Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
dermaßen verblüfft, als hätte sie gerade erfahren, dass Kendra sich in ein Paralleluniversum gebeamt hatte. „Was macht sie denn dort ?“
„Lange Geschichte“, antwortete Joslyn. „Es dauert Stunden, bis ich dir alles erzählt habe.“ Sie lächelte und startete den Wagen. „Lass uns nach Hause fahren.“
Sobald alle Möbel geliefert waren und das Ranchhaus endlich so aussah, als würden Menschen und nicht nur Geister hier leben, verkündete Layne, dass sie am nächsten Tag nach L.A. zurückfliegen würde. Sie vermisste Bentley und wollte ihr kleines „Home Staging“-Unternehmen nicht allzu lange allein lassen.
Slade fiel auf, dass seine Exfrau ihre Tochter genau beobachtete, während sie in der mit Kartons vollgestopften Küche mit ihr darüber redete. Wahrscheinlich wollte sie abschätzen, wie das Mädchen darauf reagierte, allein hierzubleiben.
Shea, die ihr dunkles Haar mit einer großen Spange zusammengesteckt hatte, sodass es ihr wie die fächerartig ausgebreiteten Schwanzfedern eines Hahns über die Schultern fiel, grinste ihre Mutter an. Sie trug Jeans und ein rosa Top, und hatte vom vielen fleißigen Arbeiten einen Schmutzfleck auf der rechten Wange.
„Soll ich mich jetzt auf den Boden werfen, beide Arme um deine Beine schlingen und dich anflehen zu bleiben, liebste Mommy?“, fragte sie keck.
Slade, der gerade von der Arbeit nach Hause gekommen war, lächelte in seinen Kaffeebecher hinein, den Shea ihm sofort in die Hand gedrückt hatte, als er durch die Hintertür gekommen war. Sie hatte ihn fast so begeistert begrüßt wie Jasper.
„Kleiner Klugscheißer“, sagte Layne gutmütig und stemmte die Hände in die Hüften. Sie war, wie Shea, für die Hausarbeit angezogen. Nicht unbedingt eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, falls Slade sich richtig erinnerte.
Shea lachte, legte einen Arm um Slade und schmiegte ihren Kopf kurz an seine Schulter. „Dad wird schon auf mich aufpassen. Stimmt’s Dad?“
„Darauf kannst du wetten“, brummte er gerührt. Dann straffte er die Schultern. „Das heißt natürlich nicht, dass es keine Regeln gibt. Die gibt es nämlich sehr wohl.“
Shea runzelte die Stirn, kräuselte ihr Stupsnäschen und kniff die Augen ein wenig zusammen. „Welche Regeln denn?“
„Das Übliche“, antwortete Slade, nachdem er und Layne einen Blick gewechselt hatten.
„Zum Beispiel?“ Shea sah ihn gespannt an. Sie hatte ihn losgelassen und war einen Schritt zurückgetreten.
„Du kletterst nicht auf den Wasserturm“, begann Slade und stellte seinen Kaffeebecher ab, um die Regeln an seinen Fingern aufzuzählen. „Du lädst keine Freunde hierher ein, wenn ich nicht zu Hause bin. Kein stundenlanges Fernsehen, Internetsurfen und Simsen.“
Wieder runzelte Shea die Stirn. „Ich hatte nicht vor, auf den Wasserturm zu klettern. Ich bin ja nicht blöd.“
Layne stand mit verschränkten Armen da und hörte sich den Wortwechsel amüsiert an.
Slade fiel auf, dass seine Stieftochter zu den restlichen Regeln nichts gesagt hatte. „Es gibt noch mehr“, erklärte er. „Du musst Ordnung halten. Das heißt, das Badezimmer darf nach dir nicht so aussehen, als hätte ein Orkan darin gewütet. Und wenn du dein Smartphone weiterhin benutzen willst, brauchst du einen Job, damit du die Gebühren zahlen kannst.“
Shea blinzelte verdutzt. „Wo soll ich denn einen Job herkriegen?“
„Mom braucht immer jemanden, der den Laden fegt und sich um die Terminanfragen kümmert“, sagte er. „Du könntest sie ja mal fragen.“
Shea starrte ihn fassungslos an. „Du meinst, ich soll die Haare anderer Leute vom Boden fegen?“
„So ungefähr, ja.“
„Aber Mom gibt mir doch Taschengeld.“
Slade sah lächelnd zu Layne. „Wofür?“
Shea wirkte ehrlich verwirrt. „Dafür, dass ich ihr Kind bin“, murmelte sie.
„Das nenne ich mal leicht verdientes Geld.“ Slade schmunzelte.
„Ich denke, ich werde jetzt besser in unser Hotel zurückfahren und packen“, schaltete Layne sich fröhlich ein und zwinkerte Slade zu. „Soll ich Shea morgen auf dem Weg zum Flughafen bei dir im Büro absetzen?“
Statt zu antworten, blickte Slade seine Stieftochter an.
Jetzt, da sie wusste, dass sie nicht tun und lassen konnte, was sie wollte, war es gut möglich, dass sie es sich anders überlegte und nicht in Parable bleiben wollte.
Doch das Kind setzte ein strahlendes Lächeln auf, bei dem ihre männlichen Freunde vermutlich reihenweise aus den Socken kippten.
„Ich könnte ja einfach hier
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