Big U
Studenten gegenüber in diesem Semester nicht nachkommen. Uns bleibt nichts anders übrig, als die Universität zu räumen, neues Lehrpersonal einzustellen und von vorn anzufangen. Es gibt da draußen weiß Gott genug begabte Akademiker, die einen Job suchen. Aus diesem Grund bitten wir die Bewohner des Plex, das Gebäude so schnell wie möglich zu räumen.«
Die Studenten konnten das, da sie sich selbst für über die Maßen schlau hielten, als faustdicke Lüge und politischen Winkelzug ansehen. Als eine Minderheit diese Meinung zum Ausdruck gebracht hatte, war es der Mehrheit unmöglich, zu widersprechen, denn hätte man S. S. Krupp Glauben geschenkt, hätte man sich damit selbst zum Trottel gemacht. Aus dem Grund bereiteten nur wenige Studenten ihre Abreise vor; diejenigen, die es doch machten, lebten gefährlich.
Die Terroristen hatten entschieden, daß man die höchst ungewöhnliche Aufforderung, den Plex zu verlassen, keinesfalls so hinnehmen konnte, und das Big Wheel bestärkte sie in dieser Überzeugung. So kam es, daß die U-Hauls und Jartrans, die auf dem Parkplatz standen, zuerst Dellen, dann Krater und dann Löcher bekamen, wenn Golfbälle, Stühle, Ziegelsteine, Gewichte und Bündel brennender Zeitungen mit tödlicher Geschwindigkeit aus dem nebligen Morgenhimmel herabschossen und auf den glänzenden Autodächern landeten. Nur wenige Autovermietungen hatten überhaupt Autos an Studenten vermietet; diejenigen, die Ausnahmen machten, änderten ihre Firmenpolitik schlagartig und wurden mürrisch und gnadenlos, wenn verzweifelte Erstsemester vor ihren Tresen auf und ab gingen und mit Bündeln von Bargeld oder elterlichen Kreditkarten winkten.
Der Plexodus, wie es in den lokalen Medien hieß, wurde zu einer kümmerlichen Flucht einzelner Individuen, bei der die Studenten mit allem, was sie tragen konnten, aus dem Schutz des Haupteingangs sprinteten und auf die Rücksitze von Autos hechteten, die mit laufendem Motor am Rand der Zufahrt warteten; diese Autos fuhren dann so schnell es ihre jämmerlichen vier Zylinder zuließen los, bevor die Wurfgeschosse, die von den Türmen herabgeworfen wurden, ihr Ziel finden konnten.
Ich kannte Krupp gut genug und wußte, daß es dem Mann mit seinen Worten ernst war. Außerdem hatte ich genug von dem Plex gesehen und wußte, daß es keine Erlösung für ihn gab – kein Anfall von Vernunft in letzter Minute würde diesen Patienten vor seiner Überdosis LSD und Morphium retten.
Lucy stimmte mit mir überein. Man wird sich vage an sie als Hyacinths Zimmergenossin erinnern. Lucy und ich kamen ganz gut zurecht, besonders im Lauf des März. Schock und Chaos, die alle anderen völlig unvorbereitet trafen, hatten wir erwartet; wir waren beide überrascht, daß unsere Freunde es nicht vorhergesehen hatten. Natürlich unterschieden sich unsere Perspektiven von ihren; unser beider Großeltern waren Sklaven gewesen, daher war uns der akademische Hintergrund fremd. Durch jahrzehntelange Arbeit hatten unsere Familien uns an die Universität gebracht, weil man es nur dort zu etwas brachte; als wir endlich eintrafen, konnten wir nur noch die Resultate jahrzehntelanger Trockenfäule miterleben. Kein Wunder, daß sich die Lage für uns ein wenig anders darstellte.
Lucy und ich unternahmen ausgiebige Wanderungen durch den Plex um den fortschreitenden Verfall zu begutachten. Zu dem Zeitpunkt waren die Terroristen ihren potentiellen Opfern zahlenmäßig schon überlegen. Der Glaube, daß der Streik eine Lösung finden würde, hielt sie noch eine Weile zurück, doch dann herrschte das Gefühl vor, daß die Big U tot war und es kamen Gerüchte auf, daß sie abgerissen werden sollte. Logischerweise bestand kein Grund, Zurückhaltung zu üben, wenn ohnehin der Abriß drohte, daher mußten die Terroristen sich nur um das Wachpersonal der Verwaltung kümmern.
Der Seritech Super Big-Window 1500 in der Wäscherei verschwand kurz darauf, da er von seinen Jüngern weggekarrt wurde. Leider funktionierte die Maschine in ihrem Flügel nicht, da es dort keine 240-Volt-Steckdosen gab. Mit Hilfe simpler Anleitungen durch ihre Stimme rissen sie die Rückseite ab und richteten es so ein, daß man die Waschmaschine von Hand drehen konnte, wenn sie wissen mußten, was sie zum Essen machen oder sich im Fernsehen anschauen sollten.
In den letzten Märztagen fiel es schwer, irgend etwas zu durchschauen. Man munkelte, daß die Gewerkschaft zerbrach, daß die Professoren die unnachgiebigen Kroatobaltoslowenen
Weitere Kostenlose Bücher