Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
bayerischen Kollegen.
»Nein, wieso?«, fragte Leipold mit Unschuldsmiene.
»In Ordnung«, lenkte Weniger nun ein, obwohl ihm klar war, dass Demirbilek nur die halbe Wahrheit sagte. Es wäre nicht neu, wenn er darauf verzichtete, ihn in ermittlungsrelevante Zusammenhänge einzuweihen. Ebenso bewusst war ihm seine hohe Aufklärungsquote.
»Dann sind wir uns einig, meine Herren. Arbeiten Sie vernünftig zusammen. Ich möchte eine schnelle Aufklärung. Rechtes Gesocks hat weder bei uns in München noch sonst wo etwas verloren.«
Nachdenklich nahm Demirbilek das Papier aus dem Silo in die Hand. Das Bekennerschreiben war mit altdeutschen Lettern auf einem Computer geschrieben und ausgedruckt worden:
Du Türkensau kriegst unser Bier nicht.
Unterschrieben mit:
Die Münchner Rechte.
Was für ein dummes Schreiben, urteilte Demirbilek.
»Warum bietet uns der Täter eine Spur auf dem Präsentierteller?«, fragte er in die kleine Runde.
»Wie meinen Sie das?«, entgegnete Weniger.
»Es gab nicht viele, die von der Demontage wussten. Im Wesentlichen die Mitarbeiter der Brauerei. Achtzehn Angestellte. Bayraks Unternehmen in der Türkei. Die Investoren. Hochgerechnet vielleicht fünfzig Personen. Dann diejenigen, die nichts wissen durften, aber davon erfahren haben. Das engt den Täterkreis ziemlich ein.«
»Und die Demonstration? Der Flaschenwerfer, Sie erinnern sich? Ist er denn nicht tatverdächtig?«
Leipold meldete sich zu Wort. »Cengiz hat ihn mit dem Handy fotografiert. Wir kennen ihn. Er gehört zum Nachwuchs bei den Königstreuen. Das sind die, die unser schönes Bayernland wieder zum Königreich machen wollen und zum lieben Herrgott beten, dass Franz-Josef Strauß aufersteht.«
»Ja, und? Haben Sie ihn festgenommen?«, erkundigte sich Weniger.
»Nein, vernommen«, meldete sich Demirbilek. »Er ist direkt vom Frühschoppen zur Demonstration, war betrunken, als er die Flasche geworfen hat. Der hat mit Bayraks Tod nichts zu tun.«
»Warum?«
»Weil ich ihn verhört habe.« Die Vernehmung hatte genau drei Minuten gedauert.
Weniger sah zu Leipold hinüber. Sein fragendes Gesicht kam einer Aufforderung gleich, sich zu äußern.
»Hat schon recht, der Zeki«, erwiderte Leipold. »Das ist ein dummdreister Tunichtgut. Wir haben ihn auf dem Schirm. Wichtiger wäre es, den genauen Todeszeitpunkt zu wissen. Die Demonstration war am Sonntagvormittag. Die Leiche sah ganz passabel aus. Der kann nicht lange tot gewesen sein. Wenn das so ist, scheiden die Demonstranten als Tatverdächtige aus. Das erspart uns eine Menge Arbeit. Wann macht Frau Doktor die Autopsie?«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Weniger entschlossen und stand auf.
Demirbilek und Leipold erhoben sich ebenfalls.
»Pius, du bringst mir den Lehrling zum Verhör«, befahl Demirbilek sachlich, allerdings mit einem Funkeln in den Augen. Dann nickte er Weniger zu und ging.
Leipold biss noch ein Stück vom Käsekuchen ab. Ist nicht einfach mit dem Pascha, wenn er sauer ist, dachte er.
49
D emirbilek lief die Treppen hinunter und blieb vor dem Haupteingang des Präsidiums stehen. Er brauchte dringend frische Luft. Seine Laune war nicht die beste. Die Ursache dafür lag auf der Hand: der Anblick des Käsekuchens, den Leipold verschlungen hatte. Reiß dich zusammen, ermahnte er sich und suchte nach einer Möglichkeit, seine fiebrige Unruhe in den Griff zu bekommen.
Da kam ihm eine Idee. Er setzte eine seiner Eingebungen in die Tat um und begann zu hüpfen. Dabei zog er die Knie nach oben und atmete regelmäßig zum Takt ein und aus. Zu seiner Verwunderung hatte er Spaß an der sportlichen Betätigung. Währenddessen nahm er sich vor, die Gerichtsmedizinerin schnellstmöglich über den Ermittlungsstand zu informieren. Die Mühe mit der Analyse der Biersorten konnte sie sich sparen. Er wusste ja nun Bescheid. Dann dachte er über die Verbindung von Bayrak zu Weigl nach. Warum hatte der türkische Brauereiunternehmer gelogen? Es ergab keinen Sinn. Außer, es gab einen Grund, den er für sich behalten wollte. Erpressung kam als Erklärung in Frage oder eine Liebesaffäre. Noch eine?, fragte sich Demirbilek skeptisch. Bayrak hatte vermutlich etwas mit der Diplomatin, aber mit seiner Angestellten? Ein gefragter Frauenheld schien der Tanzbär für Demirbilek nicht zu sein. Allmählich kam er beim Auf- und-ab-Springen außer Atem. Er beendete die Übung und zog das zweite Taschentuch für den Tag heraus. Während er sich die feuchte Stirn abtupfte, überlegte er
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