Bibbeleskaes
Meldest du dich, wenn es was Neues gibt?«
»Nur, wenn du deine Karten auch auf den Tisch legst und ein Bier ausgibst.«
»Eine meiner leichtesten Ãbungen als Wirtstochter.«
FK lachte und beendete das Gespräch.
Ich sah mich um. Edgar hatte den Tisch vor dem Kachelofen aufgeräumt, dort lag jetzt ausgebreitet der Acher und Bühler Bote. Mein Vater stand wieder hinter dem Tresen, der glänzte wie nach einem gewaltsamen Frühjahrsputz.
»Wie hast du sie aus dem Zimmer gelockt?«, fragte er und deutete mit dem Kopf nach oben.
»Ich habe ihr gesagt, dass du glaubst, sie hätte was mit Emile Murnier.«
»Was hat sie geantwortet?«
»Des isch Bibbeleskäs!«
»WeiÃt, dass sie das schon damals gâsagt hat bei dem ersten Treffen?«, erinnerte sich Edgar und wirkte ein bisschen erleichtert. »Als ich sauer gâwesen bin, weil der Murnier ihr schöne Augen gâmacht hat, da hat sie nur gâmeint: âºJetzt schwätz kei Bibbeleskäs.â¹ Denkst du, dass sie gleich wieder runterkommt und kocht?«
Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte keine Ahnung, ob Martha ihre Klausur â oder was immer das war â beendet oder nur unterbrochen hatte. Aber ich würde auf keinen Fall mit Edgar am Kachelofen sitzen und darauf warten, dass sie herunterkam. Ich sah auf die Uhr. Mein Patissier-Kurs war bereits in vollem Gange, bis ich in StraÃburg sein würde, wäre es Mittag. Viel zu spät, um aufzuholen, was die anderen bis dahin vorbereitet und gemacht hatten. Na prima!
ZEHN
Der Tag war verkorkst, da konnte ich genauso gut mit etwas weitermachen, was ich seit meiner Ankunft im Badischen vor mir herschob: Wein kaufen. In der WeiÃen Lilie war das bisher Eckis Job gewesen. Aber seine Veltliner und Zweigelts neigten sich dem Ende zu, und ich hatte entschieden, die Ãsterreicher durch Ortenau-Weine zu ersetzen. Nichts mehr sollte mich in der WeiÃen Lilie an Ecki, den Verräter, erinnern. Die Winzergenossenschaften in Sasbachwalden, Waldulm, Oberkirch und Durbach und einige selbst vermarktende Winzer hatte ich mir dafür ausgesucht.
Ich begann meine Tour in Sasbachwalden, dem berühmtesten Feriendorf der Gegend â Geranienpracht ohne Ende, gepflegtes Fachwerk, blitzblanke StraÃen. Selbst den funktionalen Bau der Winzergenossenschaft zierten an der Frontseite Fachwerk und Geranien.
Wein war nicht mein Metier. Natürlich konnte ich einen guten von einem schlechten Tropfen unterscheiden, aber mir fehlten die feine Zunge und die Passion. Ich hatte mich immer aufs Kochen konzentriert, deshalb war ich sehr froh gewesen, dass Ecki damals den Posten des Sommeliers übernommen hatte. Schnee von gestern, es würde auch mir gelingen, ein anständiges Sortiment für die WeiÃe Lilie einzukaufen.
In Sasbachwalden lieà ich mir ein Probierset zusammenstellen, in Waldulm, meiner nächsten Station, kaufte ich Spätburgunder, in der Gegend gab es keinen besseren. Zum Probieren nahm ich hier einen Karton Pinot Blanc de Noir mit, ein Sekt, bei dem man die Spätburgundertrauben nicht in der Maische rot werden lieÃ, sondern sofort presste. Ich probierte immer nur einen Schluck, spuckte vieles aus, schlieÃlich war ich mit dem Wagen unterwegs. Meine nächste Station hieà Oberkirch.
Das gewittrige Wetter der letzten Tage hatte sich verzogen, blauer Himmel und Sonnenschein herrschten über der Ortenau. Um den Duft der reifen Zwetschgen ins Auto zu holen, drehte ich alle Fensterscheiben nach unten. Ich wählte die kurvige Strecke über Ringelbach nach Oberkirch. Hier wechselten sich sanfte Weinhügel, Kirschbaumhänge und Wiesen ab, ein Garten Eden, eine Landschaft voll überschäumender Ãppigkeit. Sie erinnerte bei Regen an das satte Grün Irlands und bei Sonnenschein an die Toskana im Frühling. Zum ersten Mal an diesem Tag war ich gut gelaunt.
Ob ich zusätzlich ein paar Elsässer Winzer probieren sollte? Was Luc wohl für einen Wein machte? Ob Luc irgendwann die Weinauswahl für die WeiÃe Lilie zusammenstellte? Ob ich die WeiÃe Lilie überhaupt behielt? Ob ich wirklich noch mehr Wein kaufen sollte? â Wein wird nicht schlecht, die WeiÃe Lilie gibt es, und die Zukunft ist so oder so ungewiss, sagte der vernünftige Teil von mir.
Mit schöner Landschaft warâs dann erst mal vorbei. Oberkirch empfing seine Gäste mit einem der üblichen, dem Ortskern
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