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Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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war Thomas Eisler überzeugt. Wenn er jetzt helfen konnte, Europa und Deutschland eine weitere Lektion zu erteilen, würde ihm das nicht nur persönlich eine Genugtuung sein, sondern ihm zudem einen ewigen Platz in der Halle der Legenden sichern. Die ganze Straßenbahnfahrt lang dachte er darüber nach, und als er die Wohnung am Alexanderplatz aufschloss, sinnierte er immer noch über die weitreichenden Konsequenzen, die die Kehrseite ihrer Anschläge bedeuteten: die Toten, die auf Jahrzehnte verstrahlten Landstriche. Andererseits war Anatolis Ziel, die westlichen Demokratien zu einem überhasteten Ausstieg aus der Atomenergie zu bewegen, aus seiner Sicht nur der erste Dominostein in einer Kette höchst erfreulicher Ereignisse der nächsten Monate und die Opfer kalkulierbar, wenn auch nicht bis ins letzte Detail. Nach Eislers Einschätzung würde Europa in seinen Grundfesten erschüttert, die Finanzkrise würde sich für die Bürger harmlos anfühlen, wenn erst allen klar würde, dass es einen Terroranschlag mitten in Europa gegeben hat. Wie nach dem 11.September wäre die Folge erst Lähmung und danach die Lust auf Rache. Als Folge würden die Extremisten an Einfluss gewinnen, die Mitte der Gesellschaft würde kleiner werden. Thomas Eisler hielt sogar eine komplette Verschiebung der Machtverhältnisse für denkbar, und das würde eine Chance bedeuten. Zwar konnte niemand wirklich voraussagen, wo eine solche Entwicklung enden würde, aber jedes Chaos bedeutete für seinesgleichen einen Wettbewerbsvorteil.
    Als er mit einer Tasse Kaffee in seinem Arbeitszimmer saß, betrachtete er die Wände, die mittlerweile mit Fotos, Einsatzplänen und Balkendiagrammen übersät waren. Vier davon repräsentierten die Primärziele: vier Atomkraftwerke in vier europäischen Ländern, die Baupläne und Umgebungsdetails, daneben mit Reißzwecken angepinnt seine Teams. Die Frauen, die die Viren verbreiten würden und die aussahen wie gealterte Fotomodelle, neben den Elitesoldaten, die für den brutaleren Teil seiner Anschläge zuständig waren. Alles war vorbereitet. Jetzt war es wichtig, dass seine bestens ausgesuchten Einheiten ihre Aufgaben erfüllten. Er trank einen weiteren Schluck Kaffee aus der dünnen Porzellantasse und spielte mit dem Schließfachschlüssel, als ihn das Klingeln seines Mobiltelefons aus seinen Gedanken riss. Anatoli. Nur er kannte diese Nummer. Thomas Eisler seufzte. Wenn ihn der Russe nur endlich in Ruhe arbeiten ließe. Stattdessen fiel er ihm mit seinem Kontrollzwang auf die Nerven. Er würde ihm wieder erklären müssen, dass er mehr Geduld aufbringen sollte. Nur noch ein bis zwei Monate, dann würde der erste Störfall ausgelöst. Anatoli kam nicht damit zurecht, dass Eisler ihm kein konkretes Datum nennen konnte, aber das Leben war nun einmal keine Mathematik. Viel wichtiger als das genaue Datum des ersten Zwischenfalls war ohnehin die Frage, ob es dem Russen gelungen war, diesen Programmierer mundtot zu machen. Wenn Anatoli endlich seinen Teil des Jobs erledigte, konnten sie die Welt verändern. Aber trotzdem durfte er ihn nicht warten lassen. Natürlich nicht. Milde lächelnd setzte er die Tasse ab und griff zum Telefon. Doch am anderen Ende der Leitung hörte er nur ein Rauschen. Jemand atmete. »Anatoli?«, fragte Eisler. Dann legte er auf und war froh, das Telefonat nicht weiterführen zu müssen. Erst Tage später begann er, sich darüber Gedanken zu machen, warum er seinen Auftraggeber nicht mehr erreichen konnte.

KAPITEL 34
    Brüssel, Belgien
16. Januar 2013, 12.17 Uhr (am gleichen Tag)
    Das Centre de Conférence Albert Borschette in Brüssel bestand hauptsächlich aus Glas und Beton, beide Materialien hatten schon bessere Zeiten gesehen. Solveigh hetzte die Stufen zum Eingang hinunter, der wie eine Souterrainwohnung tiefer als die Straße lag und nicht besonders einladend wirkte. Allein eine fabrikneue EU-Flagge kämpfte gemeinsam mit auf dem Dach über dem Eingang gepflanztem Immergrün gegen die Tristesse. Das Albert Borschette wurde hauptsächlich für die weniger glamourösen Veranstaltungen der EU genutzt, Arbeitsatmosphäre statt Staatsglamour. In der Eingangshalle drängten sich die Teilnehmer der Notfallkonferenz der ENSREG, der European Nuclear Safety Regulator Group, die Will Thater über Europarat hatte anberaumen lassen. Das Gemurmel der Menge mit größtenteils, bei Franzosen und Italienern etwas weniger schlecht sitzenden Anzügen und Kostümen wirkte lauter als bei anderen

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