Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
nett zu ihr. Ich möchte in zwei Stunden wissen, ob wir einen Fall haben oder nicht.«
Er verstaute sein Telefon wieder im Sakko und schlug den Weg zur U-Bahn-Station ein. Kurz darauf läutete es. Jale Cengiz, ebenfalls die Büronummer. Gut zu wissen, dass beide ihre Arbeit erledigten, sagte er sich.
»Jale? Was gibt es?«
»M wie Mingabräu«, eröffnete Jale stolz. »Ich habe eine Abbildung des Steinkrugs im Internet gefunden. Der Krug wurde als Werbegeschenk produziert. Wird aber nicht mehr hergestellt. Stellen Sie sich vor, die Brauerei …«
»… ist vor zwei Wochen von einem Türken übernommen worden.« Seine frühmorgendlichen Nachforschungen auf dem Bierfestival hatten sich gelohnt.
»Woher wissen Sie das?«, fragte Cengiz erstaunt.
Demirbilek hörte ihr an, wie schwer sie sich tat, ihn zu siezen. Er wusste jedoch, dass sie zu ihrem eigenen Schutz keinen komischen Eindruck wegen der privaten Überschneidungen entstehen lassen wollte.
»Ich bin seit fünf Uhr auf den Beinen, mein Kind«, erinnerte er sie sarkastisch.
»Allah kabul etsin«,
sagte Cengiz schnell. Der Wunsch, Allah möge seine Fastenbemühungen anerkennen, schien von Herzen zu kommen, obwohl sie ständig vergaß, dass es Fastenzeit war.
»Hol mich um eins von der Moschee ab, dann sehen wir uns die Brauerei an«, instruierte Demirbilek sie und ging weiter zur U-Bahn-Station.
12
D ass es Freitag war, hatte Cengiz glatt vergessen, und sie fragte sich besorgt, ob es daran lag, möglicherweise schwanger zu sein. Verrücktspielende Hormone, Eierstöcke in Jubellaune. In der Mittagspause, nahm sie sich fest vor, würde sie in der Apotheke einen Schnelltest besorgen. Aydin hatte an dem Abend ein Konzert; als Saxophonist verdiente er sich etwas zum Studium dazu. Auch wenn es nach dem Auftritt spät werden würde, wollte sie den Test unbedingt mit ihm zusammen machen.
Sie malte sich aus, wie Aydin auf die Nachricht reagieren würde, mit neunzehn Jahren Vater zu werden. Doch statt seines vor Glück strahlenden Gesichtes drängte sich ihr wütender Chef in ihre Vorstellung. Cengiz seufzte tief und stand auf, um in der Kantine Tee zu holen. In diesem Moment klopfte es, und die Tür wurde aufgestoßen. Kommissariatsleiter Franz Weniger blickte mit dem Aktenkoffer in der Hand in die Büroräume. Er war leger gekleidet. Bestimmt macht er früher Schluss und fährt über das Wochenende zum Golfspielen, phantasierte Cengiz, dabei wusste sie nicht einmal, ob Weniger überhaupt Golfer war.
»Was ist mit dem Toten aus dem Brunnen? Ist mir ein wenig zu spektakulär. Wie kann ein Mann mitten in der Stadt ertrinken? Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«
Cengiz überlegte, was sie ihrem obersten Chef sagen konnte und was nicht. Schließlich hatte die Migra bislang keinen offiziellen Fall.
»Isabel ist gerade bei Dr. Ferner. Das Obduktionsergebnis liegt noch nicht vor.«
»Geht das nicht schneller?«
»In ein paar Stunden wissen wir Bescheid«, antwortete sie zunächst ruhig, nur um kurz darauf ihre Zurückhaltung abzulegen und ihrem Temperament zu erlauben, so zu reagieren, wie sie es am liebsten hatte. Mit Verve fügte sie hinzu: »Herr Weniger, machen Sie sich keine Sorgen. Ich tippe auf Raubmord. War ja stockbesoffen, der Gute, und der Park beim Brunnen ist ja dunkler wie ein anständiger türkischer Mokka.«
Mit diesen Worten setzte sie ein Lächeln auf, das sowohl ihr gutes Aussehen als auch ihre Intelligenz unterstreichen sollte. Daher wunderte sich Cengiz über Wenigers Reaktion, als er den Raum betrat und den Aktenkoffer abstellte.
»Frau Cengiz, Sie wissen, wie sehr ich Ihre Arbeit im Sonderdezernat schätze«, erläuterte er ruhig. »Sie machen sich gut. Auch wenn es anfangs disziplinarische Defizite Ihrerseits gab. Ich muss Ihnen nicht ins Gedächtnis rufen, dass ich Sie nach Berlin zurückversetzen wollte. Aber lassen wir das. Ich weiß, wie sehr Sie wegen der Fastenzeit unter Druck stehen. Ein leerer Magen ist nicht gut für das Denkvermögen. Deshalb sehe ich über den Blödsinn, den Sie eben von sich gegeben haben, hinweg. Warten Sie ab, was Frau Vierkant bei der Gerichtsmedizinerin in Erfahrung bringt, und informieren Sie mich umgehend.«
Danach nahm er seinen Aktenkoffer wieder in die Hand und ließ seine Mitarbeiterin mit offenem Mund zurück. Cengiz tat sich nicht schwer, die Kritik des Kommissariatsleiters mit einem »Puh« aus dem Kopf zu verbannen. Dennoch überlegte sie, ob sie ihm nachgehen und darüber aufklären sollte,
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