Der Kaiser hatte schon Recht: Sich um diese Zeit in Rom aufhalten zu müssen, war eine harte Strafe. Die hitzegepeinigten Menschen vernahmen mit geduckten Köpfen die schlimmsten Gerüchte, von denen sich bald herausstellte, dass es keine waren: Was unglaublich schien, entpuppte sich als bittere Wahrheit.
Der Senator Orsini wütete wie ein Berserker und behandelte die Kardinäle wie Schwerverbrecher. Als die zehn während des ganzen Septembers nicht zu einer Zwei-Drittel-Mehrheit fanden, ließ er sie unter Faustschlägen und Fußtritten in einen Kerker werfen. Es wurde ihnen mitgeteilt, dass sie so lange eingesperrt bleiben würden, |361| bis eine gültige Wahl zustande käme. Bald waren die meisten von ihnen erkrankt, litten an Fieber und erbrachen das kaum genießbare, halb verdorbene Essen. Ärztliche Hilfe oder bessere Kost wurde ihnen verweigert. Die Wächter wurden dazu angehalten, ihre Notdurft auf der löchrigen Decke des Kerkers zu verrichten, sodass auf die verzweifelten alten Herren von Zeit zu Zeit ein Regen von Urin und Kot herabfiel. Nach einigen Wochen starb der englische Kardinal Somercote, was die anderen dazu veranlasste, ihre Stimmen einem dem Senator Orsini nicht genehmen Kandidaten zu geben. Der drohte ihnen damit, Papst Gregors Leiche wieder auszugraben und sie in ihrer Mitte auf einen Stuhl zu setzen. Vielleicht sei der Verwesungsgeruch imstande, ihre steinernen Herzen zu erweichen. In ihrer Verzweiflung wählten die nun ausnahmslos erkrankten Kardinäle den Bischof von Sabina, der sich Coelestin IV. nannte und siebzehn Tage später starb. Doch er fand noch Zeit, den Senator Orsini für sein brutales Vorgehen mit dem Kirchenbann zu belegen. Die Kardinäle kamen frei, ergriffen schleunigst die Flucht und setzten das Konklave in dem Städtchen Anagni fort, das nahe der Grenze zum Königreich Sizilien lag. Sie sandten eine Delegation zum Kaiser und erbaten die Freilassung der zwei von ihm gefangen gesetzten Kardinäle, um der Wahl mehr Gewicht zu verleihen. Friedrich sah dies ein und bald darauf fiel die Wahl der Eminenzen einstimmig auf Sinibald Fieschi, der den Namen Innozenz IV. annahm. Dem
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