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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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nickte und erinnerte mich an das Gespräch mit Sylwia. »Stimmt es, dass Sie vor dem Fest noch geschäftlich mit dem alten Murnier zusammengesessen sind?«, fragte ich.
    Kurz, aber lang genug, damit ich es bemerken musste, blitzte in seinen Augen ein gefährliches Glitzern auf, und der Mann vibrierte vor aggressiver Anspannung. Ich rechnete fest damit, dass er mich sofort von seinem Hof scheuchen würde.
    Stattdessen sagte er fast friedlich: »Stimmt. Sie sind ja die Vermieterin von dem polnischen Paar.«
    Gut kombiniert, was meine Informationsquelle anging, Käshammer war überhaupt einer, der über vieles Bescheid wusste. »Hätte sich das für Sie überhaupt gelohnt, die Murnier-Weine nach Polen zu transportieren?«
    Â»Kleinvieh macht auch Mist. Der Jakub Sajdowski hätt es halt gerne gehabt, der hat ja früher als Fahrer für mich gearbeitet und weiß, wie viele Kontakte ich in Polen habe. Hab dem alten Murnier ein faires Angebot g’macht, aber der wollt nicht. Der macht keine Geschäfte mit Deutschen.«
    Â»Daran hat’s gelegen?«, fragte ich ungläubig. »Dass Sie Deutscher sind?«
    Â»Wortwörtlich hat er g’sagt, dass er keine G’schäft mit uns ›Schwobe‹ macht. Dabei sind viele Franzosen ganz wild darauf, bei uns zu arbeiten oder mit uns G’schäftle zu machen. Schauen Sie sich doch mal um, wo bei uns schon überall Elsässer arbeiten. Die sehen doch, dass wir im Moment führend sind in Europa. Wirtschaft, Ökologie und so weiter. Solider Mittelstand, so was kennen die nicht, hätten sie aber gern. Lernen wollen sie von uns. Aber so einer wie der Emile Murnier macht keine G’schäfte mit ›Schwobe‹. Na ja, wenn’s für seinen Seelenfrieden gut war. Mich hat’s nur eine Stunde Lebenszeit gekostet.«
    Ein weiterer Griff nach dem Hosengürtel, dann ließ er mich vor dem Flachbau stehen und lief auf den Lkw zu, der auf den Hof fuhr. »Ich glaub übrigens nicht, dass es der Jakub war. Der haut vielleicht zu, wenn ihn einer reizt oder wenn er zu viel g’soffen hat. Aber das Messer passt nicht«, rief er, ohne sich dabei nach mir umzudrehen.
    Damit war Käshammer nach Sylwia der Zweite, der das behauptete. »Und wer war’s dann?«, rief ich zurück.
    Â»Der Täter wird einen Fehler machen und sich selbst ans Messer liefern. Wie der Adam im ›Zerbrochenen Krug‹«, prophezeite er.
    Â»Aber das Leben ist kein Theater«, widersprach ich.
    Â»Im Gegenteil.« Er drehte er sich noch mal um. »Fast alles im Leben ist Theater.«
    Ohne sich umzudrehen, hob er die Hand zum Abschied. Der Mann wusste, was ein guter Abgang war.
    Ich entschied, den Klingelberger Riesling in der Winzergenossenschaft Durbach ein andermal zu probieren, und fuhr über Mösbach und dann den für Autos verbotenen Weg durch die Kirschbaumhügel ins Dorf zurück. Die Kirschen waren längst abgeerntet, die Bäume mit den schwarzen Stämmen und dem dichten länglich schmalen Blattwerk warteten bereits auf den Herbst. In ein paar Wochen würden sich ihre Blätter als Erste gelb färben. Ich überholte ein paar Radfahrer, ansonsten war niemand unterwegs. Ich glitt das steile Stück bis zum Maisfeld hinunter, nahm dort die scharfe Linkskurve und fuhr dann weiter am Bach entlang, an der Ölmühle und an Rosas Haus vorbei, das bald das von Jakub und Sylwia sein würde.
    Nie mehr den Duft von Rosas Geräuchertem in der Nase, nie mehr in ihrem Garten sitzen und die Bienen beobachten. Plötzlich schmerzte die Vorstellung, den Zufluchtsort meiner Jugend aufzugeben. Dinge verändern sich, hielt ich dagegen. Das Haus war doch nur die Hülle, Rosa war es gewesen, die mir Zuflucht gewährt hatte. Und Rosa war tot, sie existierte nur in meinen Erinnerungen weiter, was wollte ich noch mit ihrem Haus?
    Bald hatte ich die Linde erreicht, stieg aber nicht aus. Im Biergarten saßen ein paar ältere Herren vor einem Glas Bier und zwei jüngere in Radlermontur vor einem Weizen. Keiner aß etwas. Weil sie nichts bestellt hatten oder weil es immer noch nichts zu essen gab?
    Was hatte Martha nur? In Scherwiller, auch auf der Rückfahrt war sie gewesen wie immer: herrisch, alles im Blick, immer mittendrin, eine Meinung zu allem, immer davon überzeugt, genau zu wissen, was richtig oder falsch war. Ich hatte sie danach nur einmal kurz gesprochen, als

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