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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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also nicht auf?«
    »Nein, Ty. Nach allem, was passiert ist, nicht. Du hast selbst gesagt, ich hätte da eine klasse Story, und deshalb bleibe ich auch dran. Eine solche Gelegenheit lasse ich mir nicht so einfach entgehen. Und Chemda möchte unbedingt die Wahrheit darüber herausfinden, was mit ihrer Familie passiert ist. Aber wir müssen irgendwo unterkommen – wo wir möglichst wenig auffallen. In der Nähe der Wohnung dieses Typen, in Nana. Du kennst dich doch in Bangkok ein wenig aus. Hast du irgendeine Idee?«
    »Ja … das Sukhumvit Crown in der Soi acht. Du findest es nur, wenn du in der falschen Richtung die Soi sechs runtergehst.«
    »Sonst noch was? Irgendwelche anderen Tipps?«
    »Ja, marschier nicht mehr durch Seen voller Leichen.«
    »Ty. Jetzt mach aber einen Punkt. Ty!«
    »Jetzt, wo ihr in Thailand seid, solltest du für dich und Chemda neue SIM-Karten besorgen … nimm besser True, nicht DTAC, und gebt so wenig Leuten wie möglich eure Nummern. Benutzt das Handy nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt.«
    »Danke.«
    » Mai pen rai. Lass wieder von dir hören. Und vergiss nicht, du steckst nach wie vor tief in der Scheiße. Du musst damit rechnen, dass sie auch in Bangkok versuchen werden, dich zu schnappen. Sie werden es zwar nicht offen machen, aber versuchen werden sie es. Sei also vorsichtig, hast du gehört?«
    Auf Tyrones Rat hin ging Jake sofort in den nächsten Laden und kaufte neue SIM-Karten für sich und Chemda. Sie speicherten die Nummern des jeweils andern ein, und Jake simste seine neue Nummer an Tyrone. Dann setzte er sich wieder auf die Bank. Und wartete. Bahnreisende kamen und gingen, aßen an den Fischbällchennudelständen Fischbällchennudeln. Amputierte Bettler hoben zwischen ihre Armstummel geklemmte Plastikbecher mit Kleingeld hoch. Pendler gähnten. Polizisten patrouillierten. Der Zug stand bereit. Sie stiegen ein.
    Sie hatten vor allem deshalb ein Erster-Klasse-Schlafwagenabteil genommen, weil es mit einer winzigen Dusche ausgestattet war. Sie war zwar absurd klein, aber das war Jake egal. Sobald der Zug aus der Station ratterte, zwängte er sich in die kleine Kabine und säuberte sich vom Schlick aus dem See des Schlächters und vom Schmutz aus Pol Pots Haus und vom Staub Preah Khans, wo Sonisoy gefangen genommen worden war. Was er nicht wegwaschen konnte, war die Erinnerung an die grässlichen Momente, in denen er, am Grab eines atheistischen Diktators kniend, darauf gewartet hatte, dass ihm ein Mann mit einer rostigen Eisenstange mehr oder weniger im Vorbeigehen das Gehirn zwischen den Zähnen hinausdrosch.
    Knack.
    Chemda lag in der unteren Koje und schlief tief und fest. Sie hatte vor dem Einschlafen seine Hand gehalten, aber jetzt war ihre Hand schlaff und ohne Bewusstsein. Deshalb legte er sie behutsam auf ihre Brust und kletterte in seine Schlafkoje hinauf, um zwischen die frischen weißen Baumwolllaken zu schlüpfen. Das Gefühl war unbeschreiblich.
    Der Zug ratterte durch die dunkle Landschaft von Isaan. Sein tröstliches Ta-tak-ta-tak hatte Jake rasch eingelullt.
    Er fiel in einen tiefen Schlaf. Nur einmal, als sie gegen fünf Uhr morgens in einen kleinen Provinzbahnhof mit mondbeschienenen Palmen einfuhren, wachte er auf. Draußen in der tropischen Stille murmelten gedämpfte Stimmen. Jake schwitzte in dem luftdichten Abteil. Was waren das für Leute? Draußen auf dem Bahnsteig? Jemand ging leise durch den Waggon, suchte ein Bett, flüsterte. Jake wartete angespannt. Aber nichts passierte. Chemdas Atem ging regelmäßig und flach.
    Der Zug fuhr an. Nach einer Weile schlief Jake wieder ein, und diesmal träumte er. Er träumte, dass ihm jemand auf den Hinterkopf schlug und dass sein Kopf vom Körper gerissen wurde. Und dann schaute er auf seinen eigenen Kopf hinab, wie er auf dem Boden herumrollte; und auf einmal war es der mit violettem Lippenstift verschmierte Kopf seiner Mutter. Ihre Augen öffneten sich.
    Jake schrak aus dem Schlaf hoch. Ihr Abteil war von der Morgensonne hell erleuchtet, und am Fenster flitzten Wolkenkratzer und Stadtautobahnen vorbei. Chemda war schon aufgestanden und fertig angezogen.
    »Wir sind da. In Bangkok.«
    Sie beugte sich über ihn und küsste ihn.
    Seine Küsse waren schludrig und widerstrebend. Der Traum war so realistisch gewesen. Warum sah er immer wieder dieses Bild, diesen Kopf ohne Körper?
    »Chemda.« Er wollte sich alles von der Seele reden, seine Verunsicherung mit ihr teilen und sie auf diese Weise halbieren. Er hatte

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