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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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aufgerichteten Stacheln drohen.
    Früher hatte die Fahne mit den Markuslöwen für sie Heimat und Geborgenheit bedeutet, jetzt drohte ein grimmiger Löwe, der die fahnenflüchtige Tochter Venedigs mit seinen mächtigen Pranken zur Strecke bringen wollte. Lieber hätte sie ein Schiff bestiegen, das geradewegs in die Hölle fuhr, als eines, das im Dienst Venedigs stand. Dort würde man sie unverzüglich ihren Eltern ausliefern, denn der Vater saß in einem wichtigen Ratskollegium und sein Arm reichte weit.
    Während Messalina dachte: Nur weg von Venedig, alles andere findet sich später, hoffte der
marinajo
, das Mädchen mit einigem Gewinn an die Türken losschlagen zu können. Der Gedanke war gar nicht so abwegig, denn alle Welt wusste, dass die Türken unter anderem auch Sklavenhandel betrieben, der in christlichen Ländern zwar von Staat und Kirche längst untersagt war, insgeheim aber, und vor allem in Venedig, lebhaft weiterblühte, hauptsächlich, um den enormen Bedarf der von den Türken beherrschten Gebiete zu befriedigen. Die Sklaven oder Menschen, die man dazu gemacht hatte, kamen von überall her. Es waren entflohene Soldaten oder Sträflinge, Leute, die sich oder ihre Kinder schuldenhalber verkauft hatten, auch Verbrecher jedweder Art, die sich lieber in ein Sklavendasein flüchteten, als verstümmelt oder hingerichtet zu werden.
    Die türkischen Handelsschiffe ähnelten den in Nordeuropa gebauten Koggen – groß, schwerfällig, langsam –, aber was schadete das, waren doch Tyrrhenisches wie Adriatisches Meer zwischen den Schiffsmächten Ostrom, Türkei, Venedig und Genua aufgeteilt. Da herrschte nun seit Jahren ein gespannter Friede und Piraten, soweit es sie in diesen Meeren noch gab, wagten es nicht, diese großen Schiffe anzugreifen.
    |193| „Halte jetzt ja deinen Mund, hörst du?“, zischte ihr der Bootsführer zu, nicht wissend, dass sie dies schon wegen der Nähe der venezianischen Galeeren in jedem Fall getan hätte. Dann formte er mit den Händen einen Schalltrichter und rief hinauf:
    „Ich hätte einen
mozzo di vascello
anzubieten, einen Schiffsjungen!“
    Ein paar Köpfe erschienen an der Reling und riefen etwas Unverständliches zurück.
    „Kann denn keiner von euch Italienisch?“
    Ein weiterer Kopf erschien.
    „
Sono il timoniere – cosa c’è?

    „Na endlich!“, brummte der
marinajo
und rief hinauf: „Ich hätte einen Schiffsjungen anzubieten, einen ganz besonderen!“
    Vielleicht hatte das scharfe Auge des Steuermanns Messalinas lange Haare oder ihre runden Hüften entdeckt, vielleicht war er auch nur neugierig. „Soll raufkommen!“
    „Das kostet aber was!“
    „Darüber reden wir später.“
    Eine Strickleiter wurde herabgelassen und sie kletterte hinauf. Der
timoniere
, ein stämmiger Mann in mittleren Jahren, musterte sie von Kopf bis Fuß.
    „Na, als Schiffsjunge bist du wohl kaum zu gebrauchen, eher als
scaldaletto
“, sagte er und grinste lüstern.
    Eher als „Bettwärmer“ also … Sie tat, als verstehe sie die Anspielung nicht, und verlangte im Befehlston den Kapitän zu sprechen.
    „Ah, gleich den
capitano
, aber damit kann ich nicht dienen, er ist in Geschäften an Land.“
    „Dann warte ich.“
    Da kam die raue Stimme des Bootsführers von unten: „Na, was ist, könnt ihr ihn brauchen?“
    „Das wird der Kapitän entscheiden, er kommt gegen Abend zurück, du kannst ja dann vorbeischauen.“
    Etwas an Messalina hielt den Steuermann zurück, ihr auf irgendeine Weise Gewalt anzutun. Ihr ganzes Auftreten, ihre Sprache und der freie Blick wiesen auf eine hohe Herkunft und da wollte er keinen Fehler machen. Vielleicht sprang auch etwas für ihn heraus … Er führte sie in die Kabine des Kapitäns.
    „Ihr seid kein Türke?“
    |194| „Nein, nur in türkischen Diensten, die Serenissima ist mir zu knausrig.“
    Sie legte sich auf das schmale Bett und schlief sofort ein, denn in der letzten Nacht war sie ja kaum zur Ruhe gekommen. Als sie durch ein grobes Rütteln an der Schulter geweckt wurde, schien es ihr, als habe sie nur kurz geschlafen. Sie öffnete die Augen und richtete sich auf. Da stand ein großer, schlanker, nobel gekleideter Herr und musterte sie mit kalten Augen.
    „Also?“
    Jetzt nur nichts Falsches sagen, ging es ihr durch den Kopf. Nannte sie ihre wahre Herkunft, würde der Kapitän sie gegen eine angemessene „Gebühr“ ihren Eltern übergeben. Trotzdem, es ging nicht anders.
    „Ich entstamme einer venezianischen Adelsfamilie und als

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