Biest: Thriller (German Edition)
statistische Modelle für uns lohnen, oder nicht?«
»Ja, aber das habt ihr doch mit den Vorhersagemodellen für die Kraftwerke schon ziemlich deutlich gemacht, oder nicht?« Sein Stift zuckte bedrohlich nah an der Tischkante. Das Gespräch, das er eigentlich gar nicht führen wollte, dauerte ihm schon zu lange. Aber Dominique hatte sich vorgenommen, sich diesmal besser zu verkaufen. Er wollte dieses Studium.
»Mag sein«, grinste er. »Aber was würdest du sagen, wenn ich uns das Biest liefern könnte?«
In diesem Moment hielt der Stift inne. »Wie meinst du das?«, fragte Thater skeptisch.
»Nun ja, ich denke, ich weiß, wo er sich aufhalten könnte.«
Thater blieb der Mund offen stehen. »Und das sagst du erst jetzt?«
»Ich bin gerade erst fertig geworden, und ehrlich gesagt weiß ich auch eher, wo er sich vermutlich aufgehalten hat, nicht unbedingt, wo er im Moment ist. Statistik eignet sich nicht sonderlich für Momentaufnahmen oder Individualaussagen. Das liegt an der…«
»Stopp!«, unterbrach ihn Thater. »Ich bin nicht an einer Vorlesung interessiert. Wenn das wirklich stimmt, kriegst du die Statistikstelle. Ein für alle Mal. Also: Wo ist der Dreckskerl?«
»Wie gesagt, er ist nicht unbedingt dort. Aber ich glaube, dass sich der Bilderabgleich einengen ließe und uns möglicherweise ein besseres zweites Bild liefern könnte. Dazu habe ich mir angeschaut, welche Städte welche Infrastruktur bieten hinsichtlich seiner Profession als Banker, dem Lebensstil eines sehr reichen Mannes und – das wichtigste von allem Merkmalen – welche Städte nicht in der Nähe von stuxnetinfizierten Kernkraftwerken lagen. Es waren ja viele, aber bei Weitem nicht alle Kraftwerke infiziert, und das muss ja nicht unbedingt Zufall sein. Besser gesagt: Ich habe ausgerechnet, dass es zumindest in einem Fall vermutlich kein Zufall ist, und genau da, vermute ich, hat sich das Biest aufgehalten oder hält sich sogar immer noch auf.«
»Du willst sagen, er hat dafür gesorgt, dass er nichts abbekommt, wenn ein AKW havariert? Das klingt logisch.«
»Es ist ein wenig komplizierter, aber ja. Im Grunde kann man es so ausdrücken. Ist es dir nicht seltsam vorgekommen, dass weder Dungeness noch Sizewell infiziert wurden?«
Als Brite wusste Sir William sofort, worauf er hinauswollte. »Das Biest ist in London«, flüsterte er. Dominique nickte.
KAPITEL 69
London, England
01. März 2013, 17.55 Uhr (zehn Tage später)
Als Solveigh am Flughafen Heathrow in die Sonne trat, wusste sie wieder einmal, warum sie diese Stadt nicht besonders mochte. Einen blasierten Briten hatte sie schon als Chef, wenn auch einen zumeist ziemlich charmanten, aber hier in England schien ihr alles bis in den letzten Winkel spiegelpoliert und gleichgeschaltet. Hinter der Fassade dafür umso maroder und im Grunde ziemlich gewöhnlich. Und dieser Koloss von einem Flughafen mit seinen in mehreren Jahrzehnten wahllos danebengesetzten Zubauten war da keine Ausnahme. Sie setzte die Sonnenbrille auf und hielt nach dem Mann von New Scotland Yard Ausschau. Noch einmal warf sie einen Blick auf das Foto, das Eddy ihr aus der Datenbank der Metropolitan Police heruntergeladen hatte. Es zeigte einen Mann in den Dreißigern, markantes Kinn, grüne Augen. Sie scannte die wartenden Fahrer der Limousinen, dann die scheinbar ankommenden Fluggäste, konnte ihn aber nirgends entdecken. Detective Inspector Wayne Sherwood stand unter dem Porträt. Die Autodächer glitzerten, aber Wayne war nirgends zu entdecken, als ein schwarzer Lexus mit quietschenden Reifen neben ihr auf dem Bordstein hielt. Die Fahrertür öffnete sich. Solveigh betrachtete den Mann, der ausstieg, argwöhnisch. Er kam direkt auf sie zu und begrüßte sie mit rotem Kopf.
»Sie werden wohl Solveigh Lang sein, oder täusche ich mich?« Der Mann, den Solveigh niemals als Wayne Sherwood erkannt hätte, schwitzte. Er war mindestens fünfzehn Jahre älter als auf dem Foto und mindestens ebenso viele Kilos schwerer. Sein teigiges Gesicht setzte sich bis zum Hinterkopf fort und wurde von einem grauen Haarkranz umrahmt. Seine Lippen waren tiefrot und die Krawatte unter seinem taubenblauen Pullunder um einiges zu bunt. Nur seine Augen ließen einen Blick auf einen anderen Teil seines Charakters zu, sie schienen ständig in Bewegung und verrieten einen wachen Geist, vielleicht etwas zu nervös für Solveighs Geschmack. Sie gab ihm die Hand.
»Detective Inspector Sherwood, nehme ich an?«
»Sherwood, wie der
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