Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
Vom Netzwerk:
Zorn des Kaisers von sich abzulenken. Obwohl Friedrich kein Wort davon glaubte, regte sich in ihm ein seltsamer Verdacht. Bianca musste sich doch sagen, dass die um einige Jahre jüngere und äußerlich wesentlich attraktivere Isabella ihn auf die Dauer mehr fesseln würde als sie selber, die auf den ersten Blick eher unscheinbare Bianca, die sich als Mutter von drei Kindern jetzt mehr zur Matrone eignete. Sein scharfer Intellekt protestierte sofort. Das sind allein deine Gedanken, Friedrich, denen du die Zügel hast schießen lassen. Nimm sie wieder, wie es doch deine Art ist, scharf an die Kandare. Lässt du sie ausbrechen, so gewinnen sie ein bedenkliches Eigenleben und entgleiten deiner Hut. Friedrich nickte mehrmals, als stimme er der Sprache der Vernunft zu. Er wusste ja, dass ein zuerst harmloser Zweifel sich aufblähen und zur Hydra werden konnte, der, so sehr man sie auch bekämpft, in kurzer Zeit unzählige Köpfe wachsen.
     
    So ließ er den vor Schreck schon halb toten Arzt frei, nahm in Andria am Requiem für Isabella teil und erreichte wenige Tage vor Weihnachten Melfi. Hier sprach er mit Bianca in aller Ruhe über die Ereignisse in Foggia. Bianca stellte den Ablauf so dar, wie sie ihn selber erlebt hatte.
    |372| „Dass Isabella in ihrer Not ausgerechnet mich um Hilfe rief, kann ich mir nur so erklären, dass sie aus mir unbekannten Gründen einer Bianca Lancia eher traute als allen anderen. Vielleicht hat sie mich als einen Teil von dir gesehen oder einfacher gesagt: Du warst nicht greifbar, ich aber wohnte in der Nähe. Ich weiß, wie absurd das klingt, doch Menschen in höchster Not verhalten sich nicht immer vernünftig.“
    Friedrich musste ihr Recht geben und es stellte sich fast sofort ihre alte, vielfach bewährte Seelenfreundschaft wieder ein, doch seine Sinne blieben stumm. Durch die Blume gab er ihr zu verstehen, dass er zunächst seine Trauer über Isabellas unerwarteten Tod zu verarbeiten habe. Ob das nun stimmte oder nicht, Bianca sah darin weniger die Trauer um einen geliebten Menschen, sondern eher den Schmerz, eine schöne, fröhliche und gewiss auch leidenschaftliche Bettgefährtin verloren zu haben.
    Der liebe und zarte Heinrich Carlotto wurde sofort mit Begeisterung in die Familie aufgenommen. Für Violante war er der im Stillen ersehnte kleine Bruder, den es nun zu umsorgen und zu bemuttern galt.
    Anna gebar ihr erstes Kind, eine Tochter, wenige Tage nach dem Dreikönigsfest und schied für eine Woche aus Biancas Diensten aus. So ganz passte ihr das nicht, denn sie war der festen Überzeugung, dass nur sie allein genau über Biancas Bedürfnisse Bescheid wusste. Ihre Rolle übernahm mit Hingabe und Geschick Costanza, die ohnehin eine starke Neigung zu praktischen Tätigkeiten besaß.
    Es waren stille und friedliche Tage, die Friedrich mit seiner Familie im alten und dann im neuen Jahr verbrachte. Mit Bianca führte er lange Gespräche über Gott und die Welt, wobei Ersterer etwas zu kurz kam. Gott, so sagte er einmal, sei für ihn kein fester, sondern ein allumfassender Begriff.
    „Da thront nichts über den Wolken, das die Welt und ihre Bewohner im Auge hätte oder sich Sorgen um die eigene Schöpfung machen würde. Diese ungeheuere universelle und unser Denken sprengende Macht hat hier auf Erden etwas in Gang gesetzt, das wir Menschen dann weiterbetreiben müssen. Gott hat wohl in Kauf genommen, dass die Menschheit im Laufe ihrer Entwicklung die unterschiedlichsten Lebens- und Glaubensformen annimmt. Kaum hatten die Juden sich unter allerlei Schwierigkeiten zum Glauben an den einen Gott durchgerungen, traten schon zahlreiche Propheten |373| auf, die dies oder das lehrten, befahlen oder für verboten erklärten. Warum unter ihnen am Ende Jesus und Mohammed die meisten Anhänger gewannen, wäre eine gründliche Untersuchung wert. Aber so oder so, auch ihre Anhängerschaft spaltete sich auf, es gibt römische und orthodoxe Christen, es gibt Schiiten und Sunniten, zudem blühen im Verborgenen wohl zahlreiche Irrlehren. Dabei gibt es nur eine Bibel, einen Koran, doch beide enthalten unklar formulierte, manchmal auch widersprüchliche Textstellen. Damit mögen sich andere befassen, ich bin Kaiser und kein Papst.“
    „Den es nach wie vor nicht gibt“, meinte Bianca.
    Friedrich lächelte.
    „Ach, wer weiß, vielleicht wird in diesem Augenblick einer gewählt.“
     
    Davon war man leider noch sehr weit entfernt, doch andere Nachrichten waren geeignet, den Kaiser zu beunruhigen. Der

Weitere Kostenlose Bücher