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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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verändern.«
    »Bauen Sie auch eine ordentliche Straße?«
    »Ja, ja! Und viele Toiletten und Cafés. Geschäfte! Warum auch nicht? Das ist der schönste Ort der Erde. Deshalb muss es Toiletten und Cafés und Busse und Läden geben. Es wird großartig. Das ist Fortschritt!«
    Er grinste. »Und jetzt muss ich mich verabschieden. In vier Tagen fährt der letzte Lkw nach Zhongdian. Den müssen Sie nehmen. Denn wir wollen mit der … Zerstörung von alldem hier … beginnen.« Er verzog angewidert das Gesicht. »Das Militär wird noch einmal herkommen, um die Labors niederzureißen. Aber danach können wir mit dem Bau des Parks beginnen.«
    »Ja.« Jake konnte die Resignation in seiner Stimme spüren. »Wir werden den letzten Laster nehmen. Danke.«
    Der Polizist salutierte und entfernte sich.
    Doch es wartete bereits jemand anders darauf, Jakes Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen zu dürfen. Fishwick.
    Der Chirurg zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Jake. Er schenkte sich ein Glas Pu-Erh-Tee ein.
    »Ich fahre schon heute Nachmittag. Mit der Polizei.«
    »Und wie sieht es jetzt mit Ihren Zukunftsplänen aus?«
    »Wie ich gehofft habe, haben sie eingewilligt, mich mit … Epileptikern arbeiten zu lassen.«
    Fishwick rührte mit einem langen Löffel in seiner Teetasse.
    »Jake. Ich wollte Ihnen noch etwas sagen. Erinnern Sie sich noch … an die letzte Frage, die Sie mir gestellt haben? Unmittelbar vor dem Eingriff?«
    »Ja, natürlich. Warum wir glauben sollen?« Jake sah den alten Amerikaner fragend an.
    Nach kurzem Zögern deutete der Neurochirurg mit seinem langen Blechlöffel. »Sehen Sie sich diesen Berg an. Seine beeindruckende Schönheit. Sie spricht doch für sich, oder nicht?«
    »Wie bitte?«
    Fishwick schloss kurz die Augen. Dann fuhr er ganz ruhig fort:
    »Die Antwort auf Ihre Frage ist mir erst vor wenigen Wochen gekommen. Ich stand vor dem Stupa, dem Bala-Stupa, am Fuß des heiligen Bergs, und plötzlich dämmerte es mir. Ich sah – ich realisierte, dass sich das Gottesmodul möglicherweise aus dem elementarsten und naheliegendsten Grund überhaupt entwickelt hat.«
    »Und der wäre?«
    »Es ist kein Nebenprodukt, es ist kein Füllsel und kein Parasit und kein Trick. Es ist nicht einmal etwas, was uns bei Laune und guter Gesundheit halten soll … Es ist …«
    »Ja, was?«
    Fishwick sah Jake an. »Wir haben Augen entwickelt, um das Sonnenlicht zu sehen. Wir haben Ohren entwickelt, um den Wind zu hören. Und unsere Hirne sind darauf gepolt, zu glauben … weil?«
    »Sie meinen, wir sind darauf programmiert, zu glauben, weil es tatsächlich einen Gott gibt? Sie sind gläubig geworden?«
    Der Neurochirurg zuckte mit den Achseln und deutete erneut auf die eindrucksvolle Schönheit der Bergwelt.
    »Wissen Sie, die Dorfbewohner hier, sie waren noch bis vor sechzig Jahren so von der Welt abgeschnitten, dass sie glaubten, die einzigen Menschen im ganzen Universum zu sein. Stellen Sie sich das mal vor.«
    Aber Jake wollte sich das nicht vorstellen, er wollte sich nichts vorstellen. Er wollte nicht an seine eigene kalte, verwelkte Zukunft denken, so grau wie der Sand in Sovirom Sens japanischem Zen-Garten. Deshalb blickte er auf die Schluchten und den Weißen Buddhaberg. Er blickte auf das absolute Nichts.
    Fishwick seufzte. »Ich muss jetzt wirklich los. Es tut mir leid, dass sich der Eingriff doch nicht mehr rückgängig machen ließ. Alles, was ich Ihnen sagen kann, ist: Geben Sie die Hoffnung noch nicht ganz auf. Manchmal heilen Nervenzellen spontan. Warum, wissen wir nicht. Der menschliche Verstand birgt noch viele Geheimnisse. Wiedersehen, Jake.«
    Jake sah dem Amerikaner hinterher, wie er die Treppe hinabstieg und zwischen den Laborbauten verschwand.
    Der Wind aus den Wäldern war mild. Aber Jakes Tee war kalt. Und die Leere und Stille in seinem Innern war immens. Wie eine zum Verstummen gebrachte Glocke.

50
    D ie Tage vergingen, das Militär blieb. Jake träumte von nichts. Er starrte in den Himmel. Der Tag ihrer Abreise rückte näher.
    Am sechsten Tag nach der fehlgeschlagenen Operation erwachte Jake früh und schaute auf die andere Seite des Betts.
    Sie war leer.
    Auf Chemdas Kopfkissen lag ein Umschlag mit einer Nachricht.
    Er nahm den Notizzettel heraus und las.

    Ich weiß, dass Du mich nicht mehr liebst; und ich
    weiß, dass Du nichts dafür kannst. Das tut mir un-
    endlich weh, denn ich liebe Dich immer noch.
    Leb wohl
    C

    Er steckte den Zettel in den Umschlag zurück. Dann zog er sich

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