Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
Gesichtszüge spannten sich ein wenig an. Dann schien er sich bewusst zu entspannen. Er murmelte irgendetwas vor sich hin und ließ die Schultern sinken.
Joslyn legte ihre Hand auf seinen Oberarm. Sie hatte das Bedürfnis, ihn zu trösten. Aber vielleicht hatte sie schon mehr gesagt, als gut war. Also hielt sie sich zurück.
„Was ist, wenn sie nicht mehr zurückkommt?“ Hutch klang regelrecht verzweifelt.
Joslyn merkte sofort, dass er seine Offenheit bereits bereute. Also tat sie so, als hätte sie seine Frage nicht gehört.
Hutch, der nun offenbar nichts mehr zu sagen hatte, drehte sich um, ging zu der immer noch offenen Tür seines Pick-ups, stieg ein und ließ den Motor unsanft an.
Dann hob er kurz die Hand zum Abschied und fuhr davon.
Joslyn blieb in der Einfahrt stehen, nagte auf ihrer Unterlippe und dachte über Hutchs Worte nach, während die Staubwolke hinter seinem Wagen sich langsam wieder auflöste.
Es war offensichtlich, dass ihm immer noch etwas an Kendra lag, obwohl er es – stolz und dickköpfig wie er nun mal war – wahrscheinlich nie zugeben würde. Und Kendra, die eindeutig immer noch in ihn verliebt war, würde es wahrscheinlich ebenso wenig zugeben.
Wie schade. Aus manchen Leuten wurde man einfach nicht schlau.
Die Ironie ihrer Überlegung würde ihr erst später bewusst werden. Viel später.
Um Viertel vor vier an diesem Nachmittag hielt der Bus mit spuckendem Dieselauspuff direkt vor der Tankstelle an der Hauptstraße.
Joslyn wartete im Schatten neben der Eingangstür. Sie strahlte über das ganze Gesicht, weil sie sich schon so sehr auf Opal freute.
Zwei junge Mädchen und ein älterer Mann stiegen aus, bevor Opal – groß, grauhaarig und mit ihrer großen Lederhandtasche, die sie an sich presste – aus dem Bus kam. Sie hatte eine Nickelbrille und einen Hut mit einem kleinen Schleier auf, den sie vermutlich auch trug, wenn sie sonntags in die Kirche ging. Ihre Schuhe glänzten frisch geputzt. Ihr adrettes Baumwollkleid mit violetten, orangefarbenen und türkisen Blümchen war trotz der langen Fahrt überhaupt nicht zerknittert.
Joslyn zögerte kurz. Dann lief sie zu Opal hinüber, und die beiden fielen sich in die Arme. Sie lachten und weinten gleichzeitig vor Freude.
Der Fahrer wurde langsam ungeduldig. Er wartete darauf, dass Opal ihm erklärte, welcher Koffer im Gepäckfach des staubigen Busses ihr gehörte.
Opal drehte sich zu ihm um. „Ach, immer mit der Ruhe, junger Mann“, sagte sie in dem für sie typischen freundlichen, aber bestimmten Ton.
Der „junge Mann“, der vermutlich auf die Fünfzig zuging und in seiner zu engen Uniform stark schwitzte, wirkte zerknirscht wie ein kleiner Schuljunge.
„Lass dich mal anschauen.“ Opal legte ihre kräftigen Hände auf Joslyns Schultern und musterte sie mit mütterlichem Blick. „Du bist zu dünn. Ich werde dich ein bisschen aufpäppeln müssen.“
Joslyn lachte und wischte sich mit einem Handrücken über die rechte Wange. „Es ist so schön, dich zu sehen, Opal.“
Opal erbarmte sich nun des Busfahrers und erklärte ihm, dass der braune Koffer, der im Gepäckfach ganz vorne zwischen den beiden mit Klebeband geflickten Kühlern des Motors eingequetscht war, ihrer war.
Der Fahrer hob den Koffer heraus. Joslyn nahm ihn ihm ab, schleppte ihn zu ihrem Auto und lud ihn in den Kofferraum.
Opal blickte sich um. „Diese Stadt hat sich kein bisschen verändert, seit wir damals von hier fort sind, deine Mama, du und ich“, stellte sie trocken fest. „Hier sagen sich noch immer Fuchs und Hase gute Nacht.“ Sie sah Joslyn mit ihren braunen Augen an. „Würdest du mir jetzt endlich verraten, was zum Teufel du dir dabei gedacht hast, hierher zurückzukommen?“
„Später“, versprach Joslyn. „Lass uns zuerst nach Hause, damit du in Ruhe auspacken kannst.“
„Da ist nicht viel auszupacken.“ Opal machte die Beifahrertür von Joslyns Wagen auf und stieg ein. „Ich habe nur ein paar Dinge mit, weil ich dir nicht länger als ein paar Tage Umstände bereiten will.“
„Du kannst so lange bleiben, wie du möchtest“, erwiderte Joslyn. „Kendra hat mich gebeten, dir das auszurichten.“
„Wo ist sie eigentlich?“ Opal schaute sich suchend um. „Arbeitet sie gerade?“
Joslyn hatte sich inzwischen ans Steuer gesetzt. Jetzt nahm sie sich einen Moment Zeit, um Opal richtig anzusehen. Es war zu schön, dass sie hier war. „Kendra ist in England“, antwortete sie schließlich.
„England?“, wiederholte Opal
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