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Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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Dann verschwand er aus seinem Blickfeld.
    Als Dimitrij den Platz 104 in Wagen 17 erreichte und Majas erleichterten Gesichtsausdruck sah, ärgerte er sich, dass er nicht weiter hinten eingestiegen war. Es war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen, dass es – wenn er den ersten Gleisabschnitt im Auge behalten konnte – auch für die Gegenseite die Chancen erhöhte, ihn zu entdecken. Frustriert ließ er sich in den Sitz fallen und beichtete Maja seinen Fehler. Sie nahm es erstaunlich gelassen hin und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, während sie gedankenverloren an ihrem Portemonnaie nestelte.
    »Ich glaube, es ist Zeit für Babuschka.«
    »Was willst du von deiner Großmutter?«
    Maja zog einen scheinbar uralten, vergilbten 100-Dollar-Schein aus ihrem Portemonnaie.
    »Der ist von Babuschka, sie hat ihn mir vor über 15 Jahren gegeben, und ich musste ihr versprechen, nur in höchster Not von ihm Gebrauch zu machen. Und ich denke, als solche könnte man das hier wohl bezeichnen, oder meinst du nicht?«
    »Aber ich habe noch genug Bargeld«, protestierte Dimitrij und zog ein Bündel Geldscheine aus der Hose.
    »Das hier ist ja auch keine einfache Banknote. Schau auf die Vorderseite.«
    Unter dem Porträt von Benjamin Franklin stand in einer zittrigen, aber feinen Handschrift eine Telefonnummer mit einer Vorwahl, die Dimitrij noch nie gesehen hatte.
    »Die Nummer soll ich anrufen, wenn ich in ernsthaften Schwierigkeiten bin und nicht mehr weiterweiß, hat sie gesagt. Und da sie ja jetzt eh schon wissen, in welchem Zug wir sitzen, können wir auch gleich das Handy benutzen.«
    Maja schaltete das Gerät ein, ohne eine Antwort abzuwarten. Dimitrij schluckte. Nach einem Seitenblick zu ihm wählte sie die lange Nummer, die auf dem Geldschein stand. Sie beugte sich zu ihm herüber, sodass er mithören konnte. Das Freizeichen hörte sich fremdländisch und furchtbar weit weg an, es rauschte in der Leitung.
    »Feinblat«, meldete sich nach dem fünften Klingeln eine Frauenstimme, die älter und gleichzeitig hoffnungsverheißender klang als alles, was Dimitrij je gehört hatte.

KAPITEL 33
    Berlin, Deutschland
16. Januar 2013, 10.04 Uhr
    Thomas Eisler öffnete das Schließfach beim renommierten Bankhaus Löbbecke an der Französischen Straße in Berlin-Mitte im Beisein einer schmallippigen Bankangestellten. Nur ein dünner, preußischblauer Vorhang schützte ihn vor ihren neugierigen Blicken. Wobei es keine Rolle gespielt hätte, wenn sie hätte sehen können, wie er einen dicken braunen Manilaumschlag in den Metallbehälter legte, um ihn danach wieder zu verschließen. Seine Lebensversicherung, die jetzt neben etlichen Reisepässen und Geldbeständen ihrer Bestimmung entgegenschlummerte. Er übergab ihr den Kasten mit der Nummer 1285, die sich seit der Staatsbank der DDR trotz mehrfachen Eigentümerwechsels des Gebäudes nicht verändert hatte. Wortlos schob die Frau mit dem knielangen Rock und der weißen Bluse ihn in den dazugehörigen Schacht, bis die Wand wieder eben glänzte wie ein Spiegel. Es war nicht Eislers einziges Schließfach bei dieser Bank, wenn auch das für ihn persönlich wichtigste, und jetzt beinhaltete es neben einer Kopie des Virus etliche Beweise für Anatoli Kharkovs Beteiligung an ihrem Terrorplot. Er verließ das Institut durch die Schalterhalle wie ein ganz gewöhnlicher Kunde. Thomas Eisler war nicht nur alt, sondern auch altmodisch, und die Tatsache, dass der Plan, den er für Anatoli umsetzte, zu großen Teilen ausgerechnet von einem Computerprogramm abhing, störte ihn kolossal. Aber es war nicht zu ändern, die Zeiten waren nun einmal so, und wenn es half, die alten Kräfteverhältnisse wenigstens halbwegs wiederherzustellen, sollte es ihm recht sein. Im Gegensatz zu Anatolis schlechter Meinung von ihm hatte er den Auftrag nicht aus finanziellen Gründen übernommen. Nur hatte es für ihn überhaupt keinen Vorteil, ihm seine wahre Motivation offenzulegen. Für Eisler hatten das Scheitern der DDR und die feindliche Übernahme durch den westlichen »Bruderstaat« nicht nur eine ideologische Komponente. Der ganze Prozess hatte ihm seine Lebensaufgabe entzogen, und natürlich war das fraglos schmeichelhafte Angebot der CIA absolut inakzeptabel gewesen. Die Errungenschaften der Staatssicherheit der Republik ließen das Hoover’sche Archiv beim FBI lächerlich aussehen. Bis in alle Zeiten würde es niemals mehr ein so effektives System zur Kontrolle von Ideologie und Systemtreue geben, davon

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