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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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dreimal?“
    „Zweimal.“
    Anais blickte sich erschreckt um. War das Jolandas Stimme gewesen? Aber sie saß noch immer mit geschlossenen Augen da und schien tatsächlich zu schlafen.
    „Hast du etwas gesagt, Jolanda?“
    Die trüben Augen öffneten sich einen Spalt.
    |119| „Zweimal, habe ich gesagt. Einmal durfte ich den Kaiser nach Palermo begleiten und im Sommer vorigen Jahres war ich mit ihm in Brindisi. Da wurde dieses Kind gezeugt.“
    Sie legte eine Hand auf ihren aufgetriebenen Leib, doch ohne Zärtlichkeit, nur um das Gesagte zu unterstreichen. Anais wagte nicht zu fragen, ob Jolanda ihr Selbstgespräch gehört und alles verstanden hatte. Mühsam und leise ächzend erhob sich die Königin.
    „Ich möchte ins Haus zurück.“
    Anais sprang auf und stützte sie sorgsam. Es war später Nachmittag geworden, der Wind lebte auf und sauste fauchend um das auf einer Anhöhe gelegene Kastell. Anais ließ die Läden vor den Fenstern schließen, nur das mit einer dünn geschliffenen Alabasterscheibe versehene Fenster blieb offen und wandelte das grelle Licht der nachmittäglichen Sonne in einen blassgoldenen Schein.
    Eine Dienerin hatte das Bett aufgedeckt und Anais legte zwei Kissen unter Jolandas Kopf, wie sie es liebte, wenn sie nicht schlafen wollte. Kaum war die
serva
draußen, begann die Königin mit heiserer Stimme zu reden.
    „Ja, Anais, ich habe alles gehört, was du mir, oder vielleicht dir selber, erzählt hast. Auch wenn wir nur zweimal länger zusammen waren, weiß ich mehr über den Kaiser, als du denkst. Schon vor der Hochzeit ahnte ich, dass ich nicht die Frau seines Herzens, sondern nur Mittel zum Zweck war. Mit mir hat er die Krone von Jerusalem geheiratet und das hätte er auch getan, wenn ich hässlich und älter gewesen wäre. Auch einen Buckel oder einen Klumpfuß, schielende Augen und fehlende Zähne hätten ihn nicht daran gehindert, denn der Glanz dieser Krone überstrahlte alles andere. Dass Friedrich seine Hochzeitsnacht bei dir verbrachte, ist mir bekannt, ebenso dass er dich weiter als seine Geliebte hielt. Glaube nur ja nicht, dass diese Tatsache Zorn, Eifersucht, Neid oder ähnliche Regungen in mir erweckt hätte. Ich lege keinen großen Wert auf ein Beilager mit Männern, musste es aber hinnehmen, um der Jerusalemer Krone einen Erben zu schaffen. Selbst wenn es ein Mädchen wird, kann sie diesen nutzlos gewordenen Titel an ihren Gemahl übertragen. Natürlich wünsche ich mir einen Sohn, dann habe ich meine Schuldigkeit getan und Friedrich kann sich wieder seinem Harem zuwenden.“
    Anais spürte Erleichterung und zugleich Bedauern. Jedermann wusste, dass Jolanda nur die Dame in einem politischen Schachspiel |120| war, und sie wusste es auch und nahm es als gottgegeben hin. In Syrien hätte sie unter den Adligen einen Mann nach ihrer Wahl nehmen können und hätte in ihrem kleinen Restkönigreich – es war nur noch ein Viertel des ursprünglichen – als unabhängige Herrscherin nach Belieben schalten und walten können. Jetzt war sie die Frau eines Kaisers und Königs, doch welche Bedeutung hatten diese beiden Kronen für sie? So gut wie keine, denn aller Glanz fiel auf Friedrich, den Imperator Mundi, und sie, Jolanda, stand im Schatten – bis zu ihrem Tod.
    In der letzten Aprilwoche setzten mit dem Blasensprung die Wehen ein, blieben wieder aus, kamen von neuem so stark, dass Jolandas Leib einen Schmerzenstanz aufführte. Doch der Kopf des Kindes wollte nicht erscheinen, die
ninfe
blieben geschlossen. Die beiden Hebammen schauten sich besorgt an, die Ärzte unterhielten sich flüsternd. Freilich waren sie nicht für die Geburt zuständig, sondern für vielleicht auftretende Komplikationen danach. Natürlich wussten die Wehmütter, dass es bei Erstgebärenden länger dauert, aber dieser Zeitpunkt war schon überschritten. Sie zogen sich in die andere Ecke zurück und berieten, ob man als letztes Mittel die
cornuta
anwenden sollte, das hochgiftige, in richtiger Dosierung die Wehen beschleunigende Mutterkorn, von den Ärzten
secale cornutum
genannt. Da schüttelte die eine Hebamme nachdrücklich den Kopf und zischte:
    „Bei der Königin? Nein, dieses Risiko gehe ich nicht ein. Stirbt sie, dann werden wir als Giftmischerinnen lebendig verbrannt. Nein!“
    Während sie berieten, waren Jolandas Schreie wieder lauter und schriller geworden und jetzt – endlich! – begannen die Schamlippen sich zu öffnen und der feuchte, dunkle Scheitel des Kindes erschien, brach durch und dabei

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