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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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vorgelagerten Industriegebiete. Handwerk und Kleinindustrie siedelten hier, mittelständische Betriebe allesamt, ein wildes Durcheinander an Bauten und Hallen, keine Augenweide, aber die Lebensader der Region.
    Die Winzergenossenschaft lag an der Hauptstraße, die in die Innenstadt führte. Von einem Laternenpfosten lachte mir Sophie Ketterer auf einem Plakat entgegen. Zwei Laternenpfähle weiter blickte der ernste Herr Bäuerle auf die Renchner Straße, und auf der Gegenseite buhlte Herr Zink mit Altherrencharme um die Gunst der Wähler. Kommunalpolitik auf dem Land war immer noch ein Männergeschäft, so wie Kochen noch eines war. Die Bäuerles und Zinks würden Sophie schon genügend Steine in den Weg gelegt haben, damit sie darüber stolperte und es nicht bis zur Bürgermeisterin schaffte.
    Ungute Erinnerungen an meine beruflichen Anfänge kochten hoch: das tägliche Lästern der beiden Jungköche in Florenz über meinen fetten Hintern, der Hinweis in Brüssel, man könnte mir die Stelle als Postenchef nicht geben, solange mein Freund – Ecki, der Verräter – nicht eine vergleichbare Position in der Küche hätte. Oder in Wien, wo der Mayrhofer – oh, den hatte ich danach gefressen! – ein Pfund Salz in mein Fischragout geschüttet hatte, damit er und nicht ich den Posten als Sous-Chef bekam. Ich hatte mich dem Postengerangel entzogen, indem ich ein eigenes Restaurant eröffnete. So schwierig sich das Überleben damit oft gestaltete, ich war zumindest meine eigene Chefin. Hut ab vor Sophie, dass sie den Gang aufs kommunalpolitische Schlachtfeld wagte!
    Aber, wer weiß? Vielleicht tickten in der Kommunalpolitik und im liberalen Baden die Uhren anders? Vielleicht hatte Sophie am Sonntag wirklich eine Chance, die Wahl zu gewinnen? Ich gönnte es ihr jedenfalls von ganzem Herzen.
    Ich ließ die Plakate Plakate sein und ging Wein kaufen, Riesling in diesem Fall. Beim Verlassen der Winzergenossenschaft stellte ich überrascht fest, dass das Busunternehmen und die Spedition Käshammer ihren Sitz genau gegenüber hatte. Ich wechselte die Straßenseite und betrat das Areal durch ein breites, weit geöffnetes Tor. Auf dem Hof standen zwei große Schulbusse, dahinter entdeckte ich den Büssing-Senator. Eine große Lagerhalle, eine Zapfsäule und ein kleiner Flachbau, wahrscheinlich das Büro, komplettierten das Gelände. Im größten Fenster des Flachbaues hing ein Theaterplakat zu »Der zerbrochene Krug«. Ich ging näher ran und las, dass die Freie Bühne Oppenau dieses Jahr eine Mundartversion des Kleist’schen Klassikers in Allerheiligen spielte. Klein gedruckt eine Reihe von Aufführungsterminen.
    Â»Karten dafür verkaufen wir hier aber nicht«, dröhnte neben mir eine Stimme.
    Ich drehte mich zur Seite. Käshammer war aus der Tür getreten und rückte sich seine Hose unter dem fetten Bauch zurecht. Er trug ein weißes kurzärmeliges Hemd, er schwitzte und musterte mich eher neugierig als missmutig.
    Â»Oh«, sagte ich überrumpelt. »Ich habe Wein gekauft und dann das Schild ›Käshammer‹ gelesen. Da hab ich gedacht, guck mal, ob der alte Büssing-Senator noch da ist.«
    Â»Oder der alte Käshammer«, ergänzte Käshammer, deutete dann lässig mit dem Kopf in Richtung des alten Busses und klopfte gleichzeitig mit dem Finger auf das Theaterplakat. »Karten dafür kann man im Netz oder beim Fremdenverkehrsbüro in Oppenau erwerben. Die Vorstellungen sind aber so gut wie ausverkauft. ’s gibt nur noch ein paar Restkarten. Ich spiele übrigens den Dorfrichter Adam.«
    Â»Oh«, sagte ich wieder. »Interessant«, fügte ich brav dazu.
    Â»In dem Stück geht’s um Täuschung, Hinterlist und viel Alkohol, genau wie im wirklichen Leben. Viel Alkohol war in Scherwiller auch im Spiel. Und wer wen wie getäuscht hat, wird sich noch herausstellen.« Ein listiger Blick in meine Richtung und, als ich nicht reagierte, murmelte er: »Muss doch ein mulmiges Gefühl sein, wenn das eigene Messer im Rücken von einem Toten steckt.«
    Ich fragte nicht, woher er das wusste. Irgendwie schien in diesem Mordfall jeder was zu wissen. »Ich hab’s ihm nicht in den Rücken gestoßen, wenn Sie das meinen.«
    Eine leicht abwehrende Bewegung, wieder schob er die Hose in Form, dann kam: »Aber einer hat’s gemacht.«
    Ich

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