Bianca Spezial Band 8
Seite umblätterte, berührte sein Arm ihren.
Sie wich nicht zurück, sondern lehnte sich unwillkürlich näher zu ihm.
„Verflixt, Libby“, murmelte er und legte die Hand auf ihre. Dann zog er sie wieder weg und schloss die Finger stattdessen fest um ihre Stuhllehne. Schließlich sah er Libby gequält an. „Hilf mir doch bitte. Ich kämpfe schon den ganzen Morgen gegen dieses schreckliche Verlangen, und jetzt tut mir alles weh. Lass mich doch nicht allein damit.“
Dann hatte seine steife Zurückhaltung also damit zu tun? So unangemessen es unter den Umständen auch war – Libby war unendlich erleichtert. „Wie wär’s mit den gefüllten Reispapierrollen?“, redete sie schließlich drauflos, einfach um irgendetwas zu sagen. „Und als Hauptgericht Rindfleisch mit Zitronengras. Die Zwillinge haben jetzt übrigens fertig gegessen. Wir können also los. Wenn du das willst.“
„Herrje, ich will etwas ganz anderes“, stöhnte Brady. „Und das weißt du auch, aber wir haben ja schon darüber gesprochen und waren uns auch einig, also … gut, lass uns weitergehen.“
Als sie wieder zu Hause waren, verstauten sie gemeinsam ihre Einkäufe. Genau wie schon am Morgen waren sie übervorsichtig und hielten deutlich Abstand voneinander. Mittendrin wurde der neue Trockner geliefert. Brady half den beiden Lieferanten, das Gerät in den Keller zu bringen. Im Hintergrund lief ein Musikvideo für Kinder, und schließlich meinte Libby: „Ich schau mal nach, wie es den Zwillingen geht. Die sind so erstaunlich ruhig.“
Colleen und Scarlett waren auf dem Sofa eingeschlafen, Schulter an Schulter. Ihre langen, schwarzen Wimpern ruhten auf den zartrosa Wangen. Colleen hob sich mit ihrem rosa Oberteil und den passenden Leggings deutlich von Bradys grau-weißem Sofa ab. Scarlett hingegen trug Dunkelblau und fügte sich gut in die maskuline Farbgestaltung ein. Die Gesichter der Mädchen jedoch sahen haargenau gleich aus, und als Libby sich dichter zu den beiden hinüberbeugte, stellte sie fest, dass sie genau gleichzeitig ein-und ausatmeten.
Sie hörte, dass Brady hinter ihr stand. „Hey …“, sagte er.
„Schau mal“, flüsterte sie. „Komm mal dichter heran.“ Sie streckte die Hand nach ihm aus. „Und hör genau hin. Sie atmen genau gleichzeitig.“
„Oh, wow! Das stimmt ja wirklich!“
Lange Zeit betrachteten sie beide die Mädchen und lauschten ihren synchronen Atemzügen, ohne etwas zu sagen.
Eigentlich müssten wir uns jetzt küssen, dachte Libby. Ich wünsche es mir jedenfalls. Und er sich auch. Aber es wird nicht passieren. Es fühlt sich so seltsam an, so unpassend, dass wir hier so dicht beieinanderstehen und es nicht wagen, uns zu berühren.
„Eigentlich sollten wir jetzt das Essen vorbereiten“, sagte Brady.
„Da hast du wohl recht“, erwiderte sie schnell. „Solange die beiden noch schlafen.“
Das Kochen machte Spaß, es war eine willkommene Ablenkung, bei der sie sich langsam entspannten. Es war gar nicht so einfach, das Reispapier mit der Füllung aufzurollen, und Brady stellte sich dabei geschickter an als Libby. Er setzte ein kleines Häufchen der Füllung aus Shrimps, Kohl und Minze in die Mitte der weichen, dehnbaren Teigscheibe und faltete das Ganze anschließend zu einem ordentlichen, länglichen Päckchen, das auch seine Form behielt. „ Voilà “, meinte er.
Libby gab sich alle Mühe, fabrizierte jedoch nur unförmige Gebilde. Nun ja, bei der Zubereitung des Hauptgerichtes würde sie mehr Erfolg haben, das wusste sie. Das entsprach eher ihren Kochgewohnheiten und artete weniger in Bastelei aus.
Brady schnitt die Frühlingszwiebeln und atmete dabei auch den Duft von Chili und Zitronengras ein. „Ah, ich liebe diesen Geruch. Er erinnert mich an Vietnam. Daran, wie es war, als wir Scarlett abgeholt haben. Mein Dad war auch im Vietnamkrieg. Er hat nie viel davon gesprochen, aber wenn er es doch tat, dann ging es meistens um die besonderen Aromen dieses Landes. Seine Düfte, seine Klänge … und seine Menschen. Er hat uns von den Reisfeldern erzählt, und vom Meer. Wahrscheinlich wollte er uns vor den anderen, den schrecklichen Dingen aus dieser Zeit bewahren. Er war … ein ganz toller Mensch.“ Bradys Stimme klang ein wenig heiserer als sonst, und er zupfte geistesabwesend an einer Frühlingszwiebel.
„Du hast ihn sehr geliebt“, entfuhr es Libby. Abrupt hielt sie beim Fleischschneiden inne. Sie wünschte, sie hätte das eben nicht ausgesprochen.
„Wir waren uns ziemlich
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