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Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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Konferenzen. Was vermutlich daran lag, dass sich die meisten nicht in ihrer Muttersprache unterhalten konnten. Solveigh streckte sich und versuchte, Will zu finden, konnte aber weder ihn noch Dominique irgendwo entdecken. Höflich um Entschuldigung bittend, bahnte sie sich einen Weg zwischen den Beamten und Politikern hindurch. ENSREG bestand zum Großteil aus Abgesandten der nationalen Atomaufsichtsbehörden und daher zum Teil aus echten Experten und zum Teil aus Politikern, die von ihren Parteien als Gegenleistung für jahrzehntelange gute Dienste auf einen ruhigen Posten mit üppigem Salär gehoben worden waren. Die Politiker waren ihre größten Widersacher bei dem heutigen Termin. Neben den Lobbyisten der Atomindustrie, die während der vergangenen Tage an jeder Strippe gezogen hatten, die sie in die Finger kriegen konnten. An einer Absperrung musste sie ihren gerade erst ausgestellten Europol-Ausweis vorzeigen, den Will extra für den heutigen Termin besorgt hatte. Die ECSB operierte in einer rechtlichen Grauzone, sie war der EU-Kommission unterstellt und operierte über die Landesgrenzen hinweg, was jedoch nur den Regierungschefs sowie den Minstern des Inneren und der Justiz der jeweiligen Länder bekannt war. Für alle anderen existierten sie offiziell gar nicht, obwohl es immer wieder Gerüchte über ihre Aufträge gegeben hatte. Bisher war es jedes Mal gelungen, sie zu zerstreuen, meist, indem eine nationale Behörde den Ruhm für eine ihrer Operationen erntete. Die ECSB-Agenten wechselten offiziell bei jedem Grenzübertritt den Arbeitgeber und waren formell dem jeweiligen Innenminister unterstellt, ein juristischer Kniff, der ihre grenzübergreifenden Kompetenzen überhaupt erst möglich machte. Heute jedoch brauchten sie keine lokalen Befugnisse, sondern einfach nur eine logische Erklärung für ihre Zuständigkeit, daher die Europol-Ausweise. Europol verfügte zwar kaum über dreihundert Mitarbeiter und durfte nicht selbst ermitteln, sondern ausschließlich unterstützend Daten sammeln, aber heute präsentierten sie eine Analyse, die große – und einzige – Stärke der offiziellen EU-Polizei. Der Sitzungssaal, einer der kleineren im Albert Borschette, war schmal und bot für etwa hundert Personen Platz an vier langen Tischreihen, gesäumt von zwei großen Glasfronten, hinter denen die Simultandolmetscher saßen wie Hennen in einer Legebatterie. Am Kopfende des Saals befand sich der Tisch für die Vortragenden, an dem Dominique gerade seinen Laptop verkabelte. Will stand telefonierend in einer Ecke und winkte. Solveigh lief durch den Mittelgang und betrachtete die braunen Zweckpulte mit Mikrofonen. An jedem Platz lag bereits eine Kopie ihrer Analyse über die drohende Gefahr für die Kernkraftwerke in Europa. Ein dunkler Gongschlag in der Lobby kündigte an, dass die Konferenz in zehn Minuten beginnen würde. Hinter ihr strömten die ersten Teilnehmer zu ihren Plätzen während sie Dominique begrüßte. Solveigh baute ihren eigenen Laptop vor sich auf, als er ihr zuraunte: »Will hat schlechte Laune.« Sie warf ihm einen fragenden Blick zu. »Er glaubt, das hier …«, er deutete in den Saal, der sich langsam füllte, »… ist längst entschieden.«
    Solveigh zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts, sondern wandte sich stattdessen ihrem Bildschirm zu und gab das Kennwort für das Betriebssystem ein. Während die Programme luden, warf sie einen Blick zu Will, der nach wie vor mit versteinerter Miene in der Ecke stand und in sein Telefon lauschte. Wenn Dominique recht hatte, war das eine Katastrophe, denn es würde bedeuten, dass die EU nichts unternehmen würde, um der Bedrohung etwas entgegenzusetzen. Sie las noch einmal den Bericht der ECSB, dem es nicht an Deutlichkeit fehlte: Der Sutxnet-Virus könnte dazu benutzt werden, Zwischenfälle in Atomkraftwerken auszulösen, wobei direkt etwa zehntausend Mitarbeiter in den Betrieben sowie potenziell bis zu vier Millionen fünfhunderttausend Menschen beim Entweichen von Radioaktivität mit gesundheitlichen Schäden zu rechnen hätten. Dazu kamen die volkswirtschaftlichen Folgen und ein möglicher Ausfall der Stromversorgung, bei dem Experten davon ausgingen, dass spätestens nach vier Tagen bürgerkriegsähnliche Zustände ausbrechen würden. Mitten in Europa. Solveigh schloss die Datei. Im Grunde lag es glasklar auf der Hand, was zu tun war: Die EU musste beschließen, alle digital geschalteten Atomkraftwerke vorübergehend vom Netz zu nehmen. Aber

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