Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
Gott keinen Platz, sodass Papst Gregor aufs Heftigste protestierte und ein scharfes Breve übersandte:
„Es kam Uns zu Ohren, dass du aus eigenem Antrieb oder verführt durch üble Ratgeber neue Gesetze erlassen willst. Aus ihnen ist zu folgern, dass man dich einen Feind der Kirche und Zerstörer der staatlichen Freiheit nennen muss …“
In diesem Ton ging es weiter, doch geduldige Erklärungsversuche von allen Seiten konnten den Papst fürs Erste beschwichtigen.
Nahm Bianca auch daran teil? War ihr der „Liber Augustalis“ ein fester Begriff, wusste sie um die Inhalte dieser Gesetzessammlung? |157| Friedrich kannte seine Geliebte gut genug, um zu wissen, dass sie trockenen juristischen Texten keine oder nur wenig Beachtung schenkte. Umso mehr horchte sie auf, wenn es um Regeln für den Alltag ging, um Dinge, die ihr auf dem väterlichen Gut häufig begegnet waren. Etwa wenn es da hieß: „Wir verfügen deshalb, dass es keinem erlaubt ist, in den einer Stadt oder Burg benachbarten Gewässern in einer Entfernung von einer Meile oder weniger Flachs oder Hanf zu wässern, weil dadurch – wie Wir bestimmt wissen – die Beschaffenheit der Luft verdorben wird.“
„Aber woher weißt du das?“, fragte sie ihn erstaunt.
„Lange Erfahrung hat es bewiesen und Versuche haben es bestätigt.“
Dieselbe Antwort erhielt sie bei der Verfügung: „Wir verbieten auch den Fischern, Taxus oder ähnliche Kräuter, durch welche die Fische getötet werden, in die Gewässer zu werfen. Denn dadurch werden sowohl die Fische selber giftig wie auch die Gewässer, aus denen Menschen und Tiere trinken …“
Das Breve des Papstes aber erzürnte ihn so sehr, dass er es nach dem Nachtmahl – das war die Stunde, die allein ihnen gehörte – zur Sprache brachte.
„Gregor ist ein hochgebildeter Mann, also könnte er meine Texte richtig verstehen, wenn er nur wollte. Aber er will nicht! Für ihn ist die Menschheit dazu da, in Demut abzuwarten, was Gott in seiner unendlichen Weisheit beschließen wird, und das hat sie dann ohne Murren hinzunehmen.“
Bianca sah ihn erstaunt an.
„Aber so ist es doch …“
Friedrichs Gesicht lief rot an und es sah aus, als sträubte sich sein Haar. Seine Stimme wurde laut.
„Nein, so ist es nicht! Zwar hat Gott uns und alles andere geschaffen, aber wenn er gewünscht hätte, den Lauf der Welt wie ein Puppenspieler mit seinen Schnüren zu steuern, dann hätte er eines nicht tun dürfen, nämlich den Menschen mit Verstand und Vernunft auszustatten. Wenn ein Haus in Flammen steht, dann schauen wir nicht zu und denken, das ist Gottes Wille, da kann man nichts machen – nein, wir versuchen den Brand zu löschen. Oder es gibt einen wasserarmen Sommer und unsere Gartenkräuter, unsere Heil- und Würzpflanzen vertrocknen: Lassen wir es dann geschehen? Nein, wir gießen sie! Ich könnte noch mit tausenden |158| von Beispielen kommen, um den Zwang der Dinge zu erläutern, oder genügen dir diese zwei?“
Sie lächelte sanft und strich ihm übers Haar.
„Mir genügen sie, aber die meisten Menschen sind seit Jahrhunderten von Glaubenssätzen geprägt, die der Vernunft zuwiderlaufen. Mein Großvater hat mir erzählt, dass er in den Bergen unterwegs war, als von Westen ein schweres Gewitter heranzog. Er stellte sich bei einem Bauern unter und sah, wie die Bäuerin ein schwarzes Wachslicht ansteckte. Sie sagte, das sei eine vom Bischof geweihte Kerze und sie werde das Haus vor Blitzen bewahren. Als mein Großvater darauf sagte, er hielte es für besser, sämtliche Eimer und Tröge vorsorglich mit Wasser zu füllen, schaute sie ihn nur vorwurfsvoll an. Der Zwang der Dinge hätte dies erfordert, aber dazu gehört eben eine gewisse Einsicht.“
Friedrich schmunzelte. „Ich sehe schon, du hast von Anfang an verstanden, was ich meinte, aber es ist wohl unterhaltender, mich vorher in Zorn zu versetzen!“
„Nein, Friedrich, nicht unterhaltender, es ist, weil ich dich so gerne argumentieren höre. Dann lerne ich dazu …“
Nicht selten dehnte sich diese gemeinsame Stunde nach dem Abendessen bis in die Nacht und das Zwiegespräch ging in eine nicht weniger beredte Körpersprache über. Für ihn war sie so lustvoll und befriedigend, dass er – zum Erstaunen seiner Umwelt – ansonsten unempfindlich für alle weiblichen Verlockungen blieb. Er war schon dabei, den Harem nach und nach aufzulösen, für jede der Damen hätte es zehn seiner Sarazenen als Bewerber gegeben.
Nicht wenige hielten deshalb Bianca
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