Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
Vom Netzwerk:
Beste, wenn Sie mir einfach erzählen könnten, was Sie hier eigentlich genau machen.«
    Es folgte ein weiterer Monolog des Institutsleiters. Nur zu offensichtlich hörte sich Jakulowitsch gern selbst reden.
    »Unser Institut war einmal das weltweit führende Primatenversuchszentrum. Der Westen hat die Sowjetunion damals sehr um diese Einrichtung beneidet. In der Blütezeit waren hier tausend Wissenschaftler beschäftigt. Wie Sie sicher bestätigen können, wurden viele der bahnbrechenden medizinischen Entdeckungen erst dank unserer Experimente auf dem Gebiet der Verhaltensforschung und der Medizin möglich. Wir haben sogar Affen für die Raumfahrt abgerichtet. Sehen Sie.«
    Der glatzköpfige Institutsleiter deutete auf ein Schwarzweißfoto an der Wand hinter ihm. Auf dem Schnappschuss waren zwei zerbrechlich wirkende, langgliedrig schlaksige Affen zu sehen, die in zwei Flugzeugsitze geschnallt und mit massiven Metallstangen zusätzlich fixiert waren. Die Affen trugen weiße Stirnbänder, auf denen in kyrillischer Schrift ihre Namen standen.
    »Jeroscha und Drema. Frühe Pioniere der sowjetischen Raumfahrt. Juri Gagarins unmittelbare Vorgänger!«
    Jakulowitschs Lachen hörte sich wehmütig an.
    »Das war unsere Glanzzeit. Doch dann kam die … Perestroika, und dann der georgischabchasische Krieg. Die Soldaten stahlen Affen, um sie als Maskottchen zu halten; einige wurden im Kreuzfeuer getötet. Um ein Haar hätten sie uns vollends ruiniert.« Er seufzte traurig. »Die meisten unserer wissenschaftlichen Mitarbeiter flohen nach Russland, um in Adler ein neues Forschungszentrum aufzubauen. Viele Affen wurden getötet. Aber ich denke lieber an glücklichere Zeiten.«
    Der Institutsleiter schwafelte weiter über die Blütezeit des Instituts, als Ho Chi Minh, Breschnew, Marschall Schukow und Maos Frau regelmäßig zu Besuch kamen und die Wissenschaftler nach Texas – in Amerika! – flogen, um vor den rückständigen Westlern Vorträge zu halten. Julia ertappte sich dabei, wie sie von ihren Sinneseindrücken abgelenkt wurde. Selbst in Jakulowitschs Büro war der Gestank von Affenkot zu riechen. Das Kreischen des durchgedrehten kleinen Affen in einem der hintersten Käfige drang zum Glück nur gedämpft durch die hohen Fenster.
    Sie versuchte den Informationsfluss zu beschleunigen. »Welchem Zweck dienten eigentlich diese Kreuzungsversuche?«
    Jakulowitsch hielt kurz inne und schaute Julia beunruhigenderweise direkt in die Augen, bevor er mit seinem mehr als abgedroschenen Sermon fortfuhr.
    » Da . In den zwanziger Jahren gab es Pläne, einen Hybrid aus Mensch und Affe zu züchten. Um angeblich eine Art sowjetischen Superman zu schaffen. So drückten es jedenfalls die Medien auf ihre sensationsheischende Art aus. In Wirklichkeit wollten Stalin und das Politbüro lediglich einen besonders zuverlässigen Arbeiter mit großer Körperkraft und einem weniger kritischen und neugierigen Verstand züchten, möglicherweise auch effektivere Soldaten, die kein Gewissen hätten und deshalb bessere und unerbittlichere Kämpfer wären und auf dem Schlachtfeld normale Männer ersetzen könnten. Wir hätten dadurch unzählige Menschenleben retten können! Diesen Bestrebungen lagen also durchaus menschliche Überlegungen zugrunde.«
    »Aha. Interessant.«
    »Das ist aber alles schon lange her, Miss Kerrigan. Diese Versuche wurden ursprünglich von Ilja Iwanow durchgeführt, einem herausragenden russischen Biologen. Vielleicht haben Sie schon von ihm gehört. Er hatte um neunzehnhundert die künstliche Befruchtung von Stuten perfektioniert; wenig später gelangen ihm Kreuzungen verschiedener Spezies. Das ist übrigens ein Bild von ihm.«
    Julia schaute auf das Bild, auf das Jakulowitsch zeigte: ein weiteres Schwarzweißfoto. Ein alter Mann mit einem weißen Bart – wie Sigmund Freud in späteren Jahren – lächelte ihr mild entgegen. Sein Gesicht hatte etwas Weises, Väterliches.
    »Ursprünglich hatte Professor Iwanow mit seinen Experimenten in Afrika begonnen, um sie dann jedoch zusammen mit Albert Quoinelles, Ghislains Großvater, am Institut Pasteur in Paris fortzusetzen … Von dort wurden die Experimente dann hierher, nach Sochumi, verlegt.«
    »Waren Sie denn erfolgreich?«, fragte Julia.
    Jakulowitsch zuckte mit den Achseln und trank einen Schluck Tee. »Er nahm das Sperma von Männern, das er siphoniert oder per Masturbation erhalten hatte, und injizierte es Schimpansenweibchen. Das führte jedoch zu nichts.«
    Julia schüttelte

Weitere Kostenlose Bücher