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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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auf dem Schiff schon für mich tun? Ich komme auch ohne dich zurecht und an Land, so wird gesagt, verschwindet das Übel fast augenblicklich.“
    |115| In Populonia, dem alten etruskischen Hafen, legten sie erstmals an und die Seekranken wankten an Land, wo binnen weniger Stunden das Unwohlsein verschwand.
    Bisher hatte der Wind es gut mit ihnen gemeint, wehte stetig aus West bis Nordwest und füllte die Segel wie pralle Weinschläuche. Als sie aber am dritten Tag zwischen den felsigen Inseln Monte Argentario und Giglio hindurchsegeln wollten, schlug der Wind plötzlich um. Nach einer kurzen Flaute war es, als beginne eine Riesenfaust das Boot zu schütteln, und für Unerfahrene war die Windrichtung kaum noch auszumachen. Er schien gleichzeitig von allen Seiten zu kommen und versetzte dem Schiff eine Maulschelle nach der anderen, was es derart schwanken und taumeln ließ, dass sogar Bianca glaubte, nun sei das Ende dieser Reise und das aller Menschen auf diesem Schiff gekommen. In dieser schrecklichen Not legte jeder von ihnen ein Gelübde ab.
    Der kriegerische Giordano wandte sich an den Erzengel San Michele und gelobte eine Wallfahrt auf den Monte Sant’Angelo, der ja nicht weit von Barletta entfernt lag. Bianca, nicht sehr fromm, aber doch gläubig, wollte der nächsten Marienkirche, auf die sie stießen, einen ihrer drei Lieblingsringe stiften. Anna flehte ihre heilige Namenspatronin an und versprach, ein tägliches Gebet an sie zu richten.
    Was taten die Übrigen? Der Kapitän, ein in vielen Stürmen erprobter
navigatore
fluchte nur leise vor sich hin, ließ sämtliche Segel abschlagen, jagte den
timoniere
davon und versuchte, durch geschicktes Steuern, sein Schiff über Wasser zu halten. Oben am Himmel tobte eine Schlacht. Wolkenhaufen rasten aufeinander zu, dunkel geballte Fäuste schlugen den enteilenden Gegner in Stücke und diese wiederum drangen, wie ein Steinschlag, tief in die schwarz geblähten Bäuche von träge sich drehenden Wolkenriesen. Manchmal erhob die Sonne ihr fernes Haupt und verfolgte die erbitterte Schlacht, bis ein dickbäuchiger Gigant seinen aufgeblähten Leib darüberschob oder zwei ineinander verkeilte Gegner sie kurz verdeckten, doch ihr glühender Atem ließ die Störenfriede schnell zerplatzen.
    Die zutiefst erschreckten Menschen auf ihrer wie wild sich drehenden Nussschale bemerkten von all dem nichts. Jeder krallte sich irgendwo fest und wer keinen Halt fand, klammerte sich an einen anderen Körper. So erging es Bianca und Anna. Sie lagen eng umschlungen |116| in ihrer durchnässten Kabine, nicht mehr die Herrin mit ihrer Dienerin, sondern zwei verängstigte Lebewesen, die aneinander Halt und Trost suchten.
    Letztlich war es dem erfahrenen Kapitän zu verdanken, das der Segler weder kenterte, noch an den felsigen Riffen von Giglio zerschellte. Als sein Ruder zerbrach, war der Sturm schon schwächer geworden und hörte dann so unvermittelt auf, dass jeder sich weiter an irgendetwas festhielt, denn diese Stille konnte ja nur ein kurzes Atemholen bedeuten. Als dann nichts kam und sogar die schon tiefstehende Nachmittagssonne den frei gewordenen Himmel zufrieden überschaute, löste sich die Starre. Die Menschen begannen durcheinander zu reden; Giordano bereute schon sein Gelübde und warf sich vor, es aus Feigheit zu schnell abgelegt zu haben.
    Der Kapitän brüllte seine Befehle und als Erstes musste der Schiffszimmermann das Ruder flicken, wozu man ihn an einen Strick band, den zwei Matrosen festhielten, während andere ihm das nach und nach verlangte Werkzeug hinunterreichten. Dann wurden die Segel wieder aufgezogen und ein günstiger Wind brachte sie bei tiefer Nacht in den kleinen Hafen von Civitavecchia.
    Völlig zerschlagen krochen sie an Land und das ist wörtlich zu verstehen, da viele von ihnen nicht mehr die Kraft besaßen, aufrecht zu gehen. Giordano stützte Bianca, an deren Arm eine totenbleiche Anna hing, die sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher wünschte, als zuhause zu sein und – ja, wenn es sein musste, die Schweine zu hüten. Selbst diese verachtete Tätigkeit erschien ihr um vieles besser, als am nächsten Tag wieder ein Schiff zu besteigen.
    Es war dann erst der übernächste Tag, an dem sie wieder in See stachen, aber da sah alles anders aus. In der Erinnerung war das Unglück kleiner geworden, auch als Giordano feststellen musste, dass zwei seiner Männer fehlten. Ein Priester las für sie eine Gedenkmesse, doch bei den anderen konnte die Genugtuung

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