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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verbissen lächelnden Gesichter, die sich alle ihr zugewandt hatten.
    »Ich fahre auf die Wirklichkeit ab«, sagte sie. Das löste entzücktes Gelächter aus, besonders von Hyacinth, die kreischte wie ein gestochenes Schwein.
    Danach kam das Treffen so richtig in Schwung. Hyacinth lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und legte den Kopf in den Nacken, bis sie mit offenem Mund zur Decke starrte. Im weiteren Lauf der Versammlung kämmte sie sich die Haare, biß ihre Fingernägel ab, spielte mit losen Fäden ihres Bademantels, machte ihre Zehen sauber und so weiter. Und das Komische war, Sarah fand das alles wesentlich interessanter als das Treffen selbst. Sarah sah interessiert drein, bis ihre Gesichtsmuskeln müde wurden. Sie hatte schon hinreichend oft vor Versammlungen gesprochen und wußte, daß Mitzi sie alle sehen konnte, daher wäre es unhöflich gewesen, so offensichtlich Langeweile zu zeigen. Aber manchmal muß Höflichkeit der Vernunft weichen, und ehe sie sich versah, versuchte sie, die Troddeln an den Enden ihrer Ärmel gleichzeitig in entgegengesetzte Richtungen zu schwingen. Hyacinth beobachtete sie aufmerksam und klopfte ihr auf den Rücken, als sie es geschafft hatte.
    Im wesentlichen ging es um nichts anderes, als Termine für Partys und andere Ereignisse in einen großen Kalender gesellschaftlicher Ereignisse einzutragen. Sarah wollte gern verkünden, daß sie gern allein oder mit einigen wenigen Freunden etwas unternahm, sah aber keine diplomatische Möglichkeit, das zu sagen. Während der Diskussion über das Thema für die Abschlußparty, den gesellschaftlichen Höhepunkt des Semesters, Fantasy-Island-Nacht, wurde sie wieder wach.
    »Ich frage mich, wie sie die von allen anderen Nächten unterscheiden möchten«, brummelte Hyacinth. Die Kommilitoninnen in der unmittelbaren Umgebung drehten sich lächelnd um und verstanden offensichtlich nicht, gingen aber davon aus, was immer Hyacinth sagte, müsse irgendwie komisch sein.
    Eine weitere Phase des gesellschaftlichen Meisterplans sah so aus, daß mit dem Stockwerk über ihnen, dessen Bewohner als »die wilden und irren Vögel« bekannt waren, eine offizielle Schwestern/Brüder-Beziehung angeknüpft werden sollte. Das wiederum führte zu dem Vorschlag, ihrem Stock ebenfalls einen Namen zu geben. Schließlich, wenn E13S einen Namen hatte, sollte dann nicht E12S auch einen haben? Mari Meegan, der Darling des Stockwerks, machte diesen Vorschlag, woraufhin überall ringsum beflügelte »Yeahls« ertönten.
    Mittlerweile war Sarah ziemlich sauer, sagte aber nichts. Wenn sie einen Namen haben wollten, na gut. Dann wurden erste Vorschläge geäußert: Love Boat, zum Beispiel.
    »Wir könnten in unserer Halle ein Bild des Love Boat malen, wie es am Anfang jeder Folge aussieht, und wir könnten, ihr wißt schon, mit diesem Thema alles Mögliche machen, Partys und so. Und in der FantasyIsland-Nacht könnten wir so tun, als ob das Love Boat Fantasy Island besucht!«
    Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, worauf die Versammlung sich in kleine Diskussionsgruppen auflöste, wie man das Thema auf die verschiedenen Phasen der Existenz anwenden könnte. Schließlich jedoch ergriff Sarah das Wort, und alle hörten lächelnd zu. »Ich bin nicht sicher, ob mir das gefällt. Es hängen schon jede Menge fragwürdige Typen auf der Etage rum, weil hier nur Frauen wohnen. Wenn wir sie Love Boat nennen, dann werden alle denken, daß wir ’ne Art Massagesalon betreiben, und wir haben keine ruhige Minute mehr.«
    Mehrere Sekunden Stille. Einige nickten, einige »Yeah«s waren zu hören, und damit war Love Boat gestorben. Weitere Namen wurden vorgeschlagen, die meisten augenfällig dämlich, und dann hob Mari Meegan die Hand. Alle verstummten, während ihre Fingernägel wie eine Salve rotglühender Flakgeschosse über der Menge zuckten. »Ich hab’s«, sagte sie.
    Es herrschte vollkommene Stille, abgesehen vom Geräusch von Hyacinths Kamm, der durch ihre Haare glitt. Mari fuhr fort: »Wir können uns ›Luftschloß‹ nennen.«
    Oohs und Aahs ertönten im gesamten Gemeinschaftsraum.
    »Das gefällt mir.«
    »Du bist so kreativ, Mari.«
    »Wir könnten das ganze Mittelalter-Thema abhandeln, wißt ihr, Schlösser und Burgen und Ritter in glänzenden Rüstungen.«
    »Das ist nett! Echt nett!«
    »Moment mal.« Das kam von Hyacinth.
    Nun waren einige der Frauen eindeutig genervt und sahen zur Decke, aber noch wahrten die meisten gespielte Toleranz.
    Hyacinth fuhr

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