Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen‘?“ Sie stellte eine dampfende Tasse Kaffee auf den Tisch und bedeutete Joslyn, sich zu setzen. Dann schüttelte sie seufzend den Kopf, als wollte sie unliebsame Gedanken verscheuchen.
„Was waren deine ‚anderen Pläne‘?“, fragte Joslyn sanft, zog sich einen der großen Chromstühle heran und nahm Platz.
„Das Übliche.“ Kendra versuchte – wenig überzeugend –, fröhlich und unbekümmert zu klingen. Sie bereitete gerade eine Tasse Kaffee für sich selbst vor. „Ein Ehemann. Kinder. Eine tolle Karriere.“ Sie schwieg einen Augenblick. „Ich schätze, ein verwirklichter Plan von dreien ist gar nicht so übel.“
Joslyn wusste, dass ihre Freundin – sehr kurz – mit einem reichen, adeligen Engländer verheiratet gewesen war. Mehr Informationen hatte Kendra bis jetzt nicht preisgeben wollen. Sieund Joslyn standen sich zwar sehr nahe, doch sie hatten beide ihre Geheimnisse.
„Du bist jung, Kendra“, meinte Joslyn vorsichtig. „Du kannst immer noch einen Ehemann und/oder Kinder haben. Man hat heutzutage viele Möglichkeiten.“
Kendra trug ihre Tasse zum Tisch und setzte sich Joslyn gegenüber hin. Sie starrte auf ihren Kaffee, machte jedoch keine Anstalten zu trinken. „Vielleicht bin ich altmodisch“, sagte sie sehr leise, „aber wenn ich einmal Kinder habe, möchte ich mit ihrem Vater verheiratet sein. Aber um zu heiraten, müsste ich an die Liebe glauben.“
„Du glaubst nicht an die Liebe?“ Joslyn spürte, wie sie plötzlich traurig wurde. Kendra war früher immer eine Romantikerin gewesen. Trotz ihres herausragenden Notendurchschnitts von 4.0 an der Highschool hatten die anderen Schüler der Abschlussklasse Kendra zur Gewinnerin in der Kategorie „märchenhafteste Ehe“ auserkoren.
„Nicht mehr“, antwortete Kendra.
„Hat das etwas mit Hutch Carmody zu tun?“, erkundigte sich Joslyn behutsam. Ihr fiel wieder ein, wie merkwürdig angespannt die Stimmung gestern gewesen war, als Hutch Jasper holen wollte.
Kendra errötete. „Nein“, antwortete sie sehr schnell und sehr bestimmt.
Joslyn zuckte ein wenig zusammen. „Entschuldige. Offenbar trete ich mit allem, was ich sage, ins Fettnäpfchen.“
Kendra lächelte. Ihr Blick blieb jedoch ernst. „Ich wollte dich nicht anfauchen“, entschuldigte sie sich. „Aber gleiches Recht für alle, Joss. Warum sollte ich dir meine größten Geheimnisse anvertrauen, wenn du doch ganz offensichtlich viel vor mir verbirgst? Wir sind doch eigentlich beste Freundinnen, oder? Und beste Freundinnen vertrauen sich alles an.“
„Stimmt“, gab Joslyn zu. „Was willst du wissen?“
„Für den Anfang wüsste ich gern, warum du zurück nach Parable gekommen bist. Ob es dir nun gefällt oder nicht – ich weiß, dass du in irgendeiner Form hinter diesen dicken Scheckssteckst. Diesem Geldregen, der seit ein paar Monaten auf die Stadt niederprasselt. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum du so ein Geheimnis daraus machst beziehungsweise was dich veranlasst, überhaupt . so etwas zu tun. Du bist, wie ich dir bereits gesagt habe, nicht verantwortlich für das, was Elliott Rossiter damals getan hat.“
„Na gut“, sagte Joslyn, nachdem der Kloß in ihrem Hals wieder so weit verschwunden war, dass sie sprechen konnte. „Ja, ich habe meine Softwarefirma für eine Riesensumme verkauft und eine Anwaltskanzlei in Denver beauftragt, jede Person ausfindig zu machen, die von meinem Stiefvater betrogen wurde. Dann habe ich veranlasst, dass den Leuten ihr Geld zurückerstattet wird.“
„Und warum lässt du dir das so aus der Nase ziehen?“, fragte Kendra leise und zog dabei ihre perfekt gezogenen Augenbrauen erstaunt hoch.
Joslyn ließ sich mit ihrer Antwort Zeit. Sie musste erst in sich gehen, damit sie einen Haufen verwirrter Gefühle in Worte fassen konnte. „Keine Ahnung“, sagte sie nach einer Weile. „Nicht genau zumindest. Parable war immer … nun ja, es war mein Zuhause , und es hat mich all die Jahre immer hierher zurückgezogen. Ich stimme dir zu, dass das, was Elliott getan hat, nicht meine Schuld war. Aber es hätte nie passieren dürfen – schließlich wurden viele anständige Leute fast in den Ruin getrieben. Und da ich die finanziellen Mittel hatte, es wiedergutzumachen, habe ich es eben getan.“
„Aber warum machst du so ein Geheimnis daraus?“
„Weil ich um meiner selbst willen in Parable akzeptiert werden möchte. Nicht, weil ich mir Respekt erkaufen
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