Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
Vom Netzwerk:
unendlich dankbar dafür. Maja zerrte ihn zunächst in Richtung der grünen Linie, um am anderen Ende des Bahnsteigs dann doch wieder hinaufzufahren und schließlich in einem Zug der Ringbahn zu enden, der zum Platz der drei Bahnhöfe fuhr, wie er im Volksmund genannt wurde. Als wiederum eine weibliche Stimme aus dem knarzenden Lautsprecher erklang, wusste Dimitrij, dass sie in der richtigen Bahn saßen. Er ließ sich in die Lehne des Sitzes sinken und hörte auf seinen Herzschlag, der immer noch pumpte, getrieben vom Adrenalin und von der Rastlosigkeit von jemandem, der nicht mehr weiß, wohin. Der vielleicht nie mehr wissen würde, wohin. Er fühlte sich leer, seine Gedanken kreisten um die Zukunft, die keine mehr war.
    Moskau besitzt keinen Hauptbahnhof; je nachdem, in welche Himmelsrichtung man reisen will, muss man zu einer anderen Station, wobei drei der größten zumindest in unmittelbarer Nähe zueinander am Komsomolskaja-Platz liegen. Maja und Dimitrij kauften am Leningrader Bahnhof zwei Tickets nach St. Petersburg für den Sapsan-Hochgeschwindigkeitszug, der um 19:45 Uhr abfahren sollte. An einem Kiosk erstanden sie als Wegzehrung zudem zwei große Sandwiches und zwei Becher Kaffee, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Gleis machten. Knapp zehn Meter davor bedeutete Maja Dimitrij, hinter einem schweren Stahlträger stehen zu bleiben.
    »Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie hier nach uns suchen, ich halte es für besser, wenn wir uns trennen«, raunte sie ihm zu.
    »Bist du dir sicher? Woher sollen sie wissen, dass wir nach St. Petersburg fahren?«
    »Das nicht, aber ich gehe davon aus, dass sie mittlerweile begriffen haben, dass wir uns absetzen. Und wenn ich Anatoli wäre mit seinen Verbindungen zum FSB, dann hätte ich Leute an jedem großen Verkehrsknotenpunkt. Ich weiß nicht, ob sie schnell genug waren, aber …«
    »… wir dürfen nichts ausschließen«, vollendete Dimitrij ihren Satz. Maja nickte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Nach einem flüchtigen Blick auf ihr Ticket fügte sie hinzu: »Wir sehen uns gleich. Wagen 17, Platz 104. Wahrscheinlich bin ich nur paranoid, mach dir keine Sorgen, okay?« Nach einer kurzen Berührung an der Wange lief Maja los und wurde keinen Augenblick später von der Menge verschluckt. Dimitrij wartete eine Minute und schnappte sich dann den Griff seines Koffers.
    Das Gleis war heillos überfüllt, er bahnte sich seinen Weg zwischen kreischenden Kindern und Geschäftsleuten mit billigen Anzügen und faltigen Schuhen hindurch in Richtung Wagen 17. Der moderne Schnellzug stand bereits, sodass ständig Bewegung in der Menge herrschte. Reisende stiegen über die Koffer von sich verabschiedenden Pärchen, Gepäckwagen versuchten, sich den Weg frei zu hupen – ohne durchschlagenden Erfolg. In dem ganzen Chaos begann in Dimitrij Panik aufzusteigen: Was, wenn Maja den Zug verpasste? Sie hatten zwar noch ihre Handys, aber da sie wussten, wie leicht man sie darüber orten konnte, hatten sie in der U-Bahn beschlossen, sie auszuschalten und nur im absoluten Notall zu benutzen. Hektisch warf er einen Blick auf die große Uhr über der Wagenstandsanzeige. Noch acht Minuten. Wäre es nicht besser…? Er traf eine Entscheidung, noch bevor er den Satz zu Ende gedacht hatte, und zwängte sich an einer Gruppe Soldaten vorbei zum Zug. Als er seinen Koffer die steile Treppe hinaufwuchtete, stellte er fest, dass es einen weiteren Vorteil bot, schon hier einzusteigen, obwohl sein Wagen noch mindestens achtzig Meter entfernt war: Er konnte den Anfang des Gleises im Auge behalten. Zufrieden bezog er einen Platz zwischen zwei Waggons, von dem aus er durch die Türöffnung schauen konnte. Immer wieder drängten sich Reisende fluchend an ihm vorbei, die er einfach ignorierte. Als er den Pfiff des Schaffners hörte, atmete er durch und lehnte sich gegen die Plastikverkleidung. Aber keine fünf Sekunden später gefror ihm das Blut in den Adern. Hinter dem Fenster der Tür stand der grauhaarige Mann in dem braunen Kamelhaarmantel und starrte ihn aus hervorquellenden Augen an. Dimitrij starrte zurück, unfähig, sich zu rühren. Die Sekunden vergingen wie in Zeitlupe. Einundzwanzig. Zweiundzwanzig. Der starre Blick des Kamelhaars wurde wütend, dann listig. Dreiundzwanzig. Mit einem Quietschen der sich lösenden Bremsen setzte sich der Zug in Bewegung. Scheinbar Millimeter für Millimeter. Vierundzwanzig. Der Mann griff in seine Manteltasche und zog ein Telefon hervor. Fünfundzwanzig.

Weitere Kostenlose Bücher