Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
Umständen wollte er sich mit einem Magenknurren vor seinem Kollegen bloßstellen.
»Und der Zeitpunkt? Konzentrier dich besser, Pius«, provozierte er ihn, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
»Ja, spinnst du, du Depp«, regte Leipold sich auf. »Jetzt mal langsam. Bei deinen zwei Grazien kannst du so viel auf Pascha machen, wie du magst! Aber nicht bei mir!«
»Also, der Todeszeitpunkt?«, forderte er unbeeindruckt, die Beleidigung steckte er mühelos weg.
»Irgendwas zwischen elf und Mitternacht. Noch was?«
Demirbilek überlegte. Es war zu spät, um vor der einseitigen Verabredung mit dem türkischen Geschäftsmann Özkans Wohnung aufzusuchen.
»Bayrak soll warten, bis wir zurück sind. Wir geben unten Bescheid.«
»Wieso? Wo willst du hin?«
»Ich habe da eine Idee. In fünf Minuten beim Auto. Du fährst.« Kaum hatte Demirbilek die Worte geäußert, drehte er sich um und hastete hinaus.
Leipold quälte sich aus seinem Drehstuhl und packte die angebissene Semmel in die Tüte zurück, um sie später fertigzuessen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass der Türke sich zu seinem Schicksal entwickelte. Rein beruflich, natürlich.
22
S ag ihm, er soll warten, sonst lass ich ihn verhaften!«, bellte Demirbilek in den Hörer und legte auf. Der Beamte am Empfang hatte angerufen, weil ein Mann – groß wie ein Bär – behauptete, mit ihm und Leipold verabredet zu sein.
Demirbileks bayerischer Kollege lenkte gerade den Wagen auf das Gelände des Bierfestivals. Die Abbauarbeiten waren durch den Staatsanwalt vorsorglich gestoppt worden. Auf dem Platz vor dem Haupttor parkten zwei Gabelstapler und mehrere Transporter.
»Was macht Isa denn hier?«, schrie Leipold plötzlich auf. Er hatte Vierkant entdeckt, die mit dem Fahrrad an das Haupttor des Veranstaltungsortes vorfuhr.
»Sie wohnt im Westend, gleich in der Nähe«, erklärte Demirbilek knapp.
Nachdem Leipold den Wagen abgestellt hatte, schlug Demirbilek in Eiltempo den Weg um die Halle herum ein. Vierkant folgte ihm, ohne zu wissen, wofür sie ihren samstäglichen Wohnungsputz aussetzen musste. Als sie bei dem hinteren Rolltor ankamen, blieb Demirbilek unvermittelt stehen und begutachtete die aufgetürmten Bierfässer. Aluminium- und Holzvarianten waren getrennt voneinander. Eine Phalanx leerer Bierkästen wartete in Reih und Glied darauf, abtransportiert zu werden.
»Vergiss es, Zeki. Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Leipold abfällig.
»Ich möchte auch mitdenken!«, warf Vierkant ein. Sie wollte endlich erfahren, weshalb sie herbestellt worden war.
»Unser Pascha glaubt, die Tote hatte hier hinten Sex und ist mit einem der Fässer erschlagen worden«, fasste Leipold zusammen.
»Warum soll es nicht so gewesen sein?«, fragte Vierkant.
»Weil hier hinten Mordsbetrieb war. Direkt nach der Preisverleihung haben die Abbauarbeiten begonnen«, erklärte Leipold gelangweilt. Gleichzeitig ärgerte er sich, warum nicht er, sondern der Türke wieder die Marschrichtung vorgab.
Demirbilek sah sich in alle Richtungen um. »Pius hat recht. Wenn man beim Sex gesehen werden will, wäre das ein guter Ort, sonst nicht.« Dann deutete er zu den drei hellblauen Toilettenhäuschen, die weiter entfernt am Rand des angrenzenden Parks aufgestellt waren – für die Notdurft der Besucher und des Personals.
Wieder preschte er vor. Vierkant und Leipold folgten ihm zu den Toilettenhäuschen, ein Gehweg führte ein paar Meter daneben durch die Grünanlage.
»Schaut ja ein wenig aus wie auf dem Oktoberfest. Da geht es bei den Toilettenbuden auch ganz schön wild her. Hinter den Dixi-Klos sieht dich kein Mensch, wenn es dringend sein muss. Aber schon sehr unappetitlich, wenn du mich fragst. Oder, Isa?«, Leipold zwinkerte Vierkant zu. Recht zweideutig, wie sie fand.
Auch sie prüfte, ob die Kabinen genügend Sichtschutz vor neugierigen Blicken boten, als sich plötzlich wie von Geisterhand das Toilettenhäuschen vor ihr zu bewegen begann. Hastig sprang sie einen Schritt zur Seite, denn es kippte direkt auf sie zu und fiel knapp an ihr vorbei ins Gras. Irritiert blickten sie und Leipold in Demirbileks erfreutes Gesicht, das nun zum Vorschein kam. Er hatte die Hände mit Stofftaschentüchern umwickelt, um bei der Rekonstruktion des möglichen Tatherganges keine Spuren zu verwischen.
»Geht leichter, als ich dachte«, sagte er mehr zu sich selbst als zu seinen verblüfften Kollegen und umrundete das Häuschen. Dann bemühte er sich nach Leibeskräften, es wieder
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