Biest: Thriller (German Edition)
Fehlfunktionen nur die Folge eines Computervirus sind. Also haben wir im Grunde selbst mit unseren Warnungen dazu beigetragen, dass sie die Situation unterschätzt haben, auch wenn das nie unsere Absicht war. Und jetzt sind sie sich nicht mehr sicher, ob sie den Reaktor in den Griff kriegen«, sagte die Analystin, die für Frankreich zuständig war.
Will Thater, der auf dem Bildschirm das Stürmen der Wohnung in Berlin verfolgte, antwortete, ohne den Blick abzuwenden: »Kriegen Sie raus, wie weit Eddy mit dem Russen gekommen ist, und fragen Sie nach, ob die irgendwie helfen können, auch ohne den Quellcode.«
»Aber Sir, wenn selbst die Franzosen evakuieren …«
»Nicht jetzt, Marija«, blaffte er sie für seine Verhältnisse ungewöhnlich harsch an. Für Eddy und Will gab es im Moment nur eine Priorität: Berlin. Durch die Kamera an Solveighs Brille konnten sie sehen, was ihre Agentin vor Ort sah. Den alten Mann, der so seltsam ruhig schien. Sie hörten seine Worte, und Will Thater war der Erste, der begriff. Er schrie: »Neiiiin!«, keine halbe Sekunde bevor die Wucht der Explosion Solveighs Körper niederriss und der Bildschirm schwarz wurde. Der Schock stand ihnen in den Gesichtern geschrieben, das Tippen und die leisen Telefonate, sonst übliche Geräuschkulisse in ihrer Operationszentrale, hatten von einer Sekunde auf die andere aufgehört. Das einzige Geräusch war das Knirschen von Beton und herabfallenden Trümmerteilen, übertragen von Solveighs offenbar noch intaktem Mikrofon.
»Slang!«, schrie Will, der sich als Erster gefangen hatte. »Report!« Aber nichts rührte sich.
»Die Kamera filmt doch noch, oder nicht?«, fragte Will.
Eddy antwortete mit trockenem Mund: »Ja, das Signal ist noch da.«
»Das heißt, sie ist nicht zerstört worden, oder?«
»Vermutlich nicht«, gab Eddy zu. In seiner Stimme lag wenig Hoffnung.
»Slang, bist du verletzt? Antworte bitte, Solveigh.«
Aber die Leitung blieb stumm, während sich der Staub aus Putz und Beton langsam auf die Linse der Kamera senkte. Nur Schwarz, nichts als Schwarz. Aber noch wollte Will sie nicht aufgeben. Er hielt das Mikrofon ganz dicht vor seinen Mund und wiederholte alle paar Sekunden ihren Namen: »Slang? Alles okay?«
In dem Chaos, das nun folgen sollte, nahm niemand Notiz von einem Mann, der mit einem Fernglas in der Hand auf dem Dach eines Bürogebäudes stand und die Szenerie beobachtete.
KAPITEL 60
London, England
08. Februar 2013, 16.53 Uhr (zur selben Zeit)
In der Schreibtischschublade klingelte eines der Prepaid-Handys, deren Nummern jeweils nur ein einzelner Mann kannte. Er drehte den Schlüssel der Schublade im Schloss, und nach dem fünften Klingeln drückte er die Taste, um das Gespräch des Algeriers anzunehmen. Es gab keinen Grund, sich gegenseitig vorzustellen, und einige, die dagegensprachen, Höflichkeiten auszutauschen.
»Das Paket wurde von Ihrem Boten nicht wie geplant ausgeliefert. Der Empfänger hat die Annahme unter Androhung von Gewalt verweigert, und wir können auch künftig nicht liefern, da er leider mittlerweile verschieden ist. Die Behörden sind bereits informiert, allerdings weiß ich nicht genau, welche zuständig ist.«
Das Biest betrachtete die Flammen in dem Kamin. Sah zu, wie sie das Ende eines dünnen Holzscheits erst zum Glühen brachten, um es dann zu verzehren und schließlich zu verglimmen. Er wusste jetzt, dass die Zielperson und sein Attentäter ums Leben gekommen waren. Der Engländer hätte sich niemals durch Androhung von Gewalt einschüchtern lassen. Zäher alter Stasi-Bastard. Und der Algerier hatte mehrere Parteien ausgemacht, die den Vorfall untersuchten? Was zunächst nichts Ungewöhnliches wäre, sollte die Bombe tatsächlich explodiert sein. Dennoch hörte es sich für seinen Geschmack etwas zu geheimnisvoll an. Waren sie ihm doch näher gekommen, als er jemals für möglich gehalten hätte? Dann brauchte er vor allem eines: mehr Informationen.
»Das ist überaus bedauerlich, die Lieferung war mir und ihm sehr wichtig. Wäre es Ihnen eventuell möglich, die nächsten Verwandten zu identifizieren? Und auch, welche Behörde für unsere Lieferung zuständig ist?«
Der Algerier, sein letztes As im Ärmel, würde jetzt höchstpersönlich besorgen müssen, was der Engländer verbockt hatte. Sie mussten es schaffen, die glimmende Lunte, die langsam in ihre Richtung abbrannte, zu kappen.
»Das wäre möglich, Sir.«
Die gesamte Gruppe um Eisler war getötet worden. Außer den
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