Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
ich die Regale und den Tisch zusammengeschraubt. Seine Eltern hatten ja Schiss um ihren Sohn.«
»Deshalb die hundert Euro extra?«, fragte Demirbilek nach.
»Dafür sollte ich Augen und Ohren offen halten. Ihm unter die Arme greifen, damit er sich in München zurechtfindet. Mehr war da nicht.«
Demirbilek verkniff sich die Bemerkung, dass sich die elterliche Zuwendung nicht gelohnt hatte. Er beobachtete, wie Adnan betroffen schluckte. »Dass er in einem Brunnen mitten in der Stadt ertrunken ist. Das ist unvorstellbar.«
Demirbilek wartete. Er wollte dem schlechten Gewissen des Hausmeisters Zeit geben, sich zu entfalten.
»Haben Sie eine Ahnung, ob er an einem Film gearbeitet hat?«
»Film? Meinen Sie, wegen der Videokamera? Der ist immer mit so einem winzigen Ding herumgelaufen, meinen Sie das? Keine Ahnung, was er damit aufgenommen hat.«
Demirbilek stellte die Vermutung an, Bayraks Assistent habe nicht nur den Computer, sondern auch die Kamera aus Ömers Zimmer an sich genommen.
Adnan drehte sich nach vorne und grübelte laut: »Ömer hat mich zwei oder drei Mal angerufen, weil er was brauchte.«
»Sehen Sie mich an, wenn Sie mit mir reden.« Demirbilek wartete, bis Adnan sich ihm wieder zugewandt hatte. »Und was?«
»Nichts Besonderes.«
»Denken Sie daran, was Ihr Anwalt gesagt hat. Zeigen Sie sich kooperativ«, warnte Demirbilek eindringlich.
»Einmal wegen des Wasserhahns im Badezimmer«, antwortete Adnan prompt und überlegte weiter. »Dann hat er mal geklopft wegen seiner Freundin mit den gefärbten Haaren. Das war die Einzige, die ihn besucht hat.«
Er meint die Frau, die sich umgebracht hat, da war sich Demirbilek sicher. »Ja, und?«
»Die war schräg. Ich glaube, die war auf Drogen.«
»Schön, und weiter?«
»Er hat nach einer Flasche Wein gefragt. Für sie, nicht für sich selbst. Er hat ja nicht getrunken.«
Der Dritte, der das aussagt, zählte Demirbilek.
»Was noch? Denken Sie nach!«, drängte er weiter.
»Ach ja«, rief Adnan aus. »Er hatte mich gebeten, ein Paket für ihn aufzugeben, er war spät dran wegen der Arbeit. Er hat doch in der Brauerei gejobbt.«
»Wann war das?«
»Am Mittwoch.«
»Er ist in der Nacht zum Donnerstag ertrunken. Was war das für ein Paket?«
Adnan hielt die Handflächen auseinander. »Nicht groß, wäre billiger als Päckchen durchgegangen. Er wollte es aber versichern. Deshalb als Paket.«
»An wen war es adressiert?«
»An sich selbst, also an die Adresse seiner Eltern in der Türkei.«
»Wo haben Sie es aufgegeben?«
»Ich nicht. Meine Frau wollte das erledigen.«
»Rufen Sie sie an. Wir brauchen das Paket.«
»Mein Handy haben Sie doch.«
Das stimmte, besann sich Demirbilek und kramte es aus seiner Sakkotasche.
»Ich erledige das selbst. Unter welchem Namen ist sie abgespeichert?«
»Gülüm.«
Nicht gerade einfallsreich, den Kosenamen »meine Rose« zu verwenden, fand Demirbilek und telefonierte mit der Frau des Hausmeisters in türkischer Sprache. Am Ende gab er Leipold Zeichen, eine Nummer zu notieren.
»Das ist die Paketnummer. Sie hat es erst am nächsten Tag zur Post gebracht. Ruf Vierkant an«, befahl er.
Leipold klemmte sich, ohne zu murren, ans Telefon und beauftragte sie, das Paket mit Hilfe der Sendungsverfolgung zu suchen und es sicherzustellen.
Demirbilek hing seinen Gedanken nach. Die unbekannte Geschäftsfrau, wegen der sie zum Flughafen unterwegs waren, musste in irgendeiner Weise mit Bayrak zu tun haben. Warum sonst sollte sein Assistent sie fahren? Dann tippte er den Beamten an und deutete auf den Einschaltknopf des Martinshorns.
30
S ie wartete in der Lounge für Businessreisende auf ihren Abflug, aufrecht auf einem lederbezogenen Sitzmöbel sitzend, die Beine übergeschlagen, und schleckte mit der Zunge den Rest des Schaumes aus einem Glas Espresso macchiato. Die schwarzen Augen flogen über das Display eines Tablets auf ihrem Schoß. Demirbilek beobachtete sie, während der Hausmeister die Frau aus dem Mercedes identifizierte. Adnan war sich absolut sicher, sie wiedererkannt zu haben, so dass Leipold auf Demirbileks Anweisung hin den Zeugen zur S-Bahn-Station brachte. Demirbilek unterdrückte ein Gähnen. Im Vorraum der Lounge informierten zwei Beamte der Polizeidirektion Flughafen die Dame an der Empfangstheke darüber, einen ihrer Passagiere sprechen zu wollen. Um kein Aufsehen zu erregen, unterbreitete sie eine an und für sich sinnvolle Idee.
»Sind Sie einverstanden, wenn ich die Dame aus der Lounge
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