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Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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Als sie an der Leiche mit der aufgeschnittenen Kehle vorbeikam, kramte sie hektisch in ihrer Hosentasche nach ihrem kleinen Döschen mit Kampferpaste, das sie ständig bei sich trug. Sie strich sich eine kleine Menge über die Oberlippe und merkte sofort, wie das Menthol ihren Geruchssinn ablenkte. Er kam zurück. Offenbar hatten die Hormone die Aussichtslosigkeit ihres Kampfes erkannt und suchten das Weite. Mit dem Geruchssinn kehrte allerdings bestimmt auch ein anderer Bekannter zurück: der Cluster. Ein heftiger, spontan auftretender Kopfschmerz. Sie griff noch einmal in die Hosentasche mit dem Tiegel und atmete beruhigt auf, als ihre Finger den Blister mit dem Medikament ertasteten. Sie hatte es nicht vergessen. Dann kramte sie in den Taschen des Toten nach Papieren. Jacke nichts. Hose nichts. Natürlich nichts. Stattdessen ein kleines Tauchermesser in einem Beinholster, eine Makarow unter der Schulter. Solveigh ließ beides an Ort und Stelle und nahm seine Fingerabdrücke. Um keine unnötigen Beweise für die Berliner Spurensicherungsgruppe zu hinterlassen, verwendete sie auf Anraten von Professor Bennett das Visier ihres Helms, das sie vorher mit ihrem Pullover gründlich abgewischt hatte. Drei Quadranten und kein einziges Beweismittel reicher kam sie zur Leiche von Thomas Eisler, oder besser, zu dem, was von ihr übrig war. Solveigh musste trotz der Kampferpaste ob des Geruchs von Eisen und Fäulnis heftig schlucken und einen starken Brechreiz unterdrücken. Es war kaum noch etwas von ihm übrig, auf dem Boden lag ein Haufen Knochen, Blut und andere Innereien, dazu ein halbes Bein, zwei fast intakte Arme und sein Kopf, der immer noch zu grinsen schien. Die Fernbedienung war ein Handy gewesen, kein sonderlich neues Modell. Ein altes bananenförmiges Nokia. Die Letzten, die noch tagelang funktioniert hatten, ohne aufgeladen werden zu müssen. Solveigh würgte erneut, als sie in sein Gesicht sah, das auf der Seite lag und aus dem die Sehnen und Blutgefäße hingen wie Kabelbäume.
    »Agent Lang?«, fragte Professor Bennett auf einmal. Sie schluckte noch einmal und trug noch etwas Kampferpaste auf, nicht weil noch mehr Paste die Gerüche besser in Schach hielt, sondern weil das Ritual gegen fast alles half.
    »Ja, Professor?«
    »Bitte zeigen Sie mir noch einmal die Stelle da rechts, direkt neben dem Pylorus.«
    Solveigh hatte keine Ahnung, wovon der Mann redete.
    »Den Magen da. Dieser rote Beutel da. Warum liegt da ein Kondom?«
    Solveigh starrte auf die Masse vor ihren Füßen. Sie hörte, wie Professor Bennett zunehmend erregter sprach: »Ja, genau da. Schauen Sie genauer hin!« Solveigh schaute. Und konnte nichts entdecken.
    »Heben Sie es schon auf, ich wette, er hat das geschluckt. Das muss etwas Wichtiges sein. Wer schluckt schon freiwillig so was, außer ein Drogenkurier?«
    Solveigh blickte auf ihre Hand, die in einem Handschuh des SEK steckte. Seufzend ergab sie sich ihrem Schicksal und ging in die Hocke. Der Gestank war jetzt unerträglich. Da entdeckte sie es auch, es sah aus wie ein kleines Plastikei in einem blauen, am offenen Ende verknoteten Kondom. Es sah tatsächlich aus wie diese kleinen Spielsachen in den Schokoeiern, die sie als Kind von ihrer Mutter in dem Billstedter Supermarkt immer bekommen hatte. Sie griff nach dem glitschigen Ding, kriegte es aber nicht zu fassen. Sie versuchte es ein zweites Mal, aber die dicken Einsatzhandschuhe waren nicht für filigranes Arbeiten gemacht.
    »Machen Sie sich keine Gedanken über Fingerabdrücke, Frau Lang. Die Magensäure hat das eh längst weggeätzt, und selbst wenn wir noch etwas finden, sortieren wir Sie halt raus. Tot ist er ja eh schon.« Bennett. Forensikerhumor. Aber sie würde ganz sicher nicht mit nackten Fingern da reingreifen. Oder doch?
    »Nun machen Sie schon, Solveigh. Was glauben Sie, wie viel Blut ich schon abbekommen habe, Sie werden schon nicht daran zugrunde gehen.«
    Natürlich hatte der Professor recht. Langsam streifte sie die Handschuhe ab und legte sie in den Helm, den sie auf den Rücken gelegt hatte, um das Visier mit den Fingerabdrücken zu schützen. In Zeitlupe griff sie nach dem in ein Kondom eingeschlagenen Objekt und fragte sich, was wohl so wichtig gewesen sein konnte, dass sich Thomas Eisler ein sicherlich zwei Zentimeter dickes Plastikei durch die Speiseröhre gezwängt hatte.

KAPITEL 62
    Amsterdam, Niederlande
08. Februar 2013, 18.22 Uhr (zwei Stunden später)
    Dimitrij Bodonin saß in einem Büro der ECSB, jener

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