Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
nebeneinander.«
»Ich weiß um die kompromittierenden Aufnahmen auf Ömers Computer«, konfrontierte Demirbilek sie im Plauderton weiter.
Falsche Behauptungen, hatte der Kommissar im Laufe seiner Dienstjahre für sich festgestellt, konnten ein probates Mittel sein, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Im Grunde seines Herzens empfand er das berufsbedingte Lügen im Rahmen seiner ermittlungstechnischen Arbeit als legitime Waffe gegen das Verbrechen. Täter logen ja auch.
Die Frau reagierte auf seine Behauptung so, wie er gehofft hatte. Sie war für einen Moment irritiert.
»Sehe ich aus, als hätte ich Ahnung von Computern,
Komiser Bey?
«, sagte sie dennoch mit amüsierter Stimme.
»Sie sehen aus, als engagierten Sie Leute, die sich damit auskennen. Der Hausmeister aus der Ismaninger Straße hat Sie und Bayraks Assistenten identifiziert«, erklärte Demirbilek lächelnd.
Die Diplomatin fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen. Als Nervosität vermochte Demirbilek die unbewusste Geste nicht zu interpretieren. Ein Ausdruck der Überraschung, das schon eher. Sie kontrollierte im Spiegel ihr Aussehen, dann reichte sie ihm die Hand. Demirbilek nahm sie und spürte, wie warm und weich sie war.
»Entschuldigen Sie mich jetzt bitte. Ich darf meinen Flug nicht verpassen. Morgen habe ich mit Süleyman
Bey
und ausgewählten Vertretern der Wirtschaft ein Treffen beim Staatspräsidenten.«
»Richten Sie dem Präsidenten Grüße aus«, sagte Demirbilek gutgelaunt und löste seine Hand. Dann ging er vor zur Tür und hielt sie auf.
»
Iyi yolculuklar
… Gute Reise. Und grüßen Sie mir Istanbul«, verabschiedete er sich in der Gewissheit, das erreicht zu haben, was unter den Umständen zu erreichen war: Die Diplomatin hatte zu spüren bekommen, dass sie ein Problem hatte und dass mit demjenigen, der ihr Probleme bereitete, nicht zu spaßen war.
Leipold stand draußen nach wie vor Schmiere und drückte Koca mit einer entschuldigenden Geste den Diplomatenpass in die Hand. Sie neigte den Kopf zum Dank und folgte zügig den Wegweisern zu den Gates. Die beiden Polizisten sahen ihr hinterher.
»Was von Bayrak gehört oder seinem Assistenten?«, erkundigte sich Demirbilek.
»Nein. Bayrak hat noch nicht eingecheckt. Vom Assistenten keine Spur.«
»Lass uns zum Gate gehen. Vielleicht treffen wir ihn dort. Irgendwas haben die beiden miteinander zu schaffen.«
»Du glaubst, die vögeln miteinander?«, fragte Leipold unverblümt.
»Warum nicht? Sie sieht ja gut aus«, meinte Demirbilek verwundert.
»Was? Die sieht doch nicht gut aus!«, erwiderte Leipold entrüstet und jagte ihm hinterher.
Auf dem Rückweg durch die Lounge kamen die beiden Polizisten an Kocas Sitzplatz vorbei. Demirbilek entdeckte aus dem Augenwinkel ihr Tablet, das sie offenbar auf der Ablage vergessen hatte. Die Chance, sagte er sich, darfst du dir nicht entgehen lassen. Er verlangsamte den Schritt, so dass Leipold ihn überholen musste. Unbemerkt von ihm und den wartenden Passagieren griff er nach dem Gerät und steckte es beim Weitergehen wie ein Taschendieb hinten in den Hosenbund und richtete sein Sakko darüber.
Kurze Zeit später erreichten sie das Gate. Vorsorglich hatte Leipold die Kollegen vor Ort über ihre Ermittlungen informiert. Sie passierten problemlos die Kontrollen und kamen gerade noch rechtzeitig, um Koca beim Vorzeigen ihrer Boardkarte zu beobachten. Demirbilek beschloss, das Tablet nach einer eingehenden Untersuchung zurückzugeben. Er war ja nicht schuld daran, dass sie es vergessen hatte, rechtfertigte er sich. Darüber hinaus wunderte er sich, warum Bayrak nicht auftauchte. Was für einen triftigen Grund konnte es geben, eine Verabredung mit dem türkischen Staatspräsidenten zu versäumen? Ihm fiel keiner ein. Ebenso wenig ein Grund dafür, warum Selma ihn nicht sehen wollte.
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N ach der Rückkehr zum Präsidium verständigten sich Demirbilek und Leipold, am Montag über das weitere Vorgehen zu sprechen. Leipold blickte ihm hinterher, wie er Richtung U-Bahn aufbrach, als ihm einfiel, seiner Frau nicht Bescheid gegeben zu haben, dass es später werden würde. Mit dem Auto benötigte er zwanzig Minuten nach Sendling. Die Leipolds wohnten in einer Erdgeschosswohnung zur Miete. Sohn Max zählte fünf Jahre und war wie sein Vater eingefleischter Sechziger-Fan. Töchterchen Sophie war zwei Jahre jünger, sie liebte alles, auf dem das Hello-Kitty-Kätzchen funkelte. Leipolds Ehefrau Elisabeth arbeitete seit der Geburt des ersten
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